Umsatzsteuer: Rückwirkung bei der Rechnungs­berich­tigung vom EuGH und BFH sowie nun auch durch die Finanz­verwaltung bestätigt

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zuletzt aktualisiert am 15. Februar 2021 | Lesedauer ca. 4 Minuten

 

Der Europäische Gerichts­hof (EuGH) hat 2016 mit zwei veröffent­lichten Urteilen zu einer deutschen und einer portugiesischen Vorlage (Rs. C-518/14 – Senatex; Rs. C-516/14, Barlis 06) zu der seit etlichen Jahren heiß diskutierten Frage der „Rück­wirkung von Rechnungs­berichtigungen auf den Vorsteuerabzug” Stellung genommen.

 

Kurz gelesen

Die Recht­sprechung bestätigte der EuGH auch in zwei Entscheidungen aus dem Jahr 2018 (Rs. C-533/16 – Volkswagen; Rs. C-8/17, Biosafe). In seiner Nachfolgeentscheidung zu Senatex (Urteil vom 20. Oktober 2016, V R 26/15 sowie auch V R 64/14 und V R 54/14) – veröffentlicht am 21. Dezember 2016 – hat der BFH nun den EuGH klar bestätigt und präzisiert:

  • Berichtigt der Unternehmer eine Rechnung nach § 31 Abs. 5 UStDV, wirkt dies auf den Zeitpunkt zurück, in dem die Rechnung erstmals ausgestellt wurde. Damit ist der Vorsteuerabzug aus der ursprünglichen Rechnung möglich, sodass eine Zinsfestsetzung nach § 233a AO entfällt, wenn dem Leistungsempfänger eine berichtigte Rechnung zu einem späteren Zeitpunkt vorliegt.
  • Eine berichtigungsfähige Rechnung liegt jedenfalls dann vor, wenn sie Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer enthält. 
  • Eine Rechnung kann bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem FG berichtigt werden.

Nach langer und vielzähliger Rechtsprechungshistorie erlaubt nunmehr auch die deutsche Finanzverwaltung eine Rechnungsberichtigung, der in Bezug auf den Vorsteuerabzug beim leistungsempfangenden Unternehmer Rückwirkung zukommt.

  

Der BFH hat damit seine Rechtsprechung geändert.

 

 

Hintergrund und wirtschaftliche Brisanz

Nach Auffassung der Finanzverwaltung muss eine Rechnung bei bestehender Rechnungserteilungspflicht alle Pflichtangaben, v.a. des § 14 Abs. 4 UStG, enthalten, damit sie zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Die Gesamtheit aller Dokumente, die die nach § 14 Abs. 4 und § 14a UStG geforderten Angaben insgesamt enthalten, bildet die Rechnung. In einem Dokument fehlende Angaben müssen in anderen Dokumenten enthalten sein. In einem der Dokumente müssen mind. das Entgelt und der Steuerbetrag angegeben werden. Außerdem sind in dem Dokument alle anderen Dokumente zu bezeichnen, aus denen sich die nach § 14 Abs. 4 und § 14a UStG erforderlichen Angaben insgesamt ergeben (§ 31 Abs. 1 UStDV). Durch den Gesetzeswortlaut in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG muss der Unternehmer zur Geltendmachung des Vorsteuerabzugs im Besitz einer (ordnungs­gemäßen) Rechnung im Sinne der §§ 14, 14a UStG sein. Das Vorliegen einer Rechnung an sich sieht der BFH weiterhin als materielle Voraussetzung für den Vorsteuerabzug.

An die Ordnungsmäßigkeit der Rechnung sind hohe formelle Anforderungen gestellt. Werden nicht ordnungs­gemäße, also formell mangelhafte Rechnungen später in einer Außenprüfung oder Umsatzsteuer-Sonder­prüfung entdeckt, muss der steuerpflichtige Unternehmer – bisher – die bis dahin zu Unrecht geltend gemachten Vorsteuern zurückzahlen, was entsprechend bisher verbe­schieden wurde. Außerdem war neben der rückzu­zahlenden Vorsteuer der Rückzahlungs­betrag bislang mit sechs Prozent pro Jahr (nach einer Schonfrist von 15 Monaten) gemäß § 233a AO, ggf. sogar nach § 235 AO (ohne Schonfrist) zu verzinsen; entsprechende Zinsbescheide ergingen gleichzeitig zum Steuerbescheid.


Klarheit durch die jüngere Rechtsprechung des EuGH

Der EuGH lässt in seinen Urteilen vom 15. September 2016 (Rs. C-518/14 – Senatex; Rs. C-516/14, Barlis 06) eine Rückwirkung einer Rechnungsberichtigung zu, d.h. Originalrechnungen können zu einem späteren Zeitpunkt berichtigt werden. Denn der Vorsteuerabzug sei nicht einzuschränken, wenn die grundsätzlichen materiellen Voraussetzungen vorliegen, selbst wenn der Steuerpflichtige bestimmten formellen Voraus­setzungen, hier die in Art. 226 MwStSystRL (im nationalen Recht umgesetzte Rechnungsangaben nach §§ 14, 14a UStG) nicht genügt hat. Materiell-rechtlich einzig maßgeblich für die Ausübung des Rechts auf Vorsteuer­abzug seien die Unternehmereigenschaft des Leistungsempfängers und sein unternehmerischer Bezug der zum Vorsteuerabzug berechtigenden Leistung. Hinsichtlich der formellen Anforderungen ist ausreichend, dass der Unternehmer überhaupt im Besitz einer Rechnung ist, was insofern ebenso vom BFH nun als materielle Voraussetzung noch bestätigt wurde.

 

Ein Vorsteuerabzug, der im Zeitpunkt der vorliegenden (nicht ordnungsgemäßen) Rechnung geltend gemacht wurde, kann weiterhin zu diesem Zeitpunkt ausgeübt werden und nicht erst zu dem Zeitpunkt, zu dem die berichtigte (ordnungsgemäße) Rechnung vorliegt. Damit käme es nicht zu einer erforderlichen Rückzahlung der Vorsteuern und deren Verzinsung für einen Zeitraum bis zu einer etwaigen Rechnungsberichtigung. Regelungen zu Nachzahlungszinsen, wie der im deutschen Verfahrensrecht vorgesehene § 233a AO, widersprechen dem Neutralitätsprinzip der Umsatzsteuer, da sie die wirtschaftliche Tätigkeit von Unternehmern mit einer steuer­lichen Belastung (in unverhältnismäßiger Höhe) belegen. Zwar sind die EU-Mitgliedstaaten befugt, Sanktionen für den Fall der Nichterfüllung formeller Bedingungen für die Ausübung des Vorsteuerabzugsrechts vorzusehen. Diese Sanktion darf jedoch nicht in jedem Fall eintreten, ohne Berücksichtigung der Umstände, und darf nicht – wie dies der EuGH für § 233a AO eindeutig feststellte – unverhältnismäßig sein.

 

Zudem soll eine rückwirkende Rechnungsberichtigung, ohne dass derartige und derzeit vorgesehene Nachzahlungszinsen anfallen, in zeitlicher (verfahrensrechtlicher) Hinsicht jedenfalls in der laufenden Außen­prüfung möglich sein. In der portugiesischen Entscheidung implizierte der EuGH jedoch eine Zeitspanne zur Rechnungsberichtigung „bis zur letzten mündlichen Verhandlung in einem FG-Verfahren”. Das wäre de facto jedenfalls ein Zeitraum bis nach der Außenprüfung und auch nach Erlass eines diesbezüglichen Steuer­bescheids.


BFH folgt dem EuGH und ändert seine Rechtsprechung

Im Anschluss an die Urteile des EuGH wurde allseits, von Finanzverwaltung und Literatur noch heißer diskutiert, was die Urteile bedeuten und was letztlich auch die Konsequenzen, v.a. in der AO und/oder des UStG sein werden. Daher ist die Folgeentscheidung des BFH vom 20. Oktober 2016 (V R 26/15) aus Sicht der Leistungs­empfänger zu begrüßen, die zahlreiche offene Fragen beantwortet, weitere aber aufwirft:

 

Was ist überhaupt eine „Rechnung”?

Nach Ansicht des BFH ist ein Dokument dann eine Rechnung und damit berichtigungsfähig, wenn sie Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer enthält. Die Leistungsbeschreibung kann bspw. aber bei ungenauer Angabe berichtigungsfähig sein. Fraglich wird künftig die Abgrenzung von Fehlern und deren Umfang in der Rechnung sein.

 

Kann eine „Rechnung” grundsätzlich rückwirkend berichtigt werden?

Eine Berichtigung einer Rechnung wirkt nach unionsrechtlicher Auslegung der § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG i.V.m. § 31 Abs. 5 UStDV auf den Zeitpunkt zurück, in dem die Rechnung ursprünglich ausgestellt wurde (Änderung der BFH-Rechtsprechung). Eine Stornierung zu einem späteren Zeitpunkt in den Fällen formeller Mängel ist daher nach wie vor kritisch bzw. nicht zu empfehlen.

 

Müssen bestimmte Mindestanforderungen auf dem „Erstdokument Rechnung” enthalten sein, um eine berichtigungsfähige Rechnung zu erhalten?

Der EuGH äußert sich nicht zu der Frage, welche Mindestanforderungen erfüllt sein müssen, um eine Rechnung mit Rückwirkung ergänzen zu können. Der BFH stellt klar, dass eine berichtigungsfähige Rechnung jedenfalls dann vorliegt, wenn sie Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbe­schrei­bung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer enthält. Dafür reicht es aus, dass die Rechnung diesbezügliche Angaben enthält und die Angaben nicht in so hohem Maße unbestimmt, unvoll­ständig oder offensichtlich unzutreffend sind, dass sie fehlenden Angaben gleichstehen. Eine solche Abgrenzung wird in der Praxis wohl künftig zu dokumentieren sein.

 

Bis wann können Rechnungen mit Rückwirkung berichtigt werden?

Da § 31 Abs. 5 UStDV für die Berichtigung einer Rechnung keine zeitliche Grenze vorsieht, ist laut BFH eine Berichtigung bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem FG möglich, also nicht bereits etwa bis zur Schlussbesprechung in der Betriebsprüfung oder formellen Bestands­kraft eines Steuerbescheids.

 

Was wird künftig aus unseren Nachzahlungszinsen nach § 233a AO beim Vorsteuerabzug bzw. im Bereich der Umsatzsteuer?

Nach dem EuGH-Urteil Senatex steht das Unionsrecht einer nationalen Regelung entgegen, nach der im Fall einer Rechnungsberichtigung Nachzahlungszinsen entstehen. Da der Vorsteuerabzug vom BFH gewährt wurde, wird der Steuerbescheid geändert und damit ist bereits der Zinsbescheid hinfällig. Damit stellte sich für den BFH nicht die Frage, ob eine Rechnungsberichtigung ein rück­wirkendes Ereignis i.S. von § 233a Abs. 2a, Abs. 7 AO i.V.m. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ist.


Fraglich ist nach wie vor, ob nun – etwa wie in anderen EU-Ländern – die Finanzverwaltung „andere Sanktionen” gegenüber dem Leistenden und Rechnungsaussteller vorsehen wird und bei jeder Rechnungs­berichtigung eine mit Bußgeld belegte Ordnungswidrigkeit vorsieht. Hier gilt weiterhin und verstärkt – auch in Bezug auf VAT Compliance Management und Kontroll- und Risiko­management­systeme – eine sorgfältige Rechnungsausstellung und Rechnungseingangsprüfung vorzunehmen.


Praktische Hinweise

Mit ihren Urteilen haben der EuGH und BFH sehr deutlich gemacht, dass Rechnungskorrekturen Rückwirkung zukommen kann. Wichtig (wenn auch umsatzsteuerlich diskutierbar) ist, dass man überhaupt im Besitz einer Rechnung ist, die sich mit entsprechender Referenzierung jedoch verschiedenster Dokumente bedienen/be­helfen kann. Wichtig ist auch, im Sinne der Sorgfalts­pflichten eines ordentlichen Kaufmanns und eines Risikomanagementsystems/VAT Compliance Systems (losgelöst von Fällen der Abwehrberatung) eine Rechnungs­­eingangsprüfung sowie künftig verstärkt die Formalien bei Rechnungsausstellung vorzusehen, d.h. die Rechnungen auf die formellen umsatzsteuerlichen Anforderungen hin zu prüfen.

 

Nach wie vor ist daher Unternehmern dringend empfohlen, in der Vergangenheit erfolgte Vorsteuerkorrekturen aufgrund formeller Mängel in der Belegführung zu überprüfen und Erstattungs­anträge zur Rückforderung zu viel gezahlter Zinsen in Erwägung zu ziehen sowie nach wie vor abweichende Veranlagungen diesbezüglich offen zu halten bzw. nun unter Verweis auf die Rechtsprechung abzuschließen


Weitere Hinweise zur Leistungsbeschreibung, zum Leistungszeitpunkt sowie Sonstiges

Zudem ist auf eine hinreichend detaillierte Leistungsbeschreibung auf der Rechnung zu achten sowie auf die Angabe des konkreten Leistungszeitpunkts bzw. eines Leistungszeitraums z.B. im Bereich der sonstigen Leistungen. Die Leistung „Erbringung juristischer Dienstleistungen bis zum heutigen Tag war dem EuGH nicht hinreichend detailliert beschrieben, so dass aus seiner Sicht eine Rechnungs­berichtigung dahingehend zu erfolgen hatte. Zugleich war damit keine Angabe zum Beginn des fraglichen Leistungszeitraums enthalten (also z.B. „von … bis…”), wie das nach UStAE von der deut­schen Finanzverwaltung gefordert wird; ohne Angabe zum Beginn wird keine Bestimmung des Zeitraums ermöglicht, auf den sich die fraglichen Abrechnungen beziehen.

 

Mit Urteilen vom 13. Juni 2018 (XI R 20/14) und 21. Juni 2018 (V R 25/15, V R 28/16) hat der BFH seine bisherige Rechtsprechung zur Anschrift in einer Rechnung geändert und die §§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG richtlinienkonform ausgelegt. Er folgt damit den Urteilen des EuGH in der Rs. C-374/16 – Geissel, C-375/16, Butin. Danach wurde entschieden, dass eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung nicht voraussetzt, dass die wirtschaftlichen Tätigkeiten des leisten­den Unternehmers unter der Anschrift ausgeübt werden, die in der von ihm ausgestellten Rechnung angegeben ist. Vielmehr ist jede Art von Anschrift, auch z.B. eine Briefkastenanschrift, wenn der Unternehmer unter der Anschrift erreichbar ist, ausreichend.

 

Entsprechende Änderungen wurden bereits in den Umsatzsteuer-Anwendungserlass von der deutschen Finanzverwaltung übernommen (vgl. auch BMF-Schreiben vom 7. Dezember 2018, Az. III C 2 - S 7280 – a/07/10005 :003).

 

Aktuelles Update – Finanzverwaltung ermöglicht rückwirkende Rechnungsberichtigung

Die Rückwirkung einer Rechnungsberichtigung wurde nun auch endlich durch die deutsche Finanzverwaltung mit BMF-Schreiben vom 18. September 2020 (Az. III C 2 - S 7286-a/19/10001 :001) mit bestimmten Voraussetzungen an die berichtigungsfähige Rechnung (und dass eine solche überhaupt vorgelegen hat) sowie an bestimmte formelle Rechnungsangaben bestätigt. Gelingt die rückwirkende Rechnungskorrektur, können Zinsen gem. § 233a AO vermieden werden, die festgesetzt werden konnten, wurde ein Vorsteuerabzug aus einer formal fehlerhaften Rechnung geltend gemacht.

 

Die Rechnungsberichtigung mit erfolgreicher Rückwirkung ist an bestimmte Anforderungen geknüpft, etwa dass eine berichtigungsfähige Rechnung mit bestimmten Mindestangaben bereits vorliegt, also ein Dokument, das den leistenden Unternehmer, den Leistungsempfänger, die Leistungsbeschreibung, das (Netto-)Entgelt, die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer enthält. Notwendig ist diesbezüglich eine Mindestqualität der Angaben. Diese Mindestangaben dürfen nicht in einem solchen Maße unbestimmt, unvollständig oder offensichtlich unzutreffend sein, dass sie fehlenden Angaben gleichgesetzt werden können.

 

In Bezug auf die Leistungsbeschreibung reicht z.B. eine allgemein gehaltene Angabe wie „Produktverkäufe”, die es nicht ermöglicht, die abgerechnete Leistung eindeutig und leicht nachprüfbar festzustellen, nicht aus, um eine rückwirkend berichtigungsfähige Rechnung darzustellen. Die Angabe von „Beratung“ bei einem Rechtsanwalt dagegen soll ausreichend sein. Dazu lag der Finanzverwaltung weitere Rechtsprechung etwa des BFH vor (z.B. vom 12. März 2020, Az. V R 48/17), sodass hier für die Praxis darauf hinzuweisen ist, weiterhin Sorgfalt auf eine möglichst eindeutige ausführliche Leistungsbeschreibung zu legen, um die Art der Leistung und damit z.B. Ort der Steuerbarkeit und Steuersatz leicht bestimmen zu können.

 

Positiv besonders ist, dass aus Sicht der Finanzverwaltung Rechnungen ohne Steuerausweis zwar nicht rückwirkend berichtigungsfähig sein sollen (z.B. Fälle von Geschäftsveräußerungen im Ganzen oder die Annahme von Steuerbefreiungen, bei denen die Voraussetzungen für diese nicht vorlagen), jedoch sog. Reverse Charge-Rechnungen (d.h. Rechnungen ohne gesonderten Steuerausweis, weil die beiden Parteien für den betreffenden Umsatz von einem Übergang der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger ausgegangen sind) schon. Betroffen sollen aber nur Umsätze sein, für die der Übergang der Steuerschuldnerschaft nach § 13b Abs. 2 und 5 UStG angenommen wurde, nicht für solche nach § 13b Abs. 1 UStG. Dieser Bereich bleibt spannend, da das Finanzgericht Niedersachen mit Urteil vom 17. September 2020 (Az. 11 K 323/19) rechtskräftig entschieden hat (ein zweites Urteil, Az. 11 K 324/19, ist anhängig zur Revision beim BFH) der Einschränkung widerspricht, also eine Rückwirkung bei Rechnungsberichtigung in Bezug auf den Steuerausweis auch für „§ 13b Abs. 1 UStG-Fälle” zulässt.

 

Für die Angabe des Entgelts ist es ausreichend, wenn es sich ohne weiteres aus Bruttorechnungsbetrag und gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer errechnen lässt. Dagegen kann die Angabe des gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuerbetrags nicht dadurch ersetzt werden, dass er sich aus Entgelt und Brutto­rechnungs­betrag errechnen lässt.

 

Eine Rechnungsberichtigung erfordert weiter eine spezifische und eindeutige Bezugnahme auf die ursprüngliche Rechnung. Sie kann durch den Hinweis auf eine Berichtigung, Änderung oder Ergänzung der bisherigen Rechnung erfolgen. Zudem wurde sehr erfreulicherweise finanzverwaltungsseitig klargestellt, dass eine Rechnungsberichtigung mit Rückwirkung auch durch Stornierung und Neuausstellung der Rechnung vorgenommen werden kann. In der Praxis war das heiß diskutiert und hätte anderenfalls zu großen bzw. nicht lösbaren Schwierigkeiten der Umsetzung geführt, da viele steuerpflichtige Unternehmer Rechnungskorrekturen stets über Stornierung und Neuausstellung von Rechnungen vornehmen (nicht über eine Rechnungsergänzung, ggf. manuell) und in diesen Fällen nicht klar war, ob die Rückwirkung auch im Sinne der Finanzverwaltung möglich sein könnte.

 

Allgemein wird aber im o.g. BMF-Schreiben klargestellt, dass eine Rechnungsberichtigung kein sog. Rückwirkendes Ereignis ist. Das wird nun auch nach dem neuen Gesetzeswortlaut in § 14 UStG – mit Inkrafttreten am Tag nach der Verkündung des Jahressteuergesetzes 2020 (verkündet im BGBl. am 28. Dezember 2020) – klargestellt, dass die Berichtigung einer Rechnung um fehlende oder unzutreffende Angaben kein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und § 233a Abs. 2a AO ist. Damit bestehen verfahrensrechtliche Grenzen, etwa neben zivilrechtlichen, zur Rechnungsberichtigung mit Rückwirkung, die grundsätzlich mittels Rechnungsergänzung oder Stornierung möglich ist.

 

 

Achtung: Bei Rechnungsberichtigungen, die bis zum 31. Dezember 2020 übermittelt werden, sieht das BMF eine Nichtbeanstandungsregelung vor. Danach durfte der Vorsteuerabzug bei Rechnungsberichtigungen bis zum 31. Dezember 2020 in dem Besteuerungszeitraum geltend gemacht werden, in dem die berichtigte Rechnung ausgestellt wurde. Ab 1. Januar 2021 kann der Vorsteuerabzug nur in dem Besteuerungszeitraum geltend gemacht werden, in dem die ursprüngliche Rechnung ausgestellt wurde.
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