Bewertung von Earn-Outs

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veröffentlicht am 22. November 2023 | Lesedauer ca. 3 Minuten

 

Earn-Outs sind beliebte Klauseln im Rahmen von Unternehmenskaufverträgen. Dabei wird ein zusätzlicher Betrag vom Käufer an den Verkäufer gezahlt, wenn das Unternehmen nach der Transaktion vorher definierte Zielgrößen i.d.R. finanzieller Natur (z.B. Umsatz oder EBIT/EBITDA) erreicht. Für Bilanzierungszwecke (z.B. IFRS 3, HGB) ist häufig eine Bewertung erforderlich. Darüber hinaus können Wertüberlegungen auch im Rahmen von Kaufpreisverhandlungen oder im Beteiligungscontrolling stattfinden. Der nachfolgende Artikel gibt einen kurzen Überblick zur Bewertung von Earn-Outs. 


Earn-Outs werden insbesondere bei erhöhter Unsicherheit, zur Finanzierung des Kaufpreises durch Stundung, zur Abmilderung des Prinzipal-Agenten-Konflikts bzw. von Informationsasymmetrien oder zur Überbrückung von unterschiedlichen Wertvorstellungen zwischen Käufer und Verkäufer eingesetzt. Auch wenn Earn-Outs individuelle, vertragliche Vereinbarungen darstellen, sind in der Praxis oftmals Kaufpreisaufschläge von 20 bis 40% festzustellen. Die Zahlungshöhe muss nicht zwangsläufig fix sein, sondern kann sich auch auf Basis von der jeweiligen Erfolgskennzahl variabel ableiten. Hinzukommen ggf. Absicherungen für den Käufer in Form eines Caps (Maximalzahlung) sowie für den Verkäufer in Form eines Floors (Mindestzahlung). Wird sowohl ein Floor als auch ein Cap vereinbart, spricht man von einem Collar. Die Earn-Out-Zahlung kann alternativ zu einer Barzahlung auch in Aktien oder anderen Instrumenten wie z.B. Wandelanleihen erfolgen. 

Ausgestaltung

Die rechtliche Ausgestaltung von Earn-Outs kann auf unterschiedliche Arten erfolgen. Die in der Praxis am häufigsten anzutreffenden Varianten sind Gestaltungen als variabler Kaufpreisbestandteil im Rahmen des Kaufvertrages oder als Put- bzw. Call-Optionen (oftmals wechselseitig). Die bilanzielle Behandlung hängt maßgeblich davon ab, wie der Earn-Out ausgestaltet ist und ob das Reporting nach HGB oder IFRS erfolgt. Da sich dieser Artikel primär mit der Bewertung von Earn-Outs beschäftigen soll, wird auf die Bilanzierungspflichten nicht im Detail eingegangen. Insoweit wird auf den Artikel von unserem Kollegen Tobias Neukirchner verwiesen: Earn-Out Komponenten bei Kaufpreisallokationen | Rödl & Partner (roedl.de)

Neben der Bilanzierung können Wertüberlegungen auch im Rahmen von Kaufpreisverhandlungen oder für das Beteiligungscontrolling angestellt werden. 

Bewertungsverfahren

Eine Bewertung von Earn-Outs kann zum einen im Rahmen der Kaufpreisverhandlung zu Informationszwecken von Vorteil sein, um die erwartete Höhe der Zahlung zu ermitteln oder um Risiken höherer Zahlungen abzuschätzen. Des Weiteren ist eine Bewertung im Rahmen der Kaufpreisallokation bzw. Purchase Price Allocation notwendig, da ein Earn-Out als Kaufpreisbestandteil und damit Teil der Gegenleistung aufzufassen ist. 

In der Praxis werden Earn-Outs insbesondere bei nichtlinearen Auszahlungsprofilen (zum Beispiel bei Caps und Floors) in der Regel mit Simulationsmodellen bewertet. Das hierfür primär verwendete Verfahren ist die sogenannte Monte-Carlo-Simulation. Dabei handelt es sich um ein Verfahren aus der Stochastik bzw. Wahrscheinlichkeitstheorie, bei dem wiederholt Stichproben aus einer Verteilung mithilfe von Zufallsexperimenten gezogen werden. Ziel ist es, analytisch nicht oder nur aufwändig lösbare Probleme mithilfe der gezogenen Stichproben numerisch zu lösen. Als Grundlage dient vor allem das Gesetz der großen Zahlen.

Die zukünftige Entwicklung der Zielgröße Earn-Out wird basierend auf Verteilungsannahmen zu unabhängigen Variablen, z.B. Umsatzwachstum oder EBIT-/EBITDA-Marge, simuliert. Hierzu wird zunächst für jede unabhängige Variable eine passende Wahrscheinlichkeitsverteilung definiert. Üblich sind hierbei etwa die Normalverteilung, die Lognormalverteilung, aber in manchen Fällen auch „exotischere” Verteilungen wie die Beta-Verteilung. 

Anschließend werden eine Vielzahl von Zufallsexperimenten durchgeführt. Bei computergestützten Monte-Carlo-Simulationen werden zur Simulation von zufälligen Ereignissen Zufallszahlen herangezogen. In jedem Simulationslauf wird jede unabhängige Variable entsprechend der Verteilung und der Zufallszahlen ermittelt. Aus den unabhängigen Variablen wird dann die abhängige Variable, in unserem Fall der Earn-Out, berechnet. 

Damit eine Monte-Carlo-Simulation aussagefähig ist, müssen i.d.R. mindestens 5.000 bis 10.000 Durchläufe vorgenommen werden. 



Als Ergebnis der Simulation ergibt sich die (approximierte) Wahrscheinlichkeitsverteilung des Earn-Outs, welche dann analysiert werden kann. Insbesondere lassen sich die Momente der Verteilung (Erwartungswert, Standardabweichung) ableiten und die Wahrscheinlichkeit gewisser Bandbreiten des Earn-Outs ermitteln. Die meisten dieser Analysen dienen Informationszwecken, beispielsweise, um für den Käufer die Wahrscheinlichkeit abzuschätzen, dass der Earn-Out einen gewissen kritischen Wert überschreitet. Für Zwecke der Bilanzierung ist insbesondere der Erwartungswert von Bedeutung, da dieser den Fair Value des Earn-Out gemäß IFRS 13 darstellt. Dieser Wert ist (je nach Ausgestaltung) somit als bedingte Verpflichtung bzw. Rückstellung zu bilanzieren.

Weniger komplexe Earn-Outs können auch direkt mit Optionspreismodellen wie z.B. dem Black-Scholes-Modell bewertet werden. Bei dem Black-Scholes-Modell handelt es sich um eine analytische Lösung zur Optionspreisbestimmung. Hinsichtlich der Bewertung von Besserungsscheinen gelten die gleichen Grundsätze wie bei der Bewertung von Earn-Outs. Besserungsscheine sind bei einem Forderungsverzicht des Gläubigers abgegebene Versprechen des Schuldners, bei Besserung seiner Vermögensverhältnisse zunächst erlassene Schulden ganz oder teilweise zurückzuzahlen. Demzufolge funktionieren sie bewertungstechnisch wie ein „negativer Earn-Out”. 

Fazit

Earn-Outs ermöglichen es, durch die erfolgsabhängige Zahlung des Kaufpreises Risiken zu steuern. Gerade vor dem Hintergrund der gegenwärtigen makroökonomischen Unsicherheit und der erhöhten Inflation sind Earn-Outs ein wichtiges Instrument im Rahmen von Kaufpreisverhandlungen. Die Bewertung von Earn-Outs ist in der Praxis aufgrund des Gestaltungsspielraums individuell vorzunehmen und kann mitunter sehr komplex sein. Je nach Bilanzierungsregime kann auch eine Aktualisierung von Bewertungen an Folgestichtagen erforderlich sein. Dies erfordert eine sorgfältige Überprüfung und Anpassung vergangener Annahmen.

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