Internationaler Einsatz indischer Mitarbeiter

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veröffentlicht am 25. November 2020 | Lesedauer ca. 8 Minuten


Durch die Globalisierung ist es zur Norm geworden, mit Kollegen aus der ganzen Welt über Telefon, E-Mails und soziale Netzwerke vernetzt zu sein. Dennoch ist es manch­mal wichtig, seine Kollegen aus anderen Ländern auch persönlich kennenzulernen. Ergänzend können Mitarbeitern aus anderen Standorten eine zusätzliche und interessante Ressource für Unternehmen sein. Von daher sehen wir in der Praxis insbesondere im IT-Sektor, dass indische Arbeitnehmer international an anderen Standorten eingesetzt werden. Ein solcher internationaler Einsatz kann über Training / Einführung in das Gruppen­unter­nehmen, eine Entsendung im Kontext eines Projekts oder über eine Versetzung für einen langfristigen Einsatz erfolgen. Die Einsätze stellen zudem Anreize für die Mitarbeiter dar, was zu einer langfristigen Mit­arbeiter­bindung führt. Dabei sind jedoch viele verschiede Aspekte zu beachten und zu planen, um etwaige kostspielige Fehler zu vermeiden. Dazu soll nachstehender Artikel einen Beitrag leisten.

   


Strukturierung des Auslands­einsatzes

Es wird grundsätzlich zwischen kurzfristigen Einsätzen (bis ca. sechs Monaten) und längeren Einsätzen (über sechs Monaten) unterschieden. Eine kurze Einsatzzeit wird meist als Abordnung bzw. Dienstreise und ein längerer Einsatz als Entsendung oder Versetzung bezeichnet. Jedem der Begriffe liegt ein anderer Vorgang zugrunde und es müssen jeweils andere Aspekte beachtet werden. Bei einer Arbeitnehmerentsendung verbleibt der Arbeitgeber in Indien und der Arbeitnehmer wird für einen begrenzten Zeitraum im Ausland über eine Entsendevereinbarung eingesetzt, kann dabei jedoch seinen wirtschaftlichen Arbeitgeber im Ausland wechseln (einzelfallabhängig). Bei einer Versetzung hingegen wechselt sowohl der rechtliche als auch der wirtschaftliche Arbeitgeber ins Ausland. Dabei wird der indische Arbeitsvertrag entweder ruhend gestellt oder gekündigt.

Alle Varianten haben arbeitsrechtliche, sozialversicherungsrechtliche und steuerrechtliche Auswirkungen. Vor- und Nachteile sollten bereits vor Beginn des Auslandseinsatzes abgewogen werden. Entscheidende Gesichtspunkte können dabei sein:

  • die Dauer des Auslandseinsatzes,
  • Kontroll- und Weisungsrechte,
  • Höhe und Art der Entlohnung,
  • unternehmensinterne Transaktionen sowie
  • die Auswirkungen auf Quellensteuer, Körperschaftssteuer und Verrechnungspreise.

 

Internationaler Einsatz im Kontext eines Trainings

Häufig reisen Mitarbeiter zu dem Mutterunternehmen ins Ausland für ein Training, um an die Gruppenstruktur des Unternehmens gewöhnt zu werden und/oder um Fachwissen vermitteln zu bekommen. Dabei handelt es sich meist um kurzfristige Aufenthalte im Ausland, bei denen der Arbeitnehmer im Rahmen des indischen Arbeitsvertrages für einen begrenzten und kurzen Zeitraum ins Ausland abgeordnet wird.

Üblicherweise liegen von daher keine größeren sozialversicherungsrechtlichen und steuerrechtlichen Impli­kationen für den Arbeitnehmer vor. In Indien wird häufig dazu ein sog. „Training Bond Agreement” mit dem Arbeitnehmer abgeschlossen. Eine solche Vereinbarung soll eine gewisse Mitarbeiteranbindung nach einem Training im Ausland sicherstellen und enthält ggf. Regelungen zu Entschädigungszahlungen, falls der Mitar­beiter das Unternehmen kurz nach Teilnahme am Training verlässt. Dabei ist es wichtig, dass eine solche Entschädigungsregelung angemessen gestaltet wird und somit nicht gegen Arbeitsrechte in Indien verstößt.

Darüber hinaus ist zu regeln, wie Reisekosten abzurechnen sind, z.B. als Kosten­rück­er­stattung oder über eine sog. „Travel Allowance”. Beide Varianten können steuerrechtliche Auswirkungen für das indische Unternehmen und für den Arbeitnehmer haben und sollten von daher vorab in einer Travel Policy festgelegt werden, um so evtl. Steuerfreibeträge erhalten zu können.

Ferner ist zu bestimmen, welches Unternehmen für die Kosten eines solchen Trainings aufkommen soll. Falls das ausländische Unternehmen dem indischen Unternehmen Trainingskosten in Rechnung stellt, könnte das steuerrechtliche Auswirkungen für das ausländische Unternehmen in Indien haben. Solche Trainingskosten können als „Fees of Technical Service” eingestuft werden und würden somit der indischen Quellensteuer unterliegen. Evtl. kann durch ein Doppel­besteuerungs­abkommen zwischen Indien und dem Ausland ein geringer Quellensteuersatz Anwendung finden. Zusätzlich könnte die Goods and Service Tax („GST”) unter dem Reverse Charge Mechanism anfallen.

Neben den steuerrechtlichen Aspekten muss zusätzlich bestimmt werden, mit welchem Visum die Mitarbeiter ins Ausland reisen müssen und ob ggf. weitere Meldepflichten in dem Land bestehen.


Internationaler Einsatz im Kontext einer Entsendung oder Versetzung

Unterschied Entsendung und Versetzung

Bei einer Arbeitnehmerentsendung verbleibt der Arbeitgeber in Indien und der Arbeitnehmer wird für einen begrenzten Zeitraum im Ausland über eine Entsendevereinbarung eingesetzt. Nach der Entsendung würde der Arbeitnehmer nach Indien zurückkehren und seine Arbeit wie gewohnt im indischen Unternehmen wieder­aufnehmen. Demnach bleibt das indische Unternehmen der rechtliche Arbeitgeber und das allgemeine Weisungs- und Direktionsrecht verbleibt in Indien. Obwohl der rechtliche Arbeitgeber weiterhin in Indien ist, sollten arbeitsrechtliche Bestimmungen des Auslands nicht außer Acht gelassen werden. Sie können unabhängig vom Arbeitgeber anwendbar sein, wie Mindestlohnvorschriften. Der wirtschaftliche Arbeitgeber kann u.U. ins Ausland wechseln. Das ist einzelfallabhängig und hängt von diversen Faktoren ab, z.B.

  • konkrete Weisungsbefugnisse,
  • die Kontrolle vor Ort,
  • Haftungsaufteilung,
  • die Zurverfügungstellung von Arbeitsmaterialien,
  • Vertragsgrundlagen,
  • Reportingline sowie
  • die Vergabe von Disziplinarstrafen etc.


Bei einer Versetzung hingegen schließt der Arbeitnehmer einen neuen Arbeitsvertrag im Ausland ab und der indische Arbeitsvertrag wird entweder ruhend gestellt oder gekündigt. Das Weisungs- und Direktionsrecht wechselt ins Ausland und alle Arbeitsbedingungen werden über den lokalen Vertrag im Ausland abgewickelt. Somit wechselt sowohl der rechtliche als auch der wirtschaftliche Arbeitgeber ins Ausland.


Sozialversicherungsrechtliche Auswirkungen

Die gesetzliche Rentenversicherung in Indien wird über den Employees' Provident Funds and Miscellaneous Provisions Act, 1952 („PF Act”) geregelt. Der PF Act sieht vor, dass jedes Unternehmen, das 20 oder mehr Mitarbeiter beschäftigt, verpflichtet ist, sich unter dem PF Act zu registrieren und entsprechend für die Arbeitnehmer in die Rentenversicherung einzuzahlen. Darüber hinaus kann jedes Unternehmen, das weniger als 20 Mitarbeiter beschäftigt, sich freiwillig unter dem PF Act registrieren lassen und entsprechend Beiträge einzahlen. Der Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil beläuft sich dabei jeweils auf 12 Prozent des Grundgehalts, dem sog. „Basic Salary” zzgl. sog. „Dearness Allowances”. Zusätzlich fällt monatlich eine geringe Verwaltungs­pauschale an. Arbeitnehmer, die mehr als 15.000 indische Rupien pro Monat verdienen, können sich entweder vom Rentenversicherungssystem befreien lassen oder weiterhin einzahlen. Die gesetzlich zwingende Beitragsbemessungsgrenze wäre jedoch weiterhin 15.000 indische Rupien, wobei Arbeitgeber und Arbeitnehmer entscheiden können, über die Beitrags­bemessungs­grenze hinaus Beiträge zu zahlen.

Zusätzlich regelt das PF Act Sondervorschriften für sog. „International Worker”. Als International Worker gilt

  • ein indischer Arbeitnehmer, der in einem fremden Land gearbeitet hat oder arbeiten wird, mit dem Indien ein Sozialversicherungsabkommen geschlossen hat und der entsprechend des Abkommens berechtigt ist, die Leistungen des Sozialversicherungssystems jenes Landes zu beziehen;
  • ein nicht-indischer Arbeitnehmer, der einen ausländischen Pass besitzt und der für ein Unternehmen in Indien tätig ist, für das der PF Act Anwendung findet.


Wenn ein Arbeitnehmer als International Worker eingestuft wird, gilt die obige Beitragsbemessungsgrenze von 15.000 indische Rupien nicht mehr und es müssen stattdessen auf das gesamte Gehalt des Arbeitnehmers Rentenversicherungsbeiträge abgeführt werden.

Davon ausgenommen werden kann ein Arbeitnehmer dann, wenn Indien mit dem Gastland ein Sozialversiche­rungsabkommen abgeschlossen hat. Dann besteht die Möglichkeit, dass der Arbeitnehmer weiterhin wie gewohnt in das Renten­versicherungs­system Indiens einzahlt, indem er in Indien ein sog. Certificate of Coverage (COC) oder Detachment Certificate beantragt.

Ein COC wird von der Sozial­versicherungs­behörde des Herkunftslandes gemäß dem einschlägigen Sozial­versicherungsabkommen ausgestellt. Sobald das COC eingereicht wurde, ist der Arbeitnehmer – wie bereits erwähnt – für den im COC angegebenen Zeitraum von Sozialversicherungsbeiträgen oder Sozialversicherungs­steuern im Gastland für die Dauer der Auslandstätigkeit befreit und zahlt in Indien weiterhin die Provident Fund Beiträge in derselben Höhe wie zuvor.

Wichtig ist zu beachten, ob das Sozialversicherungsabkommen auch andere Sozialversicherungsbereiche abdeckt, wie die Arbeitslosen-, Kranken- oder Pflege­versicherung. Insbesondere im Zusammenhang mit der Krankenversicherung kann es notwendig sein, dass zusätzlich eine lokale Krankenversicherung abgeschlossen werden muss, falls das Gastland eine reine Auslandskrankenversicherung Indiens nicht als ausreichend akzeptiert.


Implikationen des indischen Steuerrechts

Es ist bei einer Entsendung und Versetzung zu überprüfen, ob der indische Mitarbeiter weiterhin in Indien steuerpflichtig sein wird. Zusätzlich kann eine Steuerpflicht im Ausland bestehen.

Ähnlich wie im deutschen Steuerrecht richtet sich die Steuerpflicht einer natürlichen Person in Indien nach der steuerlichen Ansässigkeit. Das ergibt sich aus Sec. 6 ff des Income Tax Act, 1961 („ITA”). Dabei ist nur die physische Präsenz im Inland entscheidend und nicht das Vorhalten einer Wohnstätte. Auf den Zweck des Aufenthalts oder die Staatsagehörigkeit kommt es nicht an. Es wird grundsätzlich zwischen „Resident and Ordinarily Resident”, „Resident but Not Ordinarily Resident” und „Non-Resident” unterschieden.

Zuerst muss überprüft werden, ob die natürliche Person als „Resident” oder „Non-Resident” einzustufen ist:

Im nächsten Schritt ist zu bestimmen, ob die steuerlich ansässige Person als „Resident and Ordinarily Resident” oder als „Resident but Not Ordinarily Resident” gilt:

Die Bestimmung der steuerlichen Ansässigkeit ist von entscheidender Bedeutung, da das Einfluss auf die Besteuerung des Einkommens einer Person hat (d.h. entweder Einkommen aus Indien oder Welteinkommen).

Es ist bei der Beurteilung der Steueransässigkeit zu beachten, dass das indische Steuerjahr am 1. April eines Jahres beginnt und am 30. März des darauffolgenden Jahres endet. Hat der Mitarbeiter innerhalb des indischen Steuerjahres z.B. seinen überwiegenden Aufenthalt in Indien, hält aber eine Wohnung im Ausland, kann er von beiden Staaten als ansässig behandelt werden. In solchen Fällen können Doppel­besteuerungs­abkommen („DBAs”) zwischen den Ländern Abhilfe bringen, falls Indien mit dem Ausland ein solches Abkommen abgeschlossen hat. Der sog. „Tie-Breaker”-Test in den DBAs hilft bei der Entscheidung über den Wohnsitz einer Person. Dabei wird üblicherweise der Ort des ständigen Wohnsitzes, Mittelpunkt des Lebensinteresses, gewöhnlicher Aufenthaltsort, Staatsbürgerschaft usw. einer Person überprüft und darauf basierend der Wohnsitz bestimmt.

DBAs versuchen auch, eine Doppel­besteuerung desselben Einkommens zu vermeiden, indem sie entweder geeignete Befreiungen oder Steuergutschriften vorsehen. Die Anwendbarkeit der Vorschriften des DBAs ist besonders wichtig im Jahr der Ausreise und im Jahr der Rückkehr, da dabei üblicherweise die Gefahr einer Doppelbesteuerung liegt. Daher sollten die Aspekte bereits vor dem internationalen Einsatz entsprechend begutachtet und geplant werden, um eine etwaige Doppelbesteuerung vermeiden zu können.
 
Zusätzlich sollten Unternehmen ggf. eine sog. Tax Equalization Policy einführen, die – falls notwendig – Steuerausgleiche für den Mitarbeiter vorsehen, um sicherzustellen, dass der Einsatz im Ausland nicht zu einem steuerlichen Nachteil für den Mitarbeiter führt.


Gehaltsabrechnung

Im Falle eines internationalen Einsatzes von Mitarbeitern im Ausland ist eine wichtige Frage, wie die Gehaltsabrechnung zu strukturieren ist. Sowohl bei einer Entsendung als auch einer Versetzung kann es möglich sein, dass Zahlungen weiterhin in Indien getätigt werden müssen. Bei einer Entsendung ist u.a. entscheidend, ob das Gehalt vollständig im Ausland oder in Indien ausgezahlt werden oder ob es zu einer geteilten Gehaltsauszahlung kommen soll. Dabei sind auch die Vorschriften des indischen Devisenrechts gemäß dem Foreign Exchange Management Act, 1999 zu berücksichtigen. Ferner ist zu beachten, dass auf das Gesamteinkommen, d.h. unabhängig davon ob es in Indien oder Deutschland ausgezahlt wird, in Indien Einkommenssteuer einbehalten und gezahlt werden muss, falls das Einkommen in Indien als steuerpflichtig gilt. Von daher kann es notwendig sein, dass der Arbeitnehmer auf der inländischen und ausländischen Payroll verbleiben muss und von daher eine enge Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen zwingend notwendig ist. Bei einer Versetzung kann es notwendig sein, dass weiterhin Sozialversicherungsbeiträge in Indien abgeführt werden müssen. Da dabei der Arbeitnehmer jedoch komplett zum ausländischen Unternehmen wechselt, müsste zwischen den Unternehmen vereinbart werden, dass das indische Unternehmen die Zahlungen nur für das deutsche Unternehmen tätigt und die Kosten entsprechend zurückerstattet bekommt.


Fazit

Um einen Auslandseinsatz erfolgreich durchführen zu können, ist eine Strukturierung vorab zwingend notwendig. Dabei ist besonders der Zweck des Auslandseinsatzes klar zu definieren, um entsprechend die Struktur dazu aufzubauen. Dabeisind rechtliche und steuerrechtliche Besonderheiten Indiens und des Auslands klar zu analysieren und zu beachten, um kostspielige Fehler zu vermeiden.

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