IDW RS IFA 1: Überarbeitete Stellungnahme zur Abgren­zung von Erhaltungs­aufwand und Herstel­lungs­kosten bei Klima­schutz­maß­nahmen an Immo­​bilien​​​

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​​​​​​​​​​​​​​​​​aktualisiert am 11. Dezember 2024 | Lesedauer ca. 4 Minuten

 

Update: Die neu gefasste IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung: Abgrenzung von Erhaltungsaufwand und Herstellungskosten bei Gebäuden in der Handelsbilanz (» IDW RS IFA 1​ n.F.) ist am 06.11.2024 vom Immobilienwirtschaftlichen Fachausschuss (IFA) verabschiedet und am 14.11.2024 vom Fachausschuss Unternehmensberichterstattung (FAB) billigend zur Kenntnis genommen worden. IDW RS IFA 1 n.F. ist erstmals auf Abschlüsse für Geschäftsjahre anzuwenden, die nach dem 31.12.2025 beginnen. Eine frühere Anwendung ist zulässig.


Die bilanzielle Unterscheidung zwischen Erhaltungsaufwand und Herstellungskosten bei Immobilien ist in der Praxis von entscheidender Bedeutung. Während Erhaltungs­aufwendungen das Jahresergebnis sofort und in voller Höhe negativ beeinflussen, erhöhen Herstellungskosten zunächst den Buchwert der Immobilie in der Bilanz und belasten das Jahresergebnis erst durch die Abschreibung über deren Nutzungsdauer. Die Verteilung der Aufwendungen über die planmäßige Abschreibung geschieht in diesem Fall gleichmäßig und im Zeitablauf. Die Differenzierung zwischen Erhaltungs­aufwand und Herstellungskosten beeinflusst damit nicht nur die bilanzielle Darstel­lung der Investitionen in der Bilanz, sondern hat auch weitreichende Auswirkungen auf die finanzielle Planung und Bewertung von Immobiliengesellschaften und -projekten. 


Angesichts der hohen erwarteten Investitionen, die aus der Vorgabe des neugefassten Klimaschutzgesetzes, den Gebäudebestand bis 2045 klimaneutral zu sanieren, resultieren, hat der Immobilienwirtschaftliche Fachausschuss (IFA) des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) zur Frage der Abgrenzung von Erhaltungsauf­wand und Herstellungskosten bei Gebäuden eine Neufassung des IDW RS IFA 1 n.F. verabschiedet, der die bilanziellen Auswirkungen solcher Investitionen in den Klimaschutz besser berücksichtigen soll. 

​Grundsätzliches
Bauliche Maßnahmen an Immobilien sind grundsätzlich gemäß § 255 Abs. 2 S. 1 HGB als Herstellungskosten zu aktivieren, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:

  • ​Herstellung eines neuen Gebäudes
  • Erweiterung eines bestehenden Gebäudes
  • Wesentliche Verbesserung eines bestehenden Gebäudes über dessen ursprünglichen Zustand hinaus

Eine Investition in einen Altbau hat den Charakter der Herstellung einer neuen Immobilie, wenn wesentliche Teile des Altbaus so sehr abgenutzt waren, dass dieser unbrauchbar geworden ist. Durch die in diesem Fall vorgenommenen Investitionen wird auch unter Verwendung noch nutzbarer Teile des Altbaus insgesamt eine neue Immobilie hergestellt. Die Herstellungskosten werden vollständig aktiviert und die Immobilie über ihre neue Nutzungsdauer abgeschrieben. Hinsichtlich dieser Kriterien gab es keine Änderungen durch den IDW RS IFA 1 n.F.

Investitionen in die Erweiterung oder wesentliche Verbesserung einer noch nutzbaren Immobilie, erhöhen deren bisherigen Buchwert. Die aktivierten Kosten der Sanierungsmaßnahmen werden auch in diesen Fällen über die laufende Abschreibung gleichmäßig dem Jahresergebnis belastet. Hinsichtlich der Kriterien für die Erweiterung und wesentliche Verbesserung eines Gebäudes wurden durch den IDW RS IFA 1 n.F. neue Aspekte eingebracht.

Was ist neu am IDW RS IFA 1 n.F.?​

Erweiterung eines bestehenden Gebäudes durch den Einbau einer Photovoltaikanlage​

In der alten Fassung des Standards wurde festgelegt, dass beispielsweise Photovoltaikanlagen, die auch andere Gebäude mit Energie versorgen können, grundsätzlich nicht als Erweiterung des Gebäudes, sondern als eigenständige Vermögensgegenstände zu behandeln sind. In diesem Fall sind sie separat zu bilanzieren und belasten das Jahresergebnis unter Einschätzung einer eigenen Nutzungsdauer über die laufende Abschreibung, unabhängig von einer ggf. längeren Nutzungsdauer des Gebäudes. 

Die neue Fassung des Standards hingegen erlaubt eine differenzierte Betrachtung: Es wird nun geprüft, ob die Photovoltaikanlage als Klimainvestition in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem Gebäude steht. Das kann etwa durch den (nahezu) ausschließlichen Stromverbrauch im Gebäude oder durch gesetzliche Pflichten zum Einbau gegeben sein. Sind die Voraussetzungen erfüllt, kann auch eine Erweiterung eines bestehenden Gebäudes vorliegen. Die Photovoltaikanlage ist in diesem Fall nicht als eigenständiger Vermögensgegenstand zu bilanzieren, sondern erhöht entsprechend den Buchwert der gesamten Immobilie in der Handelsbilanz. Die Investitionskosten schlagen sich in diesem Fall durch die laufende Abschreibung der Immobilie erst über deren – verglichen mit der Nutzungsdauer der Anlage als eigenständiger Vermögensgegenstand – ggf. längere Nutzungsdauer im Jahresergebnis nieder.

Wesentliche Verbesserung eines Gebäudes​

Neben der Erweiterung eines bestehenden Gebäudes betreffen die Änderungen im IDW ​RS IFA 1 n.F. insbesondere die Beurteilung einer wesentlichen Verbesserung eines Gebäudes über dessen ursprünglichen Zustand hinaus. Eine wesentliche Verbesserung liegt grundsätzlich vor, wenn die Nutzungsdauer des Gebäudes deutlich verlängert oder die Gebäudequalität über eine zeitgemäße, substanzerhaltende Erneuerung hinaus signifikant gesteigert wird. 

Von einer wesentlichen Steigerung der Gebäudequalität konnte bereits bisher ausgegangen werden, wenn durch bauliche Maßnahmen an mindestens drei der fünf zentralen Ausstattungsmerkmale einer Immobilie ein höherer Standard erzielt wird. Zu den zentralen Ausstattungsmerkmalen zählen nach der überarbeiteten Stellungnahme die Wärme- und Energieversorgung und -speicherung (zuvor lediglich Heizung), Sanitär, Elektro­installation/Informationstechnik (neu einschließlich Gebäudeautomation), die Fenster und die Wärme­dämmung. 

Neu ist auch, dass auch Maßnahmen, die den Energieverbrauch um mindestens 30% senken und damit die Energieeffizienzklasse um mindestens zwei Stufen verbessern, eine wesentliche qualitative Verbesserung des Gebäudes darstellen können. Das gilt auch, wenn sie nur in einem zentralen Bereich umgesetzt werden (Beispiel: Wärmedämmung eines nicht gedämmten Gebäudes ohne Veränderungen an den anderen Ausstat­tungsmerkmalen). Diese Maßnahmen führen dann zu aktivierungspflichtigen Herstellungskosten, und nicht zu laufendem Erhaltungsaufwand, unabhängig davon, wie viele der zentralen Ausstattungsbereiche betroffen sind.

Fazit​

Klimaschutzinvestitionen in die Verbesserung eines Bestandsgebäudes, die unter Anwendung des alten Standards unter Umständen als Erhaltungsaufwand eingestuft wurden, können künftig zu aktivierungs­​pflich­tigen Herstellungskosten führen. Der Vorteil liegt darin, dass diese Investitionen das Jahresergebnis nicht sofort in voller Höhe negativ belasten, sondern eine Ergebnisverteilung über die Nutzungsdauer der Immobilie erlauben. Die Auswirkungen auf die Vermögens- und Ertragslage der Immobiliengesellschaften dürften, insbesondere bei größeren anstehenden Investitionen, beträchtlich sein.​​

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