Vorstandsvergütung und Nachhal­tig­keits­aspekte

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veröffentlicht am 13. September 2023 | Lesedauer ca. 3 Minuten


Die Berücksichtigung sozialer und ökologischer Kennzahlen im Rahmen der Gestal­tung von Vorstandsvergütungen zeigte in den letzten Jahren einen starken Wandel. Das Thema gewann v.a. aufgrund zahlreicher Diskussionen rund um den Klimawandel und Maßnahmen zum Klimaschutz, dem Aufkommen von sog. Environment, Social, Governance (ESG)-Ratings aber auch aufgrund der Vorgaben durch das Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (AURUG II) an großer Bedeutung. Nachhaltigkeitsaspekte beeinflussen zunehmend nicht nur die Geschäftsaktivitäten und -strategien vieler Unternehmen, sondern auch die Entscheidungen von Investoren sowie Aktionären.



Anforderungen an die Gestaltung der Vorstandsvergütung

Gesetzliche Vorgaben zu den Grundsätzen der Vorstandsvergütung finden sich in den §§ 87 ff. des Aktien­gesetzes (AktG). § 87 AktG sieht unter anderem vor, dass bei der Festsetzung der Gesamtbezüge des einzelnen Vorstandsmitglieds – wie etwa bezogen auf das Gehalt, Gewinnbeteiligungen oder anreizorientierten Vergü­tungs­zusagen – dafür zu sorgen ist, dass diese in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben und Leistungen des Vorstandsmitglieds sowie zur Lage der Gesellschaft stehen. Die Pflicht zur Einhaltung des Gebots der Angemessenheit bei der Festsetzung der Vergütung trifft den Aufsichtsrat, welcher für die Vereinbarungen mit den Vorstandsmitgliedern über deren Vergütung zuständig ist. 

Durch die Umsetzung der zweiten europäischen Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) in nationales Recht wurde darüber hinaus für börsennotierte Gesellschaften die gesetzliche Vorgabe des § 87 Abs. 1 Satz 2 AktG ergänzt. Danach ist die Vergütungsstruktur bei börsennotierten Gesellschaften auf eine „nachhaltige und langfristige“ Entwicklung der Gesellschaft auszurichten. Mit den Anforderungen „nachhaltig und langfristig“ soll gewähr­leitstet werden, dass der Aufsichtsrat bei der Vergütungsfestsetzung auch soziale und ökologische Gesichtspunkte berücksichtigt.

Auch nach den Vorgaben des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK), welcher die Standards für börsennotierte Gesellschaften zur guten und verantwortungsvollen Unternehmensführung vorgibt, sind die Vergütungsstrukturen für Vorstände an Nachhaltigkeitsaspekten auszurichten.

Auf Grundlage dieser Anforderungen, müssen unternehmensspezifische Lösungen für die Vorstandsvergütung entwickelt und umgesetzt werden.


Auswirkungen der Nachhaltigkeitsaspekte auf die Vergütungsstruktur

Nach dem Wortlaut der gesetzlichen Vorgabe sind Nachhaltigkeitsaspekte in der „Vergütungsstruktur“ zu berücksichtigen. Es sollen solche Vergütungsstrukturen ausgeschlossen werden, die den Schwerpunkt bei kurzfristigen Unternehmenserfolgen setzen und eine langfristig fortschreitende Unternehmensentwicklung nicht berücksichtigen. Unter einer Vergütungsstruktur ist die Zusammensetzung des Gesamtgehaltes ins­be­son­dere aus einer festen Grundvergütung und einem erfolgsorientierten, kurz- und langfristigen variablen Element zu verstehen. Vorrangig werden ESG-Ziele als variabler Vergütungsabschnitt in die Vorstandsvergütung implementiert.

Nähere Vorgaben zum System der Vergütung von Vorstandsmitgliedern börsennotierter Gesellschaften enthält § 87a AktG. Praxistauglich sind hier vor allem Kataloge im Vergütungssystem, welche für alle drei ESG-Bereiche bestimmte Ziele ggf. mit unterschiedlicher Gewichtung aufführen.


Auswahl der Nachhaltigkeitsziele

Die gewählten Nachhaltigkeitsziele müssen geeignet sein, um einen entsprechenden Anreiz an das jeweilige Vorstandsmitglied zu setzen. Dem Aufsichtsrat kommt bei seiner Auswahl der Nachhaltigkeitsziele eigenes Ermessen zu. Die Kombination und Gewichtung der einzelnen Nachhaltigkeitsziele ist dabei unternehmens­spezifisch in Abhängigkeit des jeweiligen Geschäftszweigs des Unternehmens zu wählen. Dabei dürfen die vom Aufsichtsrat vorgegebenen Ziele nicht in Widerspruch zu der vom Vorstand gewählten Unternehmensstrategie stehen, denn diese ist vom Vorstand gerade eigenverantwortlich festzulegen. Zur Vermeidung eines Kompetenz­konflikts zwischen Aufsichtsrat und Vorstand darf der Aufsichtsrat daher nicht mittels Ausgestaltung der Vergütung Einfluss auf die Unternehmensstrategie nehmen. Es steht dem Aufsichtsrat aber trotz der vor­rangi­gen Kompetenz des Vorstands hinsichtlich der Unternehmensstrategie frei, die Vergütungsziele auf die nach­hal­ti­ge Entwicklung des Unternehmens auszurichten, wozu dieser in börsennotierten Gesellschaften letztlich auch verpflichtet ist.

Zur Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten in der Vergütungsfestsetzung wird regelmäßig auf nach­fol­gende ESG-Ziele zurückgegriffen:

  • Environment (Umwelt): z.B. Maßnahmen oder Erfolge zur Verbesserung der Energieeffizienz, Reduktion von Treibhausgasemissionen oder Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energien
  • Social (Soziales): z.B. Maßnahmen oder Erfolge im Bereich der Diversität, Arbeitssicherheit und –gesund­heits­schutz, Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten, Kunden- oder Mitarbeiterzufriedenheit
  • Governance (Unternehmensführung): z.B. Maßnahmen oder Erfolge im Bereich Compliance, bei der Ein­führung von Hinweisgebersystemen, Vorbeugung von Korruption und Bestechung, Risiko­manage­ment­sys­temen oder im Bereich nachhaltiger Lieferketten aber auch im Bereich der Kommunikation im Unternehmen selbst


Anwendung auf nichtbörsennotierte Gesellschaften und GmbH-Geschäftsführer

Die vorgenannte ausdrückliche gesetzliche Anordnung der Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten bei der Gestaltung der Vorstandsvergütung gilt als solche ausweislich des klaren Gesetzeswortlauts zunächst nur für börsennotierte Gesellschaften. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drcks. 16/13433) soll der Nachhaltig­keits­gedanke aber auch von nichtbörsennotierten Gesellschaften berücksichtigt werden. Von einer ausdrück­lichen gesetzlichen Regelung wurde jedoch mit der Begründung abgesehen, dass andernfalls Fragen zum Verhältnis zur GmbH und zu Personengesellschaften aufgeworfen werden würden, bei denen es den Eigen­tümern überlassen werden kann, die richtigen Instrumente zur Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten in der Vergütung der Unternehmensleitung zu finden. Auch für die Vergütung von GmbH-Geschäftsführern gelten die Vorschriften des AktG über die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten bei der Ver­gü­tungs­fest­setzung nicht.

Dennoch wächst aber auch bei nichtbörsennotierten Gesellschaften und GmbHs der Druck nach einer nachhaltigen Unternehmensstrategie. Insbesondere das die Unternehmensstrategie enorm beeinflussende Stakeholder-Interesse führt dazu, dass auch bei nichtbörsennotierten Gesellschaften oder anderen Rechts­formen Nachhaltigkeitsaspekte vermehrt in die Ausgestaltung der Vergütung der Unternehmensleitung imple­mentiert werden. Die vorgenannten ESG-Aspekte zur Vergütungsgestaltung börsennotierter Gesellschaften können also auch hier – wenn auch nicht ausdrücklich gesetzlich angeordnet – insbesondere bei der Ge­stal­tung variabler Vergütungskomponenten herangezogen werden.

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