Nachhaltigkeit und Aufsichtsratsarbeit

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zuletzt aktualisiert am 13. September 2023 | Lesedauer ca. 3 Minuten


Belange der Nachhaltigkeit sind längst nicht mehr nur im politischen und sozialgesell­schaftlichen Diskurs angekommen. Auch Unternehmen haben sich spätestens seit der Umsetzung der ersten europäischen Corporate Social Responsibility (CSR)-Richtlinie mit Umwelt-, Arbeitnehmer- und Sozialbelangen zu beschäftigen und für die Achtung der Menschenrechte und die Bekämpfung von Korruption und Bestechung im Unter­nehmen zu sorgen. Derartige Environment-, Social- and Governance- (ESG) Kriterien können gegenwärtig über den langfristigen Erfolg des Unternehmens entscheiden. Gerade deshalb sollten Nachhaltigkeitsbelange auch ausreichende Berücksichtigung durch Aufsichtsräte erfahren, sind es doch sie, die eine entsprechende Einhaltung dieser Belange durch die Vorstände überwachen und sicherstellen müssen.



Berichterstattungspflicht und EU-Rechtsrahmen

Seit Umsetzung der europäischen Non-Financial Reporting Directive (NFRD) in nationales Recht im Jahr 2017, trifft bestimmte große Unternehmen bereits eine Berichterstattungspflicht im Rahmen der „Nicht finanziellen Erklärung“, die durch die EU-Taxonomie-Verordnung weiter ausgedehnt wird. Diese bestehende Berichter­stattungspflicht soll nunmehr durch Umsetzung der neuen, überarbeiteten europäischen CSRD-Richtlinie (Corporate Sustainability Reporting Directive) in deutsches Recht ausgeweitet werden und an Bedeutung gewinnen. Die neue Richtlinie ist bis spätestens 6. Juli 2024 in deutsches Recht umzusetzen.

Sie sieht unter anderem eine umfangreichere und weitergehende Berichterstattungspflicht vor, erweitert den Kreis der berichtspflichtigen Unternehmen im Wesentlichen auf alle bilanzrechtlich großen Unternehmen sowie alle kapitalmarktorientierten kleinen und mittelständischen Unterhemen und reguliert erstmals externe Prü­fungs­­pflich­­ten. All diese Maßnahmen sollen zu mehr Transparenz für nachhaltige Investitionen führen und zu einer nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung beitragen.


Herausforderung für den Aufsichtsrat

Bisher beschränkte sich die Prüfpflicht des nichtfinanziellen Berichts durch den Aufsichtsrat auf eine reine Plausibilitätsprüfung der Angaben und Maßnahmen zu CSR-Belangen. Die CSRD-Richtlinie stellt nun aber auch weitergehende Anforderungen an die Expertise des Aufsichtsrats, insbesondere kommt der Prüfpflicht des Aufsichtsrats größere Bedeutung und Verantwortung zu. Eine bloße Plausibilitätsprüfung wird künftig nicht mehr ausreichen. Mit den verschärften Anforderungen geht auch ein verschärfteres Haftungsregime für Aufsichtsräte einher.

Aufsichtsräte werden sich daher auch künftig zunehmend mit Fragen einer nachhaltigen Unter­neh­mens­stra­tegie konfrontiert sehen. Sie sollten sich daher ausreichend mit dem neuen Rechtsrahmen vertraut machen. Erforderlich wird der Aufbau einer „Nachhaltigkeitsexpertise“ im Aufsichtsrat sowie die Erarbeitung und Offenlegung eines Kompetenzprofils durch eigene Kompetenzaneignung und eigenverantwortliche Wahr­neh­mung von Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen. Aber auch eine entsprechende Organisation des Aufsichts­rats­gremiums wird notwendig werden, wie z.B. durch Einrichtung eines „ständigen ESG- oder Nachhaltig­keits­aus­schusses“ für den ein hinreichender Informationsfluss mit anderen betroffenen Ausschüssen und im Gesamt­gremium gewährleistet sein muss. Schließlich ist es Aufgabe des Aufsichtsrats, die nichtfinanziellen Infor­mationen im Rahmen seiner Abschlussprüfung zu überprüfen und der Hauptversammlung zu berichten.

Es verbleibt dem Aufsichtsrat dabei die Möglichkeit der Hinzuziehung professioneller Berater. Insbesondere kann ein Abschlussprüfer mit der Prüfung des Nachhaltigkeitsberichtes beauftragt werden und zur Erfüllung der Aufgabe können Sachverständige einbezogen werden.

In dieser Prüf- und Überwachungspflicht erschöpft sich der Aufgabenkreis des Aufsichtsrats rund um das Thema Nachhaltigkeit gleichwohl keineswegs. Neben der Berücksichtigung bei der Beratung des Vorstands muss sich der Personalausschuss und anschließend das Gesamtgremium bereits bei der Besetzung von Vorstandspositionen und Amtszeitverlängerungen darüber klar werden, ob und inwieweit die Gesellschaft Nachhaltigkeitsfragen hierbei ausreichend nachgehen kann. In börsennotierten Gesellschaften hat der Aufsichtsrat bei der Vergütung des Vorstands außerdem darauf zu achten, dass die gewählte Vergütungs­struk­tur auf eine nachhaltige und langfristige Entwicklung der Gesellschaft ausgerichtet ist. Auch bei nicht­bör­sen­no­tier­ten Gesellschaften empfiehlt es sich, den Nachhaltigkeitsgedanken beispielsweise über entsprechende Leistungszielkonzepte bei der Vergütungsfestsetzung zu berücksichtigen.


Risiken und Chancen für die Unternehmenspraxis

Die Kontrollfunktion des Aufsichtsrats wird künftig weiterhin auf der Rechtstreue des Vorstands liegen. Dieser hat nun verstärkt auf Nachhaltigkeitsbelange einzugehen und hierüber wahrheitsgemäß und ausreichend Bericht zu erstatten, weshalb die Überwachung der Rechnungslegung und Jahresabschlüsse an Relevanz gewinnen wird. Auch bei vorgelagerten Fragen der Amtsbesetzung und -verlängerung sollte die Aufmerksamkeit des Gesamtaufsichtsrats vor allem auf der (weiteren) Sicherstellung von Nachhaltigkeitsarbeit im Unternehmen liegen. Um ein leidendes Image des Unternehmens zu vermeiden, sollten Regelverstöße daher vermieden und entsprechende Maßnahmen sichergestellt werden.

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