Bei der Beschäftigung von Ausländern lauern viele Fallstricke

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zuletzt aktualisiert am 2. Februar 2022 | Lesedauer ca. 6 Minuten


Aufgrund des aktuellen Fachkräftemangels in Deutschland und im Kontext der Inter­nationalisierung, ist es mittlerweile an der Tages­ord­nung, dass deutsche Unternehmen nicht mehr nur deutsche oder EU-Staatsbürger beschäftigen. Immer häufiger kommt es vor, dass auch sog. Drittstaatsangehörige, d.h. Staatsangehörige von Ländern, die nicht der Europäischen Union bzw. dem Europäischen Wirtschaftsraum angehören, in Deutschland beschäftigt werden.





Bei der Beschäftigung von Ausländern können sich in einigen Bereichen Besonderheiten ergeben, die bei Nicht­Beachtung zu bösen Überraschungen führen können. Sofern sich ein Unternehmen dazu entscheidet Ausländer zu beschäftigten, gilt es einen besonderen Blick auf das Aufenthalts-, Sozialversicherungs- und auch Steuerrecht zu werfen.

Blaue Karte EU und ICT-Karte sollen Experten aus Drittstaaten locken

Das deutsche Aufenthaltsrecht unterliegt grundsätzlich – verglichen bspw. mit dem der USA – kaum tiefgrei­fenden Veränderungen. Dennoch gab es im vergangenen Jahr 2021 durch die Einführung des neuen Fach­kräfteeinwanderungsgesetzes Änderungen im Aufenthaltsrecht. Durch die Änderungen, die das Fachkräfte­einwanderungsgesetz mit sich brachte, sollte der Zuzug von Fachkräften aus Drittstaaten erleichtert werden. Die Komplexität des deutschen Aufenthaltsgesetzes macht es Unternehmen aber nicht immer leicht, Drittstaatsangehörige zu beschäftigen.

Sofern Drittstaatsangehörige in Deutschland beschäftigt werden sollen, benötigen sie grundsätzlich zur Einreise ein Visum und zur Ausübung der Beschäftigung eine entsprechende Aufenthaltserlaubnis, die die Ausübung der Tätigkeit gestattet. Vorsicht geboten ist auch bei der Beschäftigung von britischen Staats­bürgern. Bis zum 31. Dezember 2020 war für sie kein Aufenthaltstitel notwendig, durch den Brexit wurden sie nun aber auch zu Drittstaatsangehörigen und benötigen daher für ihren Aufenthalt und für die Ausübung einer Tätigkeit in Deutschland ebenfalls eine Aufenthaltserlaubnis.

Bei grenzüberschreitenden Mitarbeitereinsätzen können viele Unternehmen von den vergleichsweise unbüro­kratischen „europäischen Aufenthaltstiteln” profitieren:

Mit der im August 2012 eingeführten Blauen Karte EU versuchte bzw. versucht die Bundesregierung, die Rekrutierung von Fachkräften im Ausland zu erleichtern und zu fördern. Sie kann für hochqualifizierte Ausländer beantragt werden, die nur die Staatsangehörigkeit eines sog. Drittstaats haben. Insbesondere Arbeitnehmern aus den „Mangelberufen”, – z.B. Ärzten, Ingenieuren und Mathematikern, sollen auf die Weise unter besonderen Voraussetzungen der Weg nach Deutschland geebnet werden. Daran hat sich auch durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz nichts geändert.

Ganz im Gegenteilt: Durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz sollte auch die Zuwanderung von IT-Fachkräften mit praktischer Berufserfahrung, aber ohne formalen Abschluss, erleichtert werden. Für sie muss ausnahmsweise kein Anerkennungsverfahren durchgeführt werden, wenn sie mind. drei Jahre Berufserfahrung innerhalb der letzten sieben Jahre und ein Gehalt von derzeit mind. 4.260 Euro (Stand 2021) vorweisen können, wobei die Gehaltsgrenze jährlich angepasst wird.

Bei der – erst vor wenigen Jahren auf Grundlage einer EU-Richtlinie eingeführten – ICT-Karte, haben sich durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz keine Änderungen ergeben. Die 2017 neu geschaffenen Aufenthaltstitel „ICT-Karte” und „mobile ICT Karte” sollen den unternehmensinternen Transfer von Führungskräften, Spezia­listen oder Trainees unter erleichterten Voraussetzungen ermöglichen. Im Gegensatz zur Blauen Karte EU, mit der eine dauerhafte Zuwanderung von hochqualifizierten Arbeitskräften nach Deutschland ermöglicht werden soll, ist die ICT Karte bzw. die Mobile ICT Karte auf den vorübergehenden unternehmensinternen Transfer von Drittstaatsangehörigen ausgerichtet. Da es sich um einen EU-Aufenthaltstitel handelt, wird er in allen EU-Mitgliedstaaten erteilt, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind – mit Ausnahme von Dänemark und Irland.

Drittstaatsangehörige, die im Besitz einer ICT-Karte sind, die in einem anderen Mitgliedstaat erteilt wurde, können sich z.B. bis zu 90 Tage innerhalb von 180 Tagen in Deutschland aufhalten und arbeiten, ohne einen zusätzlichen deutschen Aufenthaltstitel zu benötigen. Die kurzfristige Mobilität innerhalb der EU wurde durch die Einführung der ICT-Karte sehr erleichtert. Aufgrund der Vielzahl an möglichen Aufenthaltstiteln ist eine umfassende Beratung im Vorfeld in jedem Fall erforderlich; Untätigkeit kann sonst teuer zu stehen kommen:

Erfolgt die Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen ohne erforderlichen Aufenthaltstitel oder werden Tätigkeiten ausgeübt, die vom Aufenthaltstitel nicht gestattet sind, handelt es sich um eine Ordnungs­widrig­keit. Der Arbeitnehmer muss mit einer Geldbuße von bis zu 5.000 Euro rechnen, der Arbeitgeber sogar mit einer Geldbuße von bis 500.000 Euro. Hinzu kommt, dass jede Geldbuße über 200 Euro ins Gewerbezentralregister eingetragen wird. Zudem können je nach Fallgestaltung im Einzelfall Strafvorschriften einschlägig sein.

Fremdpersonaleinsatz in Deutschland

Generell freizügig ist der Arbeitsmarkt innerhalb der EU. Das bedeutet, dass Unionsbürger, die sich als Arbeitnehmer oder zur Berufsausbildung in Deutschland aufhalten wollen, zur Einreise kein Visum und zum Aufenthalt keinen Aufenthaltstitel benötigen.

Kritisch wird es jedoch auch bei europäischen Staatsangehörigen, wenn zur Realisierung von Projekten Unternehmen aus dem Ausland mit eigener Belegschaft als Subunternehmer eingesetzt werden. Abgesehen von der Frage, ob eine Tätigkeit aufenthaltsrechtlich bei Drittstaatsangehörigen erlaubt ist, stellt sich dann die Frage, wie die Tätigkeit ausgeführt wird und was dabei zu beachten ist. Denn in dieser Konstellation ist es oftmals fraglich, ob tatsächlich ein Werk- oder Dienstvertrag oder vielmehr eine illegale Arbeitnehmerüber­lassung vorliegt. Im Falle einer illegalen Arbeitnehmerüberlassung können dem Entleiher hohe Geldbußen und ggf. auch Freiheitsstrafen drohen.

Sozialversicherungs- und steuerrechtliche Haftungsgefahren

Die sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Folgen hängen entscheidend davon ab, aus welchem Land der Einsatz erfolgt, aus welchem Land der Beschäftigte stammt und ob es mit dem entsprechenden Land bilaterale Abkommen gibt. Steuerlich sind dazu Doppelbesteuerungsabkommen zu berücksichtigen. Sozialversicherungs­rechtlich könnten die VO (EG) 883/2004 oder etwaige Sozialversicherungsabkommen einschlägig sein.

Sozialversicherungsrecht innerhalb der EU/dem EWR/der Schweiz

Zur Bestimmung der anwendbaren Rechtsvorschriften über Soziale Sicherheit ist innerhalb der EU, EWR und Schweiz die VO (EG) 883/2004 hinzuzuziehen. Die Verordnung bestimmt u.a., dass Beiträge zur Sozial­versicherung immer nur in einem EU-Mitgliedstaat abzuführen sind und koordiniert das anwendbare Sozialversicherungsrecht. Grundsätzlich richtet sich dabei das Sozialversicherungsrecht nach dem Tätigkeitsort. Davon kann es allerdings Ausnahmen geben, z.B. wenn eine Entsendung oder eine Tätigkeit in mehreren Mitgliedstaaten vorliegt. Arbeitgeber müssen daher darauf achten, dass das anwendbare Sozialversicherungsrecht bei grenzüberschreitenden Sachverhalten stets vor Beginn der Tätigkeitsaufnahme geprüft wird. Als Nachweis muss dann eine sog. A1-Bescheinigung beantragt werden. Der Vordruck A1 bescheinigt die anwendbaren Rechtsvorschriften über Soziale Sicherheit verbindlich und weist nach, in welchem Land die Sozialversicherungsbeiträge abzuführen sind. Den Nachweis muss der Arbeitnehmer mit sich führen und im Falle einer Kontrolle vorzeigen.

Sollte das anwendbare Sozialversicherungsrecht nicht richtig bestimmt worden sein und Beiträge im falschen Land abgeführt werden, kann das Haftungsrisiken nach dem jeweiligen nationalen Recht nach sich ziehen. Zudem gab es auch diverse EuGH- Urteile, die in dem Zusammenhang zu beachten sind. Es sollte daher vor jeder grenzüberschreitenden Beschäftigung geprüft werden, in welchem Land die Sozialversicherungsbeiträge abzuführen sind, ansonsten kann eine Falschbeurteilung auch schnell zur Strafbarkeit führen.

Sozialversicherungsrecht im Geltungsbereich von bilateralen Sozialversicherungsabkommen

Deutschland hat mit einigen Drittstaaten Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen. In den Abkommen werden zumeist nur einzelne Versicherungszweige koordiniert (z.B. USA – Rentenversicherung). Es gibt aber auch Sozialversicherungsabkommen, die fast alle Sozialversicherungszweige koordinieren, wie das Abkommen mit der Türkei (lediglich die Pflegeversicherung ist nicht vom Abkommen umfasst). Im Hinblick auf einen Inbound-Sachverhalt können darüber hinaus auch noch weitere Besonderheiten gelten. Bspw. ist es möglich, dass ein für bis zu zwei Jahre entsandter amerikanischer Impat in den USA rentenversicherungspflichtig bleibt und von der Beitragszahlung zur deutschen Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung befreit ist. Bei zusätzlichem Vorliegen einer Einstrahlung gemäß § 5 SGB IV wäre der Impat zusätzlich auch von der Beitragszahlung zur Arbeitslosenversicherung in Deutschland befreit.

Sozialversicherungsrecht bei vertraglosem Ausland

Es gibt aber auch diverse Drittstaaten, mit denen Deutschland keine Sozialversicherungsabkommen geschlossen hat. In dem Fall ist keine Koordination aufgrund eines bilateralen Abkommens möglich. Da in der Sozialversicherung das Beschäftigungslandprinzip gilt, hat das zur Folge, dass grundsätzlich das Sozial­versicherungsrecht des Landes Anwendung findet, in dem die Tätigkeit erbracht wird. Im jeweiligen nationalen Recht können für Expats aber auch Besonderheiten gelten. Im Falle eines Inbound-Falles nach Deutschland wäre in einem solchen Fall z.B. zu untersuchen, ob möglicherweise eine Einstrahlung nach § 5 SGB IV vorliegt.

Steuerrecht

Bilaterale Doppelbesteuerungsabkommen weisen in grenzüberschreitenden Sachverhalten das Besteuerungs­recht dem einen oder dem anderen Abkommensstaat zu und dienen somit der Vermeidung der Doppelbe­steuerung. Neben ihnen sind jedoch auch die nationalen steuerlichen Vorschriften zu beachten, die ein etwaiges Besteuerungsrecht erst begründen. Als problematisch stellt sich in den Fällen oft heraus, dass den aus dem Ausland kommenden Arbeitnehmern nicht klar ist, dass sich die steuerlichen Vorschriften in Deutschland sehr von den im Heimatland geltenden Regelungen unterscheiden können. Das sollte mit den Mitarbeitern vorab besprochen werden, um Überraschungen bei der Steuerhöhe oder Absetzbarkeit von Ausgaben zu vermeiden.

Risiko Scheinselbstständigkeit

Ein großes Risiko stellt für Unternehmen die Beauftragung von Freelancern dar. In vielen Fällen handelt es sich tatsächlich nicht um selbständig Tätige, sondern um abhängig Beschäftigte. Kein seltener Fall aus der Praxis: Für ein IT-Projekt wird von einer Agentur ein Programmierer aus dem Ausland vermittelt. Er hat beim deutschen Auftraggeber ein Büro samt Firmen-E-Mailadresse und gibt möglicherweise sogar Stundenbescheinigungen ab. Er erhält dafür jeden Monat eine gleichbleibende Summe.

In dem Fall könnte es sich um einen Arbeitnehmer handeln, für den Lohnsteuer und Sozialversicherungs­beiträge abzuführen sind, wenn er lediglich den einen Auftraggeber hat.

Wird das von einem Betriebsprüfer entdeckt, drohen erhebliche Konsequenzen– wegen Scheinselbstständigkeit und Steuerhinterziehung. Der Arbeitgeber haftet dabei allein und muss in der Sozialversicherung rückwirkend sowohl die Arbeitgeber- als auch Arbeitnehmerbeiträge nachzahlen. Zudem drohen Säumniszuschläge und Bußgelder bzw. steuerstrafrechtliche Sanktionen. Das Aufdeckungsrisiko bei Betriebsprüfungen ist dabei nicht unerheblich, weil derartige Fälle prädestiniert sind für eine genauere Prüfung des Sachverhalts. Auch bei Streitigkeiten mit dem Arbeitnehmer oder wenn ein Arbeitsunfall passiert, könnten „unsaubere” Vereinbarungen schnell den Behörden bekannt werden.

Wie die aufgeführten Beispiele zeigen, kann die Beschäftigung in Bezug auf internationale Sachverhalte oftmals kompliziert und zeitintensiv sein. Eine entsprechende Beratung und Prüfung im Vorfeld ist daher unumgänglich.
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