Jahresrückblick 2024: Wichtige Entscheidungen zur Arbeitnehmerüberlassung

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 30. Dezember 2024 | Lesedauer ca. ​​​​​​​​​​​​2 Minuten

​Die Arbeitnehmerüberlassung bleibt ein zentrales Thema in der arbeitsrechtlichen Praxis und Rechtsprechung. Das Jahr 2024 brachte erneut wichtige Urteile und Be­​-schlüsse, die sowohl die Auslegung bestehender Regelungen als auch deren prakt­-​ische Umsetzung betreffen. Besonders die Offenbarungs- und Konkretisierungs­pflicht im Lichte eines formwirksamen Überlassungsvertrags wie auch das sogenannte Konzernprivileg standen im Fokus der Rechtsprechung.





​​Dieser kurze Rückblick über die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundes­​-arbeits­​­​gerichts (BAG) im Jahr 2024 verdeutlicht die hohe Praxisrelevanz und bestätigt einmal mehr, dass der Fremdpersonaleinsatz sorgfältig geplant und regelmäßig überprüft werden muss. 

Konkretisierungs- und Offenbarungspflicht

Ist der Arbeitsvertrag zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer aus einem der im AÜG gesetzlich normierten Gründe unwirksam und gibt der Arbeitnehmer keine Festhaltenserklärung ab, so entsteht zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis. Zu den gesetzlich normierten Unwirksam­​keitsgründen zählt unter anderem ein Verstoß gegen die Offenlegungs- und Konkretisierungspflicht. Nach dem Urteil des BAG vom 05.04.2024, Az. 9 AZR 204/23, setzt die Erfüllung dieser gesetzlichen Pflichten jedoch das Vorliegen eines (form-)wirksamen Überlassungsvertrags voraus. Ein Arbeitnehmerüberlassungsvertrag, der der Schriftform nicht entspricht, ist vor Vertragsunterzeichnung nichtig und könne daher gar nicht die Grundlage für die Erfüllung der gesetzlich normierten Offenlegungs- und Konkretisierungspflichten bilden. 

Die höchstumstrittene Frage, ob das AÜG jeweils einen eigenständigen Verstoß gegen die Offenlegungs- und Konkretisierungspflicht voraussetzt oder ob ein kumulativer Verstoß vorliegen muss, musste das BAG konsequenterweise nicht beantworten. 

Überlassungshöchstdauer 

Am 1. Oktober 2024 veröffentlichte das BAG die Pressemitteilung zum Beschluss mit dem Az. 9 AZR 264/23 (A), wonach das BAG ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gerichtet habe, um zu klären, wie die AÜG geregelte Überlassungshöchstdauer zu berechnen sei, wenn auf Entleiherseite ein Betriebsübergang stattgefunden hat. 

Nach dem AÜG darf ein Leiharbeitnehmer grundsätzlich nicht länger als 18 aufeinanderfolgende Monate „demselben Entleiher“ überlassen werden, sofern nicht durch oder aufgrund eines Tarifvertrags der Einsatz​​​branche eine vom Gesetz abweichende Überlassungshöchstdauer festgelegt wurde. Der klagende Leih­​-arbeitnehmer vertrat die Auffassung, dass der Betriebsveräußerer und die Betriebserwerberin als „derselbe Entleiher“ im Sinne des AÜG anzusehen seien. Demgegenüber war die Beklagte der Auffassung, dass im Fall eines Übergangs des Einsatzbetriebs auf einen anderen Inhaber die Überlassungshöchstdauer neu zu laufen beginne. Zudem sei die gesetzlich zulässige Überlassungshöchstdauer aufgrund Tarifvertrags durch Betriebs­​vereinbarungen auf zuletzt 48 Monate verlängert worden. 

Von der unionsrechtskonformen Auslegung der europäischen Richtlinie zur Leiharbeit hängt es nun ab, ob das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten 18 Monate nach der Überlassung des Klägers oder erst 18 Monate nach dem Betriebsteilübergang zustande gekommen ist.

Konzernprivileg in der Arbeitnehmerüberlassung

​Mit Urteil vom 12.11.2024, Az. 9 AZR 13/24, hat das BAG klargestellt, dass das Konzernprivileg dann nicht anwendbar sei, wenn ein Arbeitnehmer entweder zum Zweck der Überlassung eingestellt oder beschäftigt wird. Die Konjunktion „und“ in § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG sei nach dem Willen des Gesetzgebers lediglich als Aufzählung der bezeichneten Sachverhalte zu verstehen. 

Im zugrunde liegenden Fall sei der Kläger von Beginn seines Arbeitsverhältnisses an über mehrere Jahre ausschließlich in einem konzernverbundenen Unternehmen unter Verstoß gegen das AÜG als Leiharbeitnehmer eingesetzt worden. Das BAG sah hierin eine starke Indikation dafür, dass der Arbeitnehmer „zum Zweck der Überlassung“ beschäftigt wurde, wodurch das Konzernprivileg ausgeschlossen ist. Überlässt ein Unternehmen, das einem Konzern angehört, einen Arbeitnehmer seit Beginn des Arbeitsverhältnisses über mehrere Jahre einem anderen Konzernunternehmen, ist regelmäßig davon auszugehen, dass die Beschäftigung des Arbeit­-​​nehmers zum Zweck der Überlassung erfolgt ist. In diesem Fall kann sich das entleihende Unternehmen nicht auf das Konzernprivileg im AÜG berufen.

Fazit

Die Rechtsprechung zum Fremdpersonaleinsatz bleibt in ständiger Entwicklung und spiegelt die Komplexität dieses Rechtsgebiets wider. Insbesondere die Auslegung von Regelungen zur Arbeitnehmerüberlassung und der Umgang mit unionsrechtlichen Vorgaben verdeutlichen, dass Unternehmen kontinuierlich ihre Personal-​strategien und Vertragsgestaltungen prüfen müssen. ​

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