BGH: Luftbildaufnahmen mittels einer Drohne sind urheberrechtlich unzulässig

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 23. Oktober 2024 | Lesedauer ca. 3 Minuten
Die Panoramafreiheit ermöglicht die Fotografie und Weiterverbreitung von öffentlich ausgestellten Werken. Ob Bauwerke oder öffentlich ausgestellte Kunst – was von der Allgemeinheit frei zu sehen ist, soll auch von der Allgemeinheit frei fotografiert und verbreitet werden dürfen. Aber gilt das auch für Drohnenaufnahmen von Kunstwerken aus Blickwinkeln, die die Allgemeinheit gar nicht einnimmt? Hierzu hat der Bundes­gerichtshof (BGH) am Mittwoch, den 23. Oktober 2024, entschieden (I ZR 67/23)​.


In dem zugrundeliegenden Fall ging es um einen Buchverlag, der Führer zu Halden des Ruhrgebiets herausgibt. Auf einigen der dort gezeigten Halden befinden sich (ebenfalls abgebildete) Kunstinstallationen. Die Luftbild­aufnahmen der Kunstinstallationen wurden mit Hilfe einer Drohne angefertigt. Die Schöpfer dieser Kunstinstal­lationen wehrten sich gegen diese Publikationen.
 

Das Urheberrecht gewährt dem Urheber an dem von ihm geschaffenen Werk u.a. das ausschließliche Recht, sein Werk zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen. Das Urheberrechtsgesetz (UrhG) sieht jedoch sog. Schrankenregelungen vor, die die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke unter bestimmten Bedingungen erlauben. Eine dieser Schranken ist die sog. Panoramafreiheit nach § 59 UrhG. Nach § 59 Absatz 1 Satz 1 UrhG ist es zulässig, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, mit Mitteln der Malerei oder Graphik, durch Lichtbild oder durch Film zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben.
 
 
Die Vorinstanzen gaben der Klage mit der Begründung statt, dass die Panoramafreiheit nur gelte, wenn fotografiert und weiterverwendet werde, was mit dem eigenen Auge von einem öffentlichen Ort aus gesehen werden könne. Da Menschen nicht fliegen könnten, könnten sie keine Dinge aus der Luft betrachten und fotografieren.
 

Menschliche Perspektive von öffentlichem Ort erforderlich?

Diese Argumentation folgt einer BGH-Entscheidung aus dem Jahre 2003 zum Hundertwasser-Haus (I ZR 192/00). Fotografien des Hundertwasser-Hauses von einem Privathaus aus unterfallen nach dieser Recht­sprechung nicht der Panoramafreiheit, weil es sich nicht um eine Perspektive von öffentlichen Straßen, Wegen oder Plätzen handele. Der BGH führte in diesem Urteil auch aus, dass nach der Panoramafreiheit die Luftauf­nahme eines urheberrechtlich geschützten Gebäudes nicht privilegiert sei, weil sie Teile des Gebäudes zeige, die von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen aus nicht zu sehen seien.
 
In der AIDA-Kussmund-Entscheidung des BGH aus dem Jahre 2017 stellte dieser indes klar, dass die Nennung von „Wegen, Straßen oder Plätzen“ in § 59 Absatz 1 UrhG lediglich beispielhaft und nicht abschließend sei (I ZR 247/15). Die Bestimmung erfasse jedenfalls alle Orte, die sich – wie Wege, Straßen oder Plätze – unter freiem Himmel befinden. Hierzu würden auch das Meer, Seewasserstraßen und Seehäfen gehören.
 
Das spricht dafür, auch den Luftraum als öffentlichen Ort anzusehen. In dieser Entscheidung ging es allerdings um den Standort des geschützten Werks – nicht um die Perspektive des Fotografierenden. Dieser kann Fotos von Seewegen oder dem Luftraum nur mit Hilfe von Hilfsmitteln, wie z. B. Schiffen, Flugzeugen oder eben Drohnen anfertigen.
 
Rein nach dem Wortlaut der Vorschrift des § 59 Absatz 1 UrhG kommt es allerdings lediglich darauf an, wo sich das Werk befindet und nicht der Fotografierende. Das Landgericht (LG) Frankfurt a. M. kam deshalb im Jahre 2020 zu dem Schluss, dass es ohne Belang sei, von wo aus das Werk fotografiert werde (2-06 O 136/20). Auch die entsprechende unionsrechtliche Schranke in Artikel 5 Absatz 3 Buchstabe h der Richtlinie 2001/29/EG sei weit auszulegen. Die richtlinienkonforme Auslegung ergebe, dass auch Luftbildaufnahmen von § 59 Absatz 1 UrhG gedeckt seien und auch der Einsatz von Hilfsmitteln nicht aus der Schutzschranke heraus führe.
 
Besteht der Zweck der Panoramafreiheit jedoch darin, es der Allgemeinheit zu ermöglichen, zu fotografieren, was sie in der Öffentlichkeit tatsächlich sieht, würden Drohnenaufnahmen nicht darunter fallen. Anderes könnte für Aufnahmen von einem Schiff oder aus einem Flugzeug heraus gelten, denn sie bilden ab, was ein Mensch tatsächlich gesehen hat.
 

BGH: Unzulässigkeit von durch Drohnen gefertigten Luftaufnahmen

Auch der BGH kam nunmehr zu dem Ergebnis, dass die Verwertung der Luftbildaufnahmen urheberrechtlich unzulässig war. Er wog die Informations- und Kommunikationsfreiheit der Werknutzer mit dem Interesse der Urheber, an der wirtschaftlichen Nutzung ihrer Werke angemessen beteiligt zu werden, ab. Im Falle der Nutzung von Drohnenaufnahmen fiele die Interessenabwägung zugunsten des Interesses der Urheber der fotografierten Werke aus. Diese Auslegung der Panoramafreiheit schöpfe in zulässiger Weise den bei Anwen­dung der Schrankenbestimmung des Artikel 5 Absatz 3 Buchstabe h der Richtlinie 2001/29/EG bestehenden Spielraum aus.
 
Aus welchen näheren Gründen der BGH die Anwendbarkeit der Panoramafreiheit auf Drohnenaufnahmen ablehnte, bleibt bis zur Veröffentlichung der Urteilsgründe abzuwarten. Aus diesen könnte sich insbesondere ergeben, ob Aufnahmen aus dem Luft- und Seeraum nach dem BGH grundsätzlich nicht der Panoramafreiheit unterfallen oder ob zwischen Drohnenaufnahmen und Aufnahmen aus Luft- und Wasserfahrzeugen heraus zu unterscheiden ist.
 
Wir halten Sie auf dem Laufenden. Zunächst bleibt Vorsicht geboten bei der Weiterverwertung von Urlaubs­fotos, die mit Hilfe von Drohnen, aber auch aus dem Flugzeug  oder Schiff heraus angefertigt wurden​.
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