Operative Analytics: Kombination von Transaktion und Analytics für ERP-Systeme

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​​​​veröffentlicht am 18. Juli 2018


Klassische IT-Landschaften unterscheiden zwischen transaktionalen Buchungssystemen und analytischen Systemen zur Entscheidungsunterstützung. Durch die Trennung wird es erschwert, Prozesse durchgängig zu bearbeiten und dabei fundierte (operative) Entscheidungen zu treffen. Technologie- und Systeminnovationen helfen, beide Bereiche zu integrieren. Aber wie genau funktioniert das und welche Anwendungsfälle sind schon heute vorhanden?

Operative Analytics für ERP-Systeme


 

Prozessabbildung und Entscheidungsfindung

ERP-Systeme sind bei Durchführung, Datenerfassung und Abwicklung von Prozessen im Unternehmens­konzept zentrale Bestandteile der IT-Landschaft. Fokussiert wird dabei v.a. die Abbildung der Wert­schöpfung (Verkauf, Beschaffung, Produktion, Versand) und des Finanzmanagements (FI/AM und Controlling) sowie weitere opera­tive Tätigkeiten (Instandhaltung, Immobilienverwaltung, Projektabbildung). Zusätzlich dazu kommuniziert das ERP-System mit weiteren operativen Spezialsystemen, die bestimmte Bereiche der IT-Abbildung mit detaillier­ten Funktionen unterstützen (z.B. SRM für Einkauf, CRM für Kundenmanagement, Shopfloor-Systeme zur Produktionssteuerung). Insgesamt sind alle operativen Systeme verantwortlich für den effizienten Ablauf der Wertschöpfungsprozesse und des damit benötigten qualitativen Datenmanagements.


Unter Business Intelligence (BI) werden alle Ansätze zusammengefasst, die sich mit der Auswertung von Unternehmensdaten zum Zwecke der Entscheidungsunterstützung und -findung beschäftigen. Dabei werden vornehmlich Daten aus operativen Systemen verwendet, verarbeitet und schließlich analysiert. Die entstan­denen Erkenntnisse helfen, das Unternehmen auszurichten sowie operative Prozesse zu gestalten und zu verbessern. Technisch wird Business Intelligence über IT-Systeme wie Datawarehouses (DWH) als Backend sowie als verschiedene Anwenderwerkzeuge (BI-Frontendwerkzeugen) abgebildet.


Typischerweise findet sich in klassischen IT-Landschaften eine Trennung zwischen operativen Systemen und analytischen Systemen, die u.a. durch eine getrennte Datenhaltung (Ladung) hervorgerufen wird. Damit entstehen Zeitverzüge in der Datenbereitstellung und BI-Landschaften werden vornehmlich als nachgelagerte, strategische Entscheidungsplattform, nicht aber als unmittelbare Prozessunterstützung eingesetzt.


(Predictive) Analytics bedeutet automatisierte Datenanalyse

Moderne ERP-Systeme (wie z.B. SAP S/4HANA oder Microsoft Dynamics 365) sind in der Lage, operative Prozessabbildung und operative Analyse direkt in einem System auf einer Datenbasis (Echtzeit) durchzu­führen. Dabei werden – anders als in früheren Systemversionen – die Analysen nicht etwa durch listenba­sierte Sonderauswertungen verfügbar gemacht, sondern vielmehr transaktionale Anwendungen (Trans­­aktionen) mit visuellen Zusatzinformationen unterlegt. Beispiele für die neuartige Darstellungsform sind die Oberflächen von SAP FIORI oder auch Absprungmöglichkeiten von SAP BO auf SAP FIORI. Insgesamt verschwimmen damit Systemgrenzen und operative Analysen werden Teil der Prozessbearbeitung, wodurch wir von embedded BI sprechen.


Über menschliche Datenanalysen hinausgehend, befinden sich Techniken und Methoden aus dem Bereich Data Mining und (Predictive) Analytics aktuell in rascher Entwicklung. Mit Ansätzen zur automatisierten Datenanalyse mit dem Ziel, Interpretationsvorschläge zu unterbreiten, wird der vorhandene Datenbestand im Unternehmen noch stärker und zielgerichteter genutzt. Dabei kommen Verfahren wie Clustering, Klassifikation, Assoziations­analyse und Regressionsverfahren ebenso zum Einsatz wie vorhersagende Methoden (Predictive, AI/KI), die anhand von Vergangenheitsdaten Wahrscheinlichkeitsaussagen zum künftigen Verhalten von Kunden, Maschinen und Mitarbeitern machen. Erfolgreiche Einsätze automati­sierter Datenanalysen sind v.a. bedingt durch die Identifikation sinnvoller Anwendungsfelder, dem Verständnis der Verfahren und der Operationalisierung (inkl. Ergebnisinterpretation) der Ergebnisnutzung.


Moderne Predictive-Werkzeuge senken die Einführungsschwelle

Data Mining und Predictive sind Verfahren, die sehr stark durch technische Vorgänge mit Bezug zu statistischen Modellen arbeiten. Die Identifikation von Anwendungsfeldern für einen sinnvollen Einsatz im Unternehmen hingegen ist eine fachliche Tätigkeit. Die Gesamtaufgabe ist damit eine höchst teamüber­greifende Schnittstellenfunktion; wie es in einem noch höheren Maße als bei einem reinen Reporting der Fall ist.


Neue IT-Werkzeuge (z.B. SAP Predictive Analytics, Microsoft Azure, IBM SAS) reduzieren die Komplexi­tätsaufgabe, indem sie technisch-statistische Verfahren in einer Modellierungsumgebung kapseln und es so auch technisch affinen Fachbereichen erlauben, den Einsatz der Verfahren voranzutreiben. Analytics wird damit (künftig noch mehr) eine weitere Disziplin der Datenauswertung, ähnlich wie es Reporting heute ist. Klar ist aber auch: Kenntnisse zu den Methoden, deren Annahmen, sowie grundlegendes technisches Verständnis und Werkzeugkenntnisse werden unbedingt benötigt. Ebenso werden für spezifische Anwen­dungsfälle und -anforderungen Individualumsetzungen (IT-Aufgabe) über den Werkzeugstandard hinaus erforderlich sein. Data Mining und Predictive Analyse bleiben damit Expertenaufgaben, die von Key Usern und Spezialabteilungen durchgeführt werden; lediglich der technische Anspruch verringert sich. Zusätzlich bleibt zu erwähnen, dass für die zielgerichtete Nutzung der Methoden die bereitgestellte und strukturierte Datengrundlage essenziell ist. Hier helfen Vorbereitung und BI-Landschaften, sodass sie als Grundlage für weiterführende, automatisierte Analysen verstanden werden können.


Kombination von Prozessabbildung und Analytics steigert die Prozessqualität

Um die entwickelten Modelle Anwendern bereitzustellen, können entweder zusätzliche Oberflächen genutzt oder aber operative Anwendungen – ähnlich dem Ansatz embedded BI – durch Data Mining und Predictive-Inhalte ergänzt werden. Damit werden operative Anwendungen/Transaktionen zu einer vollständig aufgabenbezogenen Gesamtoberfläche, in die Prozessfunktion, BI-Inhalte und vorhersagende Inhalte einfließen.


Der Mehrwert lässt sich an einigen Beispielen und Ideen darstellen. Sie sind über alle Prozessschritte im Unternehmen denkbar:

 

Bestellwesen/Bestellabwicklung:
  • Darstellen der bisherigen Liefertreue eines Lieferanten (BI), der Lieferantengruppierung (Clustering) und einer Wahrscheinlichkeitsaussage, wann die Lieferung eintreffen wird (Predictive)
  • Die Lieferantenauswahl erfolgt anhand von Qualitätskriterien

Rechnungsstellung:
  • Darstellen der bisherigen Skonto-Inanspruchnahme bzw. Zahlungsqualität (BI) und Prediction, mit welcher Skonto-Höhe der Kunde wann bezahlen wird
  • Gezielte Skontosteuerung zur Optimierung des Zahlungseingangs

Vertrieb:
  • Ausweis von Kundenkennzahlen (bisheriger Umsatz, Anzahl Bestellungen, Erfolgsquote) (BI) und Vorhersage der Angebotsannahme (Predictive)
  • Gezielte Sonderkonditionen, um die Beauftragung zu erhöhen

Produktion:
  • Darstellen von Fertigungsqualitätskennzahlen (Ausschuss, Ausfall) und automatisiertes Hochrechnen der „optimalen” Puffergrößen entsprechend dynamischer Rahmenbedingungen
  • Verbessern der Fertigungsqualität

 

Der Fokus der Anwendungen liegt damit darauf, die Aufgaben optimal zu unterstützen und weniger die technische Basis der IT-Systemlandschaft bereitzustellen.


SAP bietet eine Plattform für agil kombinierte Applikationen

Ist die eben beschriebene zentrale Applikation nun Vision oder bereits Realität? Die Antwort liegt in der Mitte. SAP bietet mit neuen Werkzeugen eine umfangreiche und v.a. integrierte Plattform, mit der die beschriebenen Lösungen umsetzbar werden. S/4HANA als zentrale ERP-Plattform, FIORI/UI5 als übergreifende Frontend­technologie, HANA als einheitliche Datenbanklösung und nicht zuletzt Werkzeuge wie SAP BO Predictive Analytics und SAP Leonard (KI) sind in der Zusammenarbeit genau auf diese integrierten Anwendungsfälle ausgerichtet.


Zusätzlich dazu werden Standard-Anwendungen, z.B. das FI Closing Cockpit oder die Lieferantenbe­wertung, in aktuellen Versionsständen bereitgestellt und weiterentwickelt. Kunden können selbst Ideen und Ansätze durch verfügbare IT-Werkzeuge der SAP vorantreiben und sogar über SAP Plattformen verbreiten. Ein vollständiges Durchdringen des Ansatzes ist allerdings (noch) nicht festzustellen.


Fazit

Moderne IT-Systeme treiben eine Verschmelzung der Teilaufgaben voran:
  • Operative Transaktionen kombiniert mit operativen Analysen sind bereits State-of-the-Art.
  • Techniken der automatisierten Datenanalyse (Data Mining, Analytics) werden durch Modellierungswerkzeuge leichter nutzbar.
  • Durch die Ergänzung von Transaktionen mit automatisierten Datenanalysen wird die Prozessbearbeitung noch besser unterstützt.
  • Für die erfolgreiche Einführung sind vollständig integrierte IT-Landschaften notwendig.
  • Mit SAP ist die Integration möglich und erste Anwendungen sind bereits zentral verfügbar.


In Zukunft wird damit die Aufgabe der Datenanalyse umfangreicher und noch stärker interdisziplinär ausgerichtet sein. Das rechtzeitige Bearbeiten und Gewinnen von Erkenntnissen zu neuen Methoden hilft Unternehmen, künftigen Herausforderungen und Entwicklungen begegnen zu können.

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