Stichwahl in Frankreich: Ein Überblick über die Kandidaten

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veröffentlicht am 6. April 2017,
zuletzt aktualisiert am 5. Mai 2017

  

Die diesjährigen Wahlen in Frankreich sind eindeutig die turbulentesten der vergangenen Jahrzehnte. Erstmals seit der Gründung der Fünften Republik 1958 sind am 23. April 2017 sowohl die republikanische als auch die sozialistische Partei im ersten Wahlgang („Premier Tour”) ausgeschieden.
  

  

In der Stichwahl („Deuxième Tour”) am 7. Mai 2017 werden die Franzosen nun vor die Wahl zwischen 2 politischen Außenseitern gestellt: Marine Le Pen, Kandidatin des rechtspopulistischen Front National, tritt gegen Emmanuel Macron, Anführer der erst im vergangenen Jahr gegründeten liberalen Partei „En Marche!” (zu dt. „In Bewegung!”), an. In den Vorwahlen hatten sie mit knapp 24 Prozent für Macron und 21 Prozent für Le Pen die meisten Stimmen erhalten.
 

Die französischen Wahlen spiegeln einen globalen Trend in Industrieländern und zeigen, dass die Trennlinie zwischen rechts und links an Bedeutung verliert, während eine neue Polarisierung der öffentlichen Meinung zwischen nach außen gerichteter „offener” Politik einerseits, die dem internationalen Handel und der Globalisierung positiv gegenübersteht, und einer „geschlossenen” und wirtschaftlich protektionistischen Politik andererseits in den Vordergrund tritt.
 

Während die ausgeschiedenen Kandidaten François Fillon und Benoît Hamon ihre jeweilige Wählerschaft (sie hatten knapp 20 und 6,4 Prozent der Stimmzettel erzielt) aufgerufen haben, in der Stichwahl für Emmanuel Macron und somit gegen Marine le Pen zu stimmen, weigern sich Jena-Luc Mélenchon und seine Parteieliten bisher, eine solche Aufforderung auch an ihre Wähler auszusprechen. Sie ziehen den Boykott der Wahl einer Stimmgebung für Macron als aus ihrer Sicht geringeres Übel vor. Es ist davon auszugehen, dass viele der fast 20 Prozent, die vergangene Woche für Mélenchon gestimmt haben, ebenso denken. Klar ist, dass ihre Wahlverweigerung bei der Stichwahl Marin Le Pen zu Gute kommen würde.
 
Unabhängig vom Wahlsieger wird die resultierende Neuausrichtung der französischen Politik weitreichende wirtschaftliche Folgen für Frankreich und die gesamte Europäische Union haben. Im Folgenden stellen wir kurz die Besonderheiten der Kandidaten zusammen, die als einzige Kandidaten dieser Wahl in keinem einzigen Punkt übereinstimmen.
 

 

Marine Le Pen von der rechtspopulistischen Partei Front National

Seit den wiederholten Terroranschlägen der vergangenen Jahre haben sich xenophobe Sentiments bestimmter Gruppen in der französischen Bevölkerung verstärkt und der Front National hat an Zulauf gewonnen.
 

Le Pen plant eine tiefgreifende Umgestaltung des öffentlichen Sektors durch die massive Reduzierung von Parlamentssitzen und Mitgliedern des Senats. Gleichzeitig will sie 15.000 Polizeibeamte einstellen, das Strafgesetz und Abschiebungsregelungen verschärfen sowie in 5 Jahren 40.000 neue Gefängnisplätze schaffen.
 

Le Pen sieht die Globalisierung als Bedrohung für französische Jobs und verfolgt eine protektionistische Wirtschaftspolitik mit gleichzeitig sozialistischen Zügen. Sie steht dem Außenhandel entgegen, will den französischen Franc wiedereinführen und ein EU-Austrittsreferendum nach britischem Vorbild durchführen. Zu ihren Wahlversprechen zählen folgende wirtschaftspolitische Maßnahmen:

  

            • Unternehmen, die von staatlichen Subventionen profitiert haben, dürfen für eine Dauer von 10 Jahren nicht an eine ausländische Gesellschaft veräußert werden
            • Erleichterung der administrativen und steuerlichen Lasten auf kleine bis mittlere Unternehmen, Verringerung von Sozialabgaben
            • Senkung der Körperschaftssteuer von KMUs von 33 Porzent auf 24 Prozent
            • Massive Erhöhung staatlicher Investitionen in Infrastrukturprojekte

 

Emmanuel Macron von der Partei „En Marche!”

Emmanuel Macron, einstiger Wirtschaftsminister der sozialistischen Regierung Hollands und ehemaliger Investmentbanker, ist nach derzeitigen Umfragen der wahrscheinlichste Wahlsieger. „En Marche!” zählt nach ihrem nur einjährigen Bestehen derzeit bereits 250.000 Mitglieder – mehr als doppelt so viele wie die Sozialisten. Als ausgesprochener EU-Befürworter verfolgt Macron eine Politik der wirtschaftlichen Öffnung durch internationale Handelsabkommen, die Deregulierung staatlich geschützter Industrien, einen stärkeren Wettbewerb und technologischen Fortschritt.
 

Macron will Staatsausgaben knapp halbieren und schlägt hierzu u.a. vor, 120.000 Stellen im öffentlichen Sektor zu streichen und 60 Mrd. Euro an jährlichen Staatsausgaben zu kürzen. Gleichzeitig will er innerhalb von 5 Jahren einen 50 Mrd. Euro schweren Investitionsplan umsetzen. Die Körperschaftsteuer wird laut seinem Programm von 33,3 Prozent auf den europäischen Durchschnitt von 25 Prozent gesenkt. Er kündigt an, einen Industrie- und Innovationsfonds zur Finanzierung der „Industrie der Zukunft” zu gründen, den er mit 10 Mrd. Euro ausstatten will. Die hierfür erforderlichen Mittel plant er aus dem Verkauf von Anteilen der öffentlichen Hand an Unternehmen mit minderheitlicher staatlicher Beteiligung zu erlangen (derzeit hält der französische Staat bspw. knapp 30 Prozent an Engie, fast 20 Prozent an Renault und etwa 14 Prozent der Peugeot SA).
 
Gleichzeitig strebt Macron zur Stärkung des französischen Arbeitsmarktes eine Beschneidung von Arbeitnehmerrechten an. Da sein Liberalisierungsprogramm sowohl Programmpunkte der Sozialisten als auch der Grünen aufnimmt, erscheint es jedoch deutlich milder als das Francois Fillons. Macron will die 35-Stunden-Woche sowie das derzeitige Rentenalter von 62 Jahren beibehalten. Außerdem soll Frankreich eine Vorreiterrolle in der Bekämpfung der hormonellen Behandlung von Landwirtschaftsprodukten sowie des Gebrauchs giftiger Pflanzenschutzmittel einnehmen.

 

Fazit

Abschließend ist festzustellen, dass es der allgemeinen Stimmung in Frankreich nach zu urteilen mit Blick auf die Wahlen dennoch Grund zum Optimismus gibt. In der Vergangenheit haben sich die Franzosen bereits klar für eine Teilhabe an der Europäischen Union ausgesprochen. Insbesondere unter dem Eindruck der unvorhersehbaren Lage in Großbritannien nach dem Brexit ist daher die Hoffnung darauf berechtigt, dass Frankreich seine Weltoffenheit bewahren kann.

 

Der Ausgang der französischen Wahlen wird auch beim diesjährigen Deutsch-Französischen Wirtschaftstag am 31. Mai 2017 ein großes Thema sein. Wir laden Sie herzlich dazu ein, an dieser Veranstaltung teilzunehmen. Zahlreiche Persönlichkeiten werden zu diesem Anlass in den Räumen der Deutsch-Französischen Industrie- und Handelskammer in Paris über politische, wirtschaftliche und digitale Fragen diskutieren.

 

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