Fernkontrolle von Arbeitnehmern in Italien durch eine Detektivagentur: die verschiedenen Rechtmäßigkeitsprofile

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 2. April 2024 | Lesedauer ca. 8 Minuten


Die Überwachung durch Detektivbüros ist eine Form der Fernkontrolle, die häufig von Arbeitgebern eingesetzt wird. Diese kann sich jedoch nur auf rechtswidrige Handlungen des Arbeitnehmers beziehen, die nicht auf die bloße Missachtung von Arbeitspflichten zurückzuführen sind.

 
  
Solch eine Tätigkeit fällt nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 3 des Arbeiterstatuts, der lediglich die Kontrolle durch das Aufsichtspersonal regelt. Falls der Arbeitgeber auf die Mitwirkung von Personen außerhalb der Belegschaft des Unternehmens zurückgreift - wie z. B. Detektivbüros -, spricht man daher häufig von "externen Kontrollen". Es ist hier darauf hinzuweisen, dass sich bereits in den 1970er Jahren eine Orientierung in der Rechtsprechung herausgebildet hat, die darauf abzielt, den Einsatz solcher externen Personen zum Schutze von Vermögenswerten des Unternehmens zu rechtfertigen – wobei auf das "defensive" Merkmal der Kontrolle hingedeutet wird - und die sich in der Folge allmählich verfestigt hat sowie unbestritten wurde. 

In der Lehre und Rechtsprechung ist jedoch umstritten, was tatsächlich Gegenstand der Kontrolle sein kann.
Diese Art von Kontrollen finden selbstverständlich in versteckter Form statt, da die Arbeitnehmer nicht im Voraus über ihre Vornahme informiert werden - und auch nicht informiert werden dürfen -, da sie andernfalls Maßnahmen ergreifen könnten, um sie zu umgehen. Dies ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass die Kontrolle selbst ihren Hauptzweck verfolgen kann, nämlich die Verifizierung der vom Arbeitnehmer begangenen rechtswidrigen Verhaltensweisen. 

Es ist daher wichtig zu unterscheiden, wann eine Handlung als rechtswidrig angesehen werden kann und somit eine versteckte Kontrolle rechtfertigt. 

Sicher ist, dass bloße Verstöße gegen vertragliche Verpflichtungen in Bezug auf die Arbeitsleistung vom Anwendungsbereich der Rechtswidrigkeit ausgenommen sind. Solche Verstöße können nur vom Arbeitgeber selbst oder vom Aufsichtspersonal überprüft werden, deren Namen und spezifische Aufgaben den Arbeitnehmern - nach einer besonderen Mitteilung des Arbeitgebers - notwendigerweise -gemäß Artikel 3 des Arbeiterstatuts- bekannt sein müssen. 

Ebenso fallen die fraglichen Kontrollen nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 2 des Arbeiterstatuts, welcher den Schutz der Vermögenswerte des Unternehmens durch Sicherheitskräfte regelt; auch die Bestimmung in Artikel 4, welche die Kontrollen durch audiovisuelle und/oder elektronische Instrumente und Geräte regelt, ist für diesen Zweck nicht relevant. 

Es ist daher notwendig, sich auf die vorherrschenden Orientierungen der Rechtsprechung zu konzentrieren, da - es sei daran erinnert - die Gerichte der Ort sind, an dem das Konzept der "defensiven Kontrolle" seinen Ursprung hat. Vor Kurzem hat der Kassationsgerichtshof in seinem Beschluss Nr. 6468 vom 12. März 2024 die disziplinarische Kündigung eines Arbeitnehmers wegen unbegründeter Abwesenheit für rechtmäßig erachtet, die durch eine von einem Detektivbüro durchgeführte Kontrolle im Anschluss an ein anormales Verlassen des Arbeitsplatzes festgestellt wurde, das mit der Inanspruchnahme von bezahlten Freizeiten gemäß Artikel 33 des Gesetzes Nr. 104/1992 zugunsten der Pflege von kranken Eltern einherging.

Der Arbeitnehmer hatte die Rechtswidrigkeit der Inanspruchnahme des externen Detektivbüros beanstandet und geltend gemacht, dass die durchgeführten Kontrollen ausschließlich der Überprüfung der Arbeitsleistung dienten.

Der Kassationsgerichtshof hielt die Beanstandungen des Arbeitnehmers für unbegründet und argumentierte, dass die dem Detektivbüro übertragene Kontrolle rechtmäßig ist, wenn sie nicht die Arbeitsleistung betrifft, sondern darauf abzielt, Verhaltensweisen festzustellen, die strafrechtlich relevante oder betrügerische Handlungen einschließen können, "wie im Falle einer Kontrolle, die darauf abzielt, die missbräuchliche Verwendung von bezahlten Freizeiten  durch einen Arbeitnehmer gemäß Artikel 33 des Gesetzes Nr. 104/1992 festzustellen".

Das Gericht stellte außerdem klar, dass der von der Verteidigung des Arbeitnehmers vorgebrachte Verweis auf das Urteil des Kassationsgerichtshofs Nr. 25287 vom 24. August 2022 -das zwar in einem mit dem untersuchten Fall sachlich zusammenhängenden Fall erging- sich aber auf eine Angelegenheit bezog, in dem die missbräuchliche Inanspruchnahme von bezahlten Freizeiten gemäß dem Gesetz Nr. 104 von 1992 nicht Gegenstand der Beanstandung war, nicht relevant war. Das Urteil von 2022 betraf den Fall der Kündigung eines Arbeitnehmers, dem beanstandet wurde, den Arbeitsplatz während der Arbeitszeit verlassen zu haben, um Aufgaben außerhalb seiner Tätigkeit wahrzunehmen, da Termine -die nichts mit der Tätigkeit und dem Arbeitsort zu tun hatten (z. B. in Supermärkten und Fitnessstudios) - durch Kontrollen eines Detektivbüros aufgezeichnet worden waren.

Im zweiten Fall wurde die externe Kontrolle durch ein Detektivbüro daher als unrechtmäßig angesehen, da sie sich auf die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers bezog und nicht, wie im Fall des Urteils vom März, auf einen Betrugsfall zu Lasten der I.N.P.S. (Italienische Sozialversicherungsanstalt) - und damit auf eine Straftat - wie die unrechtmäßige Nutzung der vom Gesetz Nr. 104 von 1992 vorgesehenen bezahlten Freizeiten.

Um auf den untersuchten Fall zurückzukommen: Die unrechtmäßige Inanspruchnahme von bezahlten Freizeiten im Sinne des Gesetzes Nr.104/1992 fällt in den Bereich der rechtswidrigen Handlungen, da sie -wie bereits erwähnt- sowohl einen Betrug gegenüber der I.N.P.S. als auch einen Missbrauch der gesetzlich eingeräumten Rechte für unzulässige persönliche Zwecke darstellt (sowie eine nicht wiedergutzumachende Schädigung des dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegenden Treueverhältnisses). Der Arbeitnehmer verstößt also nicht nur gegen den Arbeitsvertrag und die betrieblichen Richtlinien, sondern begeht auch einen Betrug an der Sozialversicherungsanstalt, indem er in betrügerischer Absicht Mittel und Einrichtungen nutzt, die für Situationen tatsächlicher Bedürftigkeit, wie die Unterstützung eines behinderten Familienmitglieds, vorgesehen sind.

Vor kurzem hat das Arbeitsgericht Rom mit Beschluss vom 14. März 2023 auch über die Überwachung des Arbeitgebers durch ein Detektivbüro entschieden.  Im vorliegenden Fall wurde ein Arbeitnehmer wegen 18 verschiedenere Nichterfüllungen seiner Pflichten und regelwidriger Ausführungen seiner Arbeitstätigkeit, die in einem Zeitraum von drei Monaten stattfanden, gekündigt. Der Arbeitgeber hatte festgestellt, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitszeiten nicht einhielt, seinen Arbeitsplatz ungerechtfertigt verließ, während der Arbeitszeit privaten Tätigkeiten nachging und bestimmte Firmeneigentümer für private Zwecke nutzte, die nicht mit der Erfüllung seiner Aufgaben zusammenhingen. Der Richter wies die Verteidigung des Arbeitnehmers in vollem Umfang zurück und stellte fest, dass der Arbeitgeber auch mit Hilfe externer Personen Kontrollen durchführen kann, die darauf abzielen, das Vorliegen rechtswidriger, wenn auch nicht strafrechtlich relevanter, Verhaltensweisen zu prüfen, wie z. B. Falschbescheinigung der geleisteten Arbeitszeiten durch den Arbeitnehmer oder Verlassen des Arbeitsplatzes zu privaten Zwecken.

Es ist offensichtlich, dass der Inhalt der oben genannten Entscheidung in klarem Gegensatz zum Beschluss des Kassationsgerichtshofs und -allgemeiner- zu den jüngsten Orientierungen der Rechtsprechung steht. Der Richter in Rom bekräftigte, dass sich das Verbot des Einsatzes von Detektivbüros auf die bloße Überprüfung der Leistung oder Nichterfüllung der Arbeitspflichten des Arbeitnehmers beschränkt, betrachtete aber dennoch die Entfernung vom Arbeitsplatz als ein Verhalten, das private Ermittlungen rechtfertigt, auch wenn es sich dabei im Grunde um eine Verletzung der vertraglichen Verpflichtungen handelt. 

Streng genommen hätte die Kontrolle in diesem Fall vom Arbeitgeber allein oder von einem, in der hierarchischen Organisation des Unternehmens eingebundenen, Arbeitnehmer ausgeübt werden können, da sie sich ausschließlich auf die bloße Überprüfung der Arbeitsleistung (Anwesenheit des Arbeitnehmers auf dem Betriebsgelände und regelmäßige Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben) konzentrierte. 

Aus den obigen Ausführungen wird deutlich, dass in solchen Fällen die ständige Suche nach der rechtswidrigen Handlung oder zumindest des begründeten Verdachts ihrer Umsetzung im Mittelpunkt des Interesses der Interpreten steht. Wie die vorherrschende Lehre weithin argumentiert, läuft die Legitimität der verdeckten Kontrollen in Bezug auf die Rechtswidrigkeit der vom Arbeitnehmer begangenen Handlungen Gefahr, zu einem Mittel zu werden, das jede Überwachung zulässt. Es ist nämlich nicht einfach, die Investigationstätigkeit von der Kontrolle der Arbeitstätigkeit zu trennen, wenn es darum geht, rechtswidrige Praktiken festzustellen, die während der Ausübung der Arbeitstätigkeit begangen wurden. Eine Rechtswidrigkeit, die im Übrigen erst im Nachhinein – d.h. nach Beginn der Kontrolle- festgestellt werden kann.

Wie das Urteil des Gerichts in Rom zeigt, ist die Orientierung der Rechtsprechung jedoch nicht eindeutig, und die Grenzen, innerhalb derer der Rückgriff auf ein Detektivbüro legitim ist, scheinen in der Theorie zwar klar, jedoch in der Praxis oftmals unklar. Während die Rechtsprechung einerseits auf dem Grundsatz beharrt, dass die Arbeitstätigkeit nicht Gegenstand von Kontrollen sein kann, widerspricht sie sich andererseits stark selbst, wenn sie den Einsatz von Investigatoren zur Überwachung der Einhaltung der Arbeitszeiten rechtfertigt.

In einigen Fällen scheint der Kassationsgerichtshof eine restriktive Auslegung gewählt zu haben, indem er das Feld von rechtswidrigen Handlungen auf strafrechtlich relevante oder betrügerische Handlungen beschränkt hat, wie im Urteil vom 12. März dieses Jahres. Bei einer weitergehenden Auslegung bestünde die Gefahr, dass jede Pflichtverletzung, die nicht ausschließlich mit der Arbeitsleistung zusammenhängt, oder jedes Verhalten, das den Interessen des Arbeitgebers schadet, in diese Kategorie einbezogen werden würde.

Auch die Orientierungen des Kassationsgerichtshofs -obwohl sie scheinbar in Richtung des allgemeineren Grundsatzes der "Rechtswidrigkeit" des Verhaltens als einzige Voraussetzung für die Rechtfertigung von defensiver Kontrolle gefestigt sind- führen zu einer notwendigen Reflexion. In einigen Fällen ist die Kontrolle beispielsweise bei "schwerwiegendem Verhalten, das geeignet ist, das Vertrauen des Arbeitgebers zu verlieren" gerechtfertigt (vgl. Kass. 23. Juni 2011, Nr. 13789), in anderen bei "rechtswidrigem Verhalten außerhalb der Arbeitszeit, das disziplinarisch relevant ist und dem Arbeitgeber Schaden zufügt" (vgl. Kass. 22. Mai 2017, Nr. 12810) und weiter, wie gesehen, bei "strafrechtlich relevanten Hypothesen". Richtig ist aber auch, dass ein dem Vertrauensverhältnis abträgliches Verhalten durchaus ein schwerwiegendes Verhalten gegenüber dem Arbeitgeber darstellen kann, aber gleichzeitig nicht automatisch einen Straftatbestand erfüllt. 

Der rechtliche und juristische Rahmen für den Einsatz von Detektivbüros zur Überwachung von Arbeitnehmern ist daher sehr komplex. Eine mögliche Alternative ist die direkte Überprüfung der Arbeitsleistung durch den Arbeitgeber, da er berechtigt ist, auch außerhalb des Firmengeländes zu kontrollieren, ohne auf externe Stellen zurückgreifen zu müssen: Eine Notwendigkeit, die oft völlig überflüssig und auch kostspieliger ist. Der Arbeitgeber ist nämlich nicht daran gehindert, sich persönlich an die Orte zu begeben, an denen er den Arbeitnehmer während der Arbeitszeit vermutet, um sich persönlich von der Vertragsverletzung zu überzeugen. Zusammenfassend lässt sich daher sagen, dass der Einsatz von Detektivbüros sich auf die Prüfung von Situationen beschränken sollte, die bereits stark kompromittiert sind und bei denen ein begründeter Verdacht besteht, dass tatsächlich strafrechtlich relevante Handlungen begangen werden.
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