Steuerliche Effekte des Werkaufbaus in Indien

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veröffentlicht am 25. November 2020 | Lesedauer ca. 5 Minuten


Ein Produktionsunternehmen in Indien aufzubauen beinhaltet viele Schritte. Einige sind aus indischer Sicht steuerlich und rechtlich besonders bedeutsam. Ausgangs­punkt ist der Bedarf des neu gegründeten Produktions­unter­nehmens. Zur Herstellung der Waren benötigt es Know-how der deutschen Muttergesellschaft und speziell angepasste neue Produktions­anlagen. Sie sollen von der deutschen Muttergesell­schaft geliefert und installiert werden.



Werksaufbau und Besteuerung des deutschen Unternehmens

Das deutsche Unternehmen erzielt durch den Verkauf der Produktionsanlagen, durch ihren Aufbau und Trainingsleistungen sowie durch Lizenzgebühren Einkünfte aus Indien. Für einen Teil dieser Einkünfte hat Indien ein beschränktes Besteuerungsrecht.

Zum einen betrifft das Einkünfte aus technischen Dienstleistungen, d.h. aus der Montage selbst und das angeschlossene Training. Sie unterliegen in Indien der Quellensteuer – gedeckelt durch das Doppelbesteue­rungsabkommen (kurz: DBA) mit Deutschland i.H.v. 10 Prozent. Je nach Fall und vertraglicher Gestaltung werden ebenfalls Einkünfte aus Planung und Design der Anlage erfasst. Das gilt selbst, wenn beides nicht in Indien geschieht. Lizenzgebühren für die Nutzung des Produktions-Know-hows unterliegen ebenfalls der Quellensteuer i.H.v. 10 Prozent. In vielen Konstellationen ist die Quellensteuer ein Kostenfaktor für die deutsche Gesellschaft. Grund ist die begrenzte Abzugsfähigkeit in Deutschland.


Sehen Sie für mehr Informationen unser entsprechendes FAQ Indien: Quellensteuern, Steuerregistrierung (PAN) und Steuerdeklaration.


Die steuerlichen Konsequenzen verkomplizieren sich, falls die Montage in einer steuerlichen Betriebsstätte der deutschen Gesellschaft resultiert. Nach dem DBA Deutschland-Indien geschieht das ab einer Montagedauer von sechs Monaten. Für die Fristberechnung ist nicht die Aufenthaltsdauer einzelner Mitarbeiter in Indien maßgebend. Sie beginnt i.d.R. mit der Einreise des ersten mit Montage (oder Vorarbeiten) betrauten Mitar­beiters und endet mit der Ausreise des letzten Mitarbeiters, meist nach Abschluss der Inbetriebnahme. Einsatzzeiten von Subunternehmern, egal aus welchen Ländern, sind zur Fristberechnung einzubeziehen. Unterbrechungen sind regelmäßig unbeachtlich. Das gilt nach aktueller Auffassung (Stand: Oktober 2020) der OECD auch für Unterbrechungen aufgrund von Reisebeschränkungen durch die Covid-19-Krise.

Wir, die Autoren des Artikels, stimmen der Auffassung jedoch nicht zu. Unserer Ansicht nach ist das Auftreten des Coronavirus so außergewöhnlich und ggf. auch die Ab­wesenheits­zeit im Vergleich zur An­wesenheits­zeit vor Ort so erheblich, dass Unterbrechungen ausgenommen werden sollten. Zumindest ist der Einzelfall zu betrachten. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsauffassung in Indien und Deutschland entwickelt. Österreich übernimmt aktuell die Auffassung der OECD.

Zu beachten ist, dass neben Montagetätigkeiten auch isolierte Montageüberwachungen ausreichen, um eine Betriebsstätte in Indien zu begründen. Es ist daher nicht erforderlich, dass der tatsächliche Werkaufbau durch die deutsche Gesellschaft erfolgt. Das gilt zumindest dann, wenn es sich um eine sog. „verantwortliche” Überwachung handelt. Berätdie deutsche Gesellschaft lediglich die indische Gesellschaft, gelten andere Regelungen.

Der Betriebsstättengewinn unterliegt in Indien einer Steuer von ca. 43 Prozent. Nicht Teil des Betriebsstätten­gewinns ist üblicherweise der Gewinn aus der Lieferung der Waren bzw. der Anlage selbst. Deutsche Unternehmen sind durch die abkommensrechtliche Regelung besser geschützt als z.B. österreichische Unternehmen. Durch eine entsprechende Ausgestaltung der Lieferbedingungen kann das Risiko weiter abgesenkt werden. Dennoch kommt es stets zu Doppel­besteuerungs­effekten, trotz der Existenz des DBA. Betroffen ist für Deutschland (und Österreich) in vielen Fällen v.a. der Gewinn aus dem Einsatz von Subunternehmern bei der Montage vor Ort. Auch umsatzsteuerliche Kosten können auftreten – besonders, wenn das deutsche Unternehmen indische Subunternehmer einschaltet.


Für weitere Einzelheiten sehen Sie: Indien: FAQ Bau- und Montagebetriebsstätten.


Abzugsfähigkeit der Kosten beim Produktionsunternehmen

Aufwand, der vor oder bei Gründung der Gesellschaft anfällt, lässt sich auf fünf Jahre verteilt abschreiben. Das betrifft v.a. Kosten der Rechtsberatung und Machbarkeitsstudien. Es gelten allerdings Höchstbeträge, die sich prozentual am Wert der Sachanlagen und am Stammkapital der Gesellschaft orientieren.

Grundsätzlich nicht abzugsfähig ist Aufwand, der nach Gründung, aber vor Aufnahme der Geschäftstätigkeit anfällt. Bei Produktionsunternehmen gilt als Aufnahme der Geschäftstätigkeit i.d.R. der Start der Produktion. Dieser Zeitpunkt kann durchaus recht spät nach Gründung der Gesellschaft liegen. Bis alle Produktionsmittel aufgebaut und einsatzbereit sind, vergeht Zeit. Vom Abzugsverbot betroffen sind Zahlungen für Miete und Gehälter. Ausnahmen lassen sich in Grenzen für Vertriebsmitarbeiter begründen, da sie frühzeitig mit der Kundenakquise beginnen. Schwierig wird es hingegen bei Aufwendungen für Verwaltungspersonal. Selbst anteilig lassen sich deren Kosten meist nicht abziehen.

Aufwand für die Anschaffung der Produktionsanlagen wird aktiviert und degressiv in Gruppen abgeschrieben. Darunter fallen auch die Kosten für eigenes, z.B. bei der Montage eingesetztes Personal.


Für Details zur Besteuerung indischer Gesellschaften sehen Sie: Indiens Steuerrecht: Auf die Details kommt es an.


Fremdüblichkeitsgrundsatz

Ihre Grenzen findet die steuerliche Abzugsfähigkeit von Aufwand im Fremdüblichkeitsgrundsatz. Zumindest dann, wenn der Aufwand aus Geschäftsvorfällen mit verbundenen Unternehmen resultiert. Nur solche Kosten, die dem indischen Unternehmen zugutekommen sind dem Grunde nach abzugsfähig. Personal- und Reisekosten für typische Kontrollfunktionen der Gesellschafter sind das nicht. Ferner muss der Aufwand auch der Höhe nach angemessen sein. Beim Ankauf von Produktionsanlagen wird selten ein Drittvergleichspreis existieren, sodass zumindest bei einem Lizenz- oder Eigenfertiger eher die Bruttomarge der Konzerngesell­schaft eine Orientierungshilfe bietet (Kostenaufschlagsmethode). Ähnliches gilt für Dienstleistungen der deutschen Gesellschaft.

Umgekehrt ist gegenüber dem indischen Zoll darzustellen, dass die Produktionsanlagen nicht zu günstig eingekauft wurden, um Zollabgaben zu sparen. Eine gegenseitige Maßgeblichkeit der Feststellungen von Finanz- und Zollverwaltung gibt es nicht. Beeinflusst wird der Zollwert der Anlagen durch die Lizenzgebühr für das Produktions-Know-how.


Auslandsdarlehen

Die Produktionsanlagen müssen finanziert werden. Aufgrund der anfänglich fehlenden Umsätze bleibt dafür nur die Aufnahme von Stamm- oder Fremdkapital. Die Zinsen indischer Banken sind hoch, sodass oft die Muttergesellschaft Kapital zur Verfügung stellen wird. Geschieht das nicht in Form von Stammkapital, sondern als Darlehen, gelten in Indien strenge Regeln. Insbesondere die Höhe der Zinsen ist nach oben gedeckelt und eine Mindestlaufzeit vorgegeben. Grundsätzlich macht die notwendige Mindestlaufzeit aufgrund der nur langfristig sinnvollen Finanzierungen von Maschinen und Anlagen keine Schwierigkeiten. Zu beachten ist jedoch, dass bei der Bemessung der Laufzeit eines Darlehens Tilgungszahlungen zu berücksichtigen sind.

Ein ratierlich und gleichmäßig über fünf Jahre zu tilgendes Darlehen hätte eine gewichtete Laufzeit von nur drei Jahren. Diese gewichtete Laufzeit ist maßgeblich. Zudem ist zu beachten, dass vor Abruf des Darlehens Meldeverfahren bei der Reserve Bank of India (kurz: RBI) –über die indische Hausbank – zu durchlaufen sind. Unbedingt zu vermeiden sind typische „Auslagen” für Aufwendungen der neuen Gesellschaft, z.B. die direkte Zahlung von Reservierungsgebühren für ein Grundstück durch das deutsche Unternehmen, ohne das Meldeverfahren zu durchlaufen. Entsprechende Verstöße sind sanktioniert und nur schwer zu korrigieren.


Mitarbeiterüberlassung

Einige Mitarbeiter des deutschen Unternehmens werden nach Abschluss des Aufbaus und Trainings in Indien verbleiben. Sie unterstützen dauerhaft Produktion und Vertrieb vor Ort. Soweit durch sie Know-how des deutschen Unternehmens überlassen wird, ist ihre Überlassung mit der Lizenzgebühr zu vergüten. Mit Eingliederung in den Betrieb der indischen Gesellschaft wechselt auch der wirtschaftliche Arbeitgeber nach Indien. Es ist wichtig, mit einer Anstellung in Indien auch den rechtlichen Arbeitgeber komplett nach Indien wechseln zu lassen. Es wäre für das deutsche Unternehmen schwierig, die zwingenden Lohnsteuerpflichten in Indien zu erfüllen. Noch schwieriger wäre es, der indischen Finanzverwaltung zu erklären, dass die deutsche Gesellschaft durch die Tätigkeit ihrer (rechtlich) eigenen Mitarbeiter in Indien nicht auf Dauer eine steuerliche Betriebsstätte in Indien begründet.

Die rechtlichen und steuerlichen Folgen des Werksaufbaus in Indien können durch eine sorgfältige Planung rechtzeitig erkannt und gestaltet werden. Ziel ist es, negative Überraschungen und typische Fehler zu vermei­den, sodass ein erfolgreicher Start in das Indiengeschäft von Anfang an gelingen kann.

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