Endlich Klarheit: BGH zum Fototapetenfall – Urheberrechte an ihren Grenzen

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​​​​​​veröffentlicht am 24. Oktober 2024 | Lesedauer ca. 3 Minuten


Fototapeten sind weithin bekannt und oft ein Blickfang im Büro. Doch stellt sich die Frage, ob man Bilder, auf denen im Hintergrund das Motiv einer Fototapete zu sehen ist, teilen darf, ohne das Recht zur Vervielfältigung und das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung des Fotografen zu verletzen. Was die Karlsruher Richter hierzu entschieden haben und warum das Urteil nicht nur für Fototapeten von Bedeutung ist, erfahren Sie hier.


​Es landeten gleich drei Verfahren bei dem I. Zivilsenat des BGH. Geklagt hatte ein von einem Berufsfotografen gegründetes Unternehmen, welches die von dem Fotografen aufgenommenen Bilder als Fototapete vermarktet.

Diese Tapete wurde auf Bildern und Videos im Internet geteilt: Zum einen war die Tapete im Hintergrund mehr­erer Facebook-Beiträge einer Privatperson zu erkennen. Zudem tapezierte ein Hotel seine Hotelzimmer mit ebendieser Tapete und warb mit den tapezierten Zimmern auf der eigenen Website. Außerdem veröffentlichte eine Web- und Medienagentur auf ihrer Website einen Screenshot einer von ihr gestalteten Website für ein Tenniscenter, welches seinen Gastraum mit dieser Tapete dekoriert hatte.
  
Gegen diese drei Beklagten ging das Unternehmen vor und verlangte Unterlassung, Schadensersatz, Auskunft und die Erstattung der Abmahnkosten.

Urheberrechte an Fototapeten​

Zu klären blieb nun die Frage, ob es sich bei der Nutzung von Abbildungen einer Fototapete im Internet um eine Verletzung des Rechts zur Vervielfältigung und des Rechts zur öffentlichen Zugänglichmachung des Urhebers handelt. Diese Rechte stehen gemäß §§ 16, 17 UrhG (Urheberrechtsgesetz) grundsätzlich nur dem Urheber zu. Jedoch hat auch der Schutz dieser Rechte seine Grenzen.

BGH: Klare Absage für den Urheber​​

Der BGH entschied am 11. September 2024 (Urteile vom 11. September 2024 –​ I ZR 139/23; I ZR 140/23; I ZR 141/23) in allen drei Fällen, dass eine konkludente  – also stillschweigende – Einwilligung des Berechtigten in die Vervielfältigung und öffentliche Zugänglichmachung vorliegt und die Verletzung somit gerechtfertigt ist. Der Berechtigte muss danach mit üblichen Nutzungshandlungen rechnen, wenn er Nutzern sein Werk ohne Ein­schränkungen zugänglich macht.

Eine konkludente Einwilligung liegt dann vor, wenn nach dem objektiven Erklärungsinhalt aus der Sicht eines Erklärungsempfängers das Verhalten als üblich anzusehen ist. Die Vervielfältigung des Tapetenmotivs durch das Anfertigen von Fotografien und Videoaufnahmen von mit der Tapete dekorierten Räumen und deren Ein­stellen im Internet – sowohl zu privaten als auch zu gewerblichen Zwecken – ist üblich und ist somit für den Berechtigten vorhersehbar. Der Fotograf hätte sich beim Verkauf der Tapete durch vertragliche Nutzungs­beschränkungen hinreichend schützen können. Ob die Tapete damit noch gekauft worden wäre, ist allerdings eine andere Frage.

Die Einwilligung musste auch nicht direkt demjenigen gegenüber erklärt werden, der in das Urheberrecht ein­greift wie im Fall der Web- und Medienagentur. Es reicht aus, wenn der Berechtigte sich so verhält,  dass  er – aus der Sicht eines objektiven Dritten – den Eingriff in seinen Rechtskreis gestattet.

Zudem bestehen keine Ansprüche wegen der Verletzung des Urheberbenennungsrecht gemäß § 13 Satz 2 UrhG, weil der Urheber hierauf durch schlüssiges Verhalten verzichtet hat.

Risiken für Unternehmen​​

Zwar hat wohl nicht jedes Unternehmen seine Büros mit einer Fototapete dekoriert, trotzdem ist die Entschei­dung auch im Unternehmenskontext relevant. Bei der Verwendung von Abbildungen, die Unternehmen ver­wenden, sollte mit der nötigen Vorsicht vorgegangen werden. Dazu gehören nicht nur Produktbilder sondern etwa auch Bilder vom Unternehmenssitz oder Bilder mit Mitarbeitern oder Dritten im Hinter- oder Vordergrund. Bei allen Bildern kann das Urheberrecht oder Recht am eigenen Bild betroffen sein, wenn neben dem eigent­lichen Gegenstand der Abbildung auch andere Dinge oder Personen gezeigt werden.

Denn nicht immer kann man sich – wie hier – darauf verlassen, dass der Urheber durch eine konkludente Ein­willigung die Verbreitung seines Werkes erlaubt hat.​​

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Dr. Susanne Grimm

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Gewerblichen Rechtschutz, Leiterin Praxisgruppe IP & Media Deutschland

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