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veröffentlicht am 7. Dezember 2022 | Lesedauer ca. 5 Minuten
Die steuerliche Betriebsprüfung gilt als bürokratisch, langwierig und wenig digitalisiert. Das Gesetzgebungsvorhaben „DAC 7-Umsetzungsgesetz und Modernisierung des Steuerverfahrensrechts“ enthält erste Änderungen zur Modernisierung der Betriebsprüfungen. Allerdings enthält es auch einige Verschärfungen für den Steuerpflichtigen. Weitere Gesetzgebungsvorhaben sollen noch folgen.
Die Modernisierung der Betriebsprüfung ist ein Vorhaben, dass bereits seit Jahren gefordert und auf vielen Ebenen diskutiert wird. Die Vorschläge hierzu sind vielfältig. Das vorrangige Ziel ist meist die Beschleunigung der Betriebsprüfungen innerhalb der Unternehmen und bei der Finanzverwaltung, um eine zeitnahe Rechtssicherheit für Steuerpflichtigen zu erhalten. So werden Prüfungserleichterungen bei der Implementierung eines sog. Tax Compliance Management Systems sowie der Ausbau von internationalen Joint Audits vorgeschlagen. Die genaue Ausgestaltung der sog. zeitnahen Betriebsprüfung oder auch die sog. begleitende Kontrolle wie sie in Österreich eingeführt wurde, wird regelmäßig auf den Prüfstand gestellt. Grundsätzlich wird der Wunsch an die Finanzverwaltung herangetragen, dass ein Wechsel von der klassischen Eingriffsverwaltung hin zu einem kooperativen Steuervollzug mit neuer Rollenaufteilung erfolgen sollte. Der Gesetzgeber hat nun erste Änderungen zur Modernisierung der Betriebsprüfung auf den Weg gebracht. Die meisten Änderungen sollen ab dem Jahr 2025 wirksam werden. Einige Änderungen sind bereits ab dem 1. Januar 2023 gültig.
Es soll eine Testphase zur Erprobung alternativer Prüfungsmethoden vom 1. Januar 2023 bis zum 31. Dezember 2029 eingeführt werden. Der Steuerpflichtige kann auf Antrag Prüfungserleichterungen in Form von Beschränkungen von Art und Umfang der Ermittlungen bei der Betriebsprüfung erhalten. Hierfür muss im Rahmen einer vorherigen Betriebsprüfung die Wirksamkeit eines implementierten Steuerkontrollsystems überprüft worden sein und kein oder nur ein unbeachtliches steuerliches Risiko für die wichtigsten Steuern bestehen. Ist das erfüllt, kann unter der Voraussetzung, dass keine Änderungen der Verhältnisse eintreten, eine verbindliche Zusage der Prüfungserleichterungen erfolgen. Diese erfolgt unter dem Vorbehalt des Widerrufs.Der Steuerpflichtige hat Veränderungen des Kontrollsystems zu dokumentieren und sie der Finanzbehörde unverzüglich schriftlich oder elektronisch mitzuteilen.
Die derzeit gültige Ablaufhemmung bei Betriebsprüfungen besagt, dass bei Beginn einer Betriebsprüfung vor Ablauf der Festsetzungsfrist, die Festsetzungsfrist nicht abläuft, bevor die auf Grund der Betriebsprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind oder nach Bekanntgabe der Mitteilung, dass keine Änderungen vorgenommen werden, drei Monate verstrichen sind. Die Festsetzungsfrist endet spätestens, wenn seit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Schlussbesprechung stattgefunden hat, oder, wenn sie unterblieben ist, seit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die letzten Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung stattgefunden haben, die Fristen zur Festsetzung verstrichen sind.
Das bedeutet, dass nach derzeitiger Rechtslage die Ablaufhemmung vom Abschluss der Betriebsprüfung abhängig ist. Solange die Betriebsprüfung nicht abgeschlossen ist, erfolgt kein Ablauf der Festsetzungsfrist.Zur Beschleunigung der Betriebsprüfung soll das nun geändert werden: Die Ablaufhemmung endet spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben worden ist. Bei Antrag des Steuerpflichtigen auf Aufschub oder Unterbrechung der Prüfung verlängert sich die Frist. Erstmals anzuwenden für Steuern und Steuervergütungen, die nach dem 31. Dezember 2024 entstehen.
Im Rahmen der Betriebsprüfung soll ein sog. Teilabschlussbescheid eingeführt werden. Einzelne, im Rahmen einer Betriebsprüfung für den Prüfungszeitraum ermittelte und abgrenzbare Besteuerungsgrundlagen können damit gesondert festgestellt werden. Das ermöglicht eine Feststellung, bevor ein endgültiger Prüfungsbericht ergangen ist. Vor Erlass eines Teilabschlussbescheids ergeht ein Teilprüfungsbericht. Im endgültigen Prüfungsbericht ist auf den Teilabschlussbescheid hinzuweisen. Es ist keine Erklärung zur gesonderten Feststellung für den Teilabschlussbescheid abzugeben. Unter bestimmten Voraussetzungen kann eine verbindliche Zusage gem. § 204 AO bereits nach Erlass eines Teilabschlussbescheids, aber vor dem Abschluss der Betriebsprüfung ergehen. Auf Antrag des Steuerpflichtigen soll ein Teilabschlussbescheid ergehen, wenn daran ein erhebliches Interesse besteht und das vom Steuerpflichtigen glaubhaft gemacht wird. Erstmals anzuwenden für Steuern und Steuervergütungen, die nach dem 31. Dezember 2024 entstehen. Abweichend dazu für Steuern und Steuervergütungen, die vor dem 1. Januar 2025 entstehen anzuwenden, wenn nach dem 31. Dezember 2024 eine Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde.­
Die Regelung zur Bekanntgabe der Prüfungsanordnung soll um die Möglichkeit der Anforderung von aufzeichnungs- oder aufbewahrungspflichtigen Unterlagen mit der Prüfungsanordnung erweitert werden. Die Vorlage der Unterlagen soll mit einer angemessenen Frist versehen werden, deren Fristende bereits vor dem Beginn der Betriebsprüfung liegen kann. Nach der Vorlage der Unterlagen sollen dem Steuerpflichtigen die beabsichtigten Prüfungsschwerpunkte mitgeteilt werden. Das stellt aber keine Einschränkung der Betriebsprüfung auf bestimmte Sachverhalte dar.Anzuwenden auf alle am 1. Januar 2023 anhängigen Verfahren.
Bei bestimmten Steuerarten soll eine zeitliche Begrenzung für den Beginn einer Außenprüfung eingeführt werden. Demnach soll die Prüfungsanordnung bis zum Ablauf des Kalenderjahres erlassen werden, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem der Steuerbescheid wirksam geworden ist. Wird diese Frist von der Finanzverwaltung nicht eingehalten, so beginnt die Frist zur zeitlichen Begrenzung der Ablaufhemmung bereits mit Ablauf des Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem der Steuerbescheid wirksam geworden ist. Bei mehreren Steuerbescheiden ist der Zeitpunkt des Wirksamwerdens des zuletzt ergangenen Steuerbescheids maßgeblich. Erstmals anzuwenden für Steuern und Steuervergütungen, die nach dem 31. Dezember 2024 entstehen.
Durch die Einführung der Möglichkeit der Finanzverwaltung zu sog. Zwischengesprächen soll ebenfalls eine Beschleunigung der Betriebsprüfungen erfolgen. Die Finanzbehörde kann demnach mit dem Steuerpflichtigen vereinbaren, in regelmäßigen Abständen Gespräche über die festgestellten Sachverhalte und die möglichen steuerlichen Auswirkungen zu führen. Im Einvernehmen mit dem Steuerpflichtigen können auch Rahmenbedingungen für die Mitwirkung festgelegt werden.Erstmals anzuwenden für Steuern und Steuervergütungen, die nach dem 31. Dezember 2024 entstehen. Abweichend dazu für Steuern und Steuervergütungen, die vor dem 1. Januar 2025 entstehen anzuwenden, wenn nach dem 31. Dezember 2024 eine Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde.
Mit dem sog. qualifizierten Mitwirkungsverlangen soll für die Finanzverwaltung ein neues Instrument zur Mitwirkung des Steuerpflichtigen eingeführt werden. Nach Ablauf von sechs Monaten seit Bekanntgabe der Prüfungsanordnung kann der Steuerpflichtige zur Mitwirkung in einem schriftlich oder elektronisch zu erteilenden Mitwirkungsverlangen mit Rechtsbehelfsbelehrung aufgefordert werden. Die Frist zur Erfüllung dieses Mitwirkungsverlangens beträgt einen Monat. Erfüllt der Steuerpflichtige das Mitwirkungsverlangen nicht, ist ein Mitwirkungsverzögerungsgeld anzusetzen. Das Mitwirkungsverzögerungsgeld beträgt 75 Euro pro Tag und ist höchstens für 150 Tage festzusetzen. Unter bestimmten Voraussetzungen kann darauf noch ein Zuschlag von höchstens 25.000 Euro pro Tag für höchstens 150 Tage festgesetzt werden. Erstmals anzuwenden für Steuern und Steuervergütungen, die nach dem 31. Dezember 2024 entstehen. Abweichend dazu für Steuern und Steuervergütungen, die vor dem 1. Januar 2025 entstehen anzuwenden, wenn nach dem 31. Dezember 2024 eine Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde.
Mit dem Gesetzgebungsvorhaben wurden die Diskussionen um die Modernisierung der Betriebsprüfung nicht weniger. Insbesondere die Verschärfungen für den Steuerpflichtigen, z.B. das Mitwirkungsverzögerungsgeld haben für viel Kritik gesorgt. Andere Punkte sind dagegen positiv zu sehen, z.B. der Teilabschlussbescheid, der aber in der Praxis auf Basis der derzeitigen Gesetzeslage faktisch ohnehin schon so gehandhabt wird. Auch klingen die vermeintlichen Prüfungserleichterungen im Zuge der Installation eines Tax CMS noch sehr diffus und dürften überdies nur bei sehr strukturierten Unternehmen am Ende greifen. Die Finanzverwaltung schätzt die Quote dieser Unternehmen unter 10 Prozent. Das Ergebnis wird somit zurecht gemischt aufgenommen und eine weitreichende Modernisierung der Betriebsprüfung ist unterblieben. Allerdings wurden vom Gesetzgeber bereits in Kürze weitere Gesetzgebungsvorhaben angekündigt. Es bleibt also abzuwarten, was die nächsten Jahre bei der steuerlichen Betriebsprüfung bringen.
Dr. Rolf Leuner
Wirtschaftsprüfer, Steuerberater
Partner
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