Country-by-Country Reporting: ein Instrument zur Risikoeinschätzung

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veröffentlicht am 13. März 2019

   

Mitte 2018 wurden erstmals Country-by-Country (CbC) Reports für Wirtschaftsjahre, die ab dem 1. Januar 2016 begonnen haben, zwischen den Finanzbehörden unterschiedlicher Länder ausge­tauscht. Dieser Beitrag soll einen kurzen Überblick darüber geben, wie Finanzbehörden die in CbC-Reports enthaltenen Informationen nutzen könnten.


 
CbC-Report: Überblick über die weltweite Verteilung der Gewinne im Konzern

Im Jahr 2018 standen den Finanzverwaltungen erstmals Country-by-Country (CbC) Reports zur Verfügung. Die mit BEPS Aktionspunkt 13 eingeführte Erweiterung der Verrechnungspreisdokumentation ist von multi­national­en Konzernen mit einem Umsatz von mind. 750 Mio. Euro zu erstellen und gibt einen Überblick darüber, in welchen Ländern sie tätig sind, welche Umsätze und Gewinne sie in den Ländern erzielen und wie viel Steuern sie dort jeweils zahlen.
    
Die Informationen können von Finanzverwaltungen auch bei Betriebsprüfungen herangezogen werden. CbC-Reporting wurde bislang bereits in 75 Staaten umgesetzt. Der CbC-Report ist von der obersten Mutter­gesell­schaft einer multinationalen Unternehmensgruppe zu erstellen und ist in dem Land, in dem die oberste Mutter­gesellschaft ansässig ist, den zuständigen Finanzbehörden zu übermitteln. Im Wege des automatischen Informationsaustauschs werden CbC-Reports den Steuerbehörden in all jenen Ländern zugänglich gemacht, in denen der Konzern tätig ist.

Der CbC-Report soll nicht unmittelbar der Überprüfung der Angemessenheit der Verrechnungspreis­gestaltung dienen, sondern vielmehr der Finanzverwaltung als Instrument zur Risikoeinschätzung und Auswahl der zu prüfenden Gesellschaften zur Verfügung stehen. Wie und in welchem Ausmaß CbC-Reports künftig bei der Betriebsprüfung herangezogen werden, wird wohl von Land zu Land unterschiedlich sein und sich noch zeigen.
 

CbC-Report als Instrument zur Risikoeinschätzung

Der CbC-Report soll den Finanzverwaltungen eine sachkundige Risikoabschätzung der Verrechnungspreis­gestaltungen ermöglichen und nützliche Informationen zur Durchführung einer angemessenen und sorgfältigen Prüfung der Verrechnungspreispraxis bereitstellen. Die OECD unterstützt die nationalen Steuerverwaltungen dabei mit einem Handbuch zur effektiven Bewertung von Steuerrisiken. In dem Handbuch werden etliche Vorschläge zur Einbeziehung von CbC-Reports in den Risikobewertungsprozess aufgelistet. Neben einem Beispiel für die Analyse eines CbC-Reports finden sich im Handbuch insbesondere auch 19 potenzielle Indikatoren für Steuerrisiken, die ausführlich dargestellt und erläutert werden.

Die ersten 3 Risikoindikatoren dienen der Identifizierung jener Unternehmen, deren Verrechnungspreispolitik verhältnismäßig große Auswirkungen auf das Steueraufkommen im betreffenden Land hat. Ist der (1) Umfang der Wirtschaftstätigkeit der Unternehmensgruppe im betreffenden Land gering (verhältnismäßig geringe Umsatzerlöse) oder ist (2) die Wirtschaftstätigkeit in einem Land auf risikoarme Bereiche beschränkt – bspw. weil sich nur eine Holdinggesellschaft im Land befindet, deren steuerpflichtige Ein­künfte bereits aufgrund der Beteiligungsbefreiung typischerweise gering sind – deutet das auch auf ein geringes Steuerrisiko für das betreffende Land hin. Auch bei relativ (3) niedrigen Erträgen mit verbundenen Unternehmen ist eine vertiefte Prüfung nicht unbedingt notwendig, da Änderungen in der Verrechnungs­preisermittlung zu keinen hohen Steuerdifferenzen führen.

In den folgenden Risikoindikatoren 4 – 7 sowie in Risikoindikator 15 zeigt die OECD auf, wie bestimmte Finanzkennzahlen zur Risikoanalyse genutzt werden können. Weichen (4) die Ergebnisse in einem Land von möglichen Vergleichswerten ab oder (5) spiegeln sie nicht die Marktentwicklung, weist das auf ein erhöhtes Steuerrisiko hin. Die Steuerbehörden können auf Basis des CbC-Reports verschiedene Finanzkennzahlen (z.B. Gewinnmarge, effektiver Steuersatz, Gewinn je Mitarbeiter, Eigenkapitalrendite) eines Konzerns für ein Land mit den Kennzahlen des Konzerns für andere Länder oder den gesamten Konzern vergleichen. Auch ein Vergleich mit Referenzwerten vergleichbarer Unternehmen außerhalb der Gruppe oder mit Branchen­durch­schnitten ist möglich. Signifikante Abweichungen zwischen den Kennzahlen könnten künftig zu vermehrten Nachfragen der Steuerbehörden führen. Auch Veränderungen der Ergebnisse eines Konzerns, die nicht mit den Marktentwicklungen übereinstimmen, sieht die OECD als Risikofaktor. Durch die Analyse bestimmter Merkmale (wie z.B. Anteil an Umsatzerlösen mit nahestehenden Unternehmen, Erträge im Verhältnis zu materiellen Vermögenswerten, Eigenkapitalrendite, Kostenbasis oder effektiver Steuersatz) können auch (6) Länder mit erheblichen Gewinnen und gleichzeitig wenig substantieller wirtschaftlicher Tätigkeit oder (7) Länder mit hohen Gewinnen und niedriger Steuerlast identifiziert werden. Werden solche Länder identifiziert und ist keine vernünftige Erklärung für diese Umstände ersichtlich, empfiehlt die OECD weitere Nachforschungen zu den Ursachen. Auch wenn (15) die gezahlten Ertragssteuern laufend niedriger sind als die ausgewiesenen Ertragssteuern für das laufende Jahr wird den Steuerbehörden eine nähere Prüfung empfohlen.

Etliche der Risikoindikatoren veranschaulichen, wie der Überblick über alle Geschäftseinheiten der multi­national­en Unternehmensgruppen und deren wichtigsten Geschäftstätigkeiten in Tabelle 2 des CbC-Reports für die Risikoanalyse genutzt werden kann. Tabelle 2 zeigt nicht nur, ob Geschäftstätigkeiten in bereits bekannten (9) Ländern mit BEPS-Risiko ausgeübt werden. Es ist auch ersichtlich, ob (12) die Verwaltung von geistigem Eigentum innerhalb der Gruppe von verwandten Aktivitäten – wie z.B. Forschung und Entwicklung – getrennt ist, oder ob (14) Beschaffungseinheiten in Ländern angesiedelt sind, wo keine Produktion stattfindet. Anhand der Veränderungen in Tabelle 2 des CbC-Reports sind für Steuerbehörden auch (11) Veränderungen der Gruppenstruktur und Verlagerungen von Vermögenswerten relativ schnell ersichtlich. Bei Unternehmenskäufen oder -gründungen finden sich etwa neue Geschäftseinheiten auf der Liste. Auch Funktionsverlagerungen sind transparent, da sich dadurch die jeweils genannten wichtigsten Geschäftstätigkeiten der jeweiligen Geschäfts­ein­heit­en ändern können.

Durch die Verknüpfung der Informationen in Tabelle 2 mit den Kennzahlen in Tabelle 1 können die Steuer­be­hörden auch untersuchen, ob (10) mobile Geschäftstätigkeiten – wie z.B. die Verwaltung von geistigem Eigentum, Einkauf oder Marketing – in Ländern mit niedrigem Steuersatz oder geringer Steuerlast ausgeübt werden, oder ob (13) Geschäftseinheiten für das Marketing in Ländern angesiedelt sind, die nicht zu den Schlüsselmärkten zählen, weil dort nur relativ geringe Erträge erwirtschaftet werden. Die CbC-Reports er­möglichen den Steuerbehörden auch die (8) Identifizierung jener Länder, für die über mehrere Jahre hinweg ein niedriger (oder negativer) Gewinn vor Steuern berichtet wird, obwohl in dem Land gewinnbringende Tätigkeiten ausgeübt werden und dadurch ein hoher Anteil an Umsatzerlösen mit unabhängigen Dritte erzielt wird. Auch für solche Fälle empfiehlt die OECD weitere Untersuchungen zu den Ursachen für das Vorliegen dieser Merkmale.

Auch das Vorhandensein (16) doppelt ansässiger Rechtsträger oder von (17) Geschäftseinheiten ohne steuer­liche Ansässigkeit innerhalb einer multinationalen Unternehmensgruppe ist anhand des CbC-Reports ersichtlich. Außerdem identifiziert die OECD wenig überraschend auch (18) in Tabelle 1 aufgelistete staatenlose Umsätze als Steuerrisiko. Erklärungen für das Vorliegen dieser Merkmale sollten bereits im CbC-Report in Tabelle 3 inkludiert sein.

Der letzte im OECD-Handbuch genannte Risikofaktor – (19) die Inkonsistenz der im CbC-Report enthal­tenen Daten mit bereits zuvor übermittelten Informationen – kommt erst bei einer Detailprüfung der Ver­rechnungs­preisdokumentation ans Licht. Durch eine Vorabanalyse der im CbC-Report gelisteten Informationen und etwaige Anpassungen können solche Inkonsistenzen oftmals bereits im Vorfeld vermieden werden.


Aussagekraft des CbC-Reports

Wie die von der OECD vorgeschlagenen Risikoindikatoren zeigen, ist eine automationsunterstützte Analyse der im CbC-Report enthaltenen Daten für Steuerverwaltungen relativ einfach möglich. Die Auswertungen von CbC-Reports können allerdings auch zu falschen Schlussfolgerungen verleiten und einen Erklärungs­aufwand für den Steuerpflichtigen auslösen. Auch im Handbuch der OECD finden sich bereits etliche alternative Erklärungen für die Erfüllung eines Steuerrisikoindikators. Außerdem ist zu beachten, dass trotz einheitlicher Kennzahlen nicht unbedingt eine konsistente und in sich schlüssige Datenbasis vorliegt. Da die berichtspflichtigen Unternehmen unterschiedliche Datenquellen heranziehen dürfen, sind die Daten auch bei vergleichbaren Unternehmen auf­grund der Anwendung unterschiedlicher Rechnungslegungsgrundsätze und damit einer uneinheitlichen Daten­basis oftmals nicht vergleichbar. Außerdem ist etwa eine Mehrfach­erfassung von Gewinnen sowohl bei der den Gewinn erwirtschaftenden Geschäftseinheit als auch nach einer Gewinnausschüttung beim Mutter­unter­nehmen möglich. Zur Abfederung ist eine Analyse des CbC-Reports vor Abgabe empfehlenswert, um sicher­zustellen, dass die Informationen mit den im Master File und Local File enthaltenen Informationen über­ein­stimmen. Durch Anpassungen und Erläuterungen der Kennzahlen in Tabelle 3 könnten spätere Nachfragen durch die Steuer­be­hörden bereits vorweggenommen werden.


Fazit

Mitte 2018 wurden erstmals Country-by-Country Reports zwischen Finanzbehörden unterschiedlicher Länder automatisch ausgetauscht. Darin enthaltene Informationen können von der Finanzverwaltung als Instrument zur Risikoeinschätzung und zur Auswahl der zu prüfenden Gesellschaften genutzt werden.

Der CbC-Report soll nicht unmittelbar der Überprüfung der Angemessenheit der Verrechnungspreis­gestaltung dienen, sondern der Finanzverwaltung vielmehr nur als Instrument zur Risikoeinschätzung und zur Auswahl der zu prüfenden Gesellschaften zur Verfügung stehen. Zu dem Zweck hat die OECD bereits ein Handbuch mit Anleitungen zur Identifikation von Risikoindikatoren zur Verfügung gestellt, in dem sie 19 potenzielle Indi­katoren für Steuerrisiken darstellt und erläutert. Die Auswertungen der CbC-Reports anhand der Risiko­indi­katoren können jedoch u.U. zu falschen Schlussfolgerungen führen. Eine Analyse des CbC-Reports ist daher empfehlenswert, um sicherzustellen, dass die Informationen mit der restlichen Verrechnungs­preis­doku­men­tation übereinstimmen und um auf Nachfragen der Steuerbehörden vorbereitet zu sein.

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