ZuFinG II – Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität des Finanzstandortes Deutschland

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​​​​​​​​​​veröffentlicht am 25. November 2024 | Lesedauer ca. 4​​​​​ Minuten

 

Das Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG) war der erste Streich, doch folgt der zweite sogleich? 


Nach dem überwiegend zum 1. Januar 2024 in Kraft getretenen ZuFinG sieht das Bundesfinanzministerium fortbestehenden Anpassungsbedarf. Ziel ist es, durch den Referentenentwurf zum Zukunftsfinanzierungsgesetz II (ZuFinG II) die Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität des Finanzstandortes Deutschland weiter zu stärken und insbesondere die Finanzierungsoptionen für junge und dynamische Unternehmen zu verbessern. Darüber hinaus soll das ZuFinG II der Umsetzung einiger Änderungen von europäischen Rechtsakten in das nationale Recht dienen. 

In diesem Artikel stellen wir die wesentlichen geplanten Änderungen durch das ZuFinG II im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht dar. Zu den geplanten Änderungen im Steuerrecht verweisen wir auf den Artikel​​ unserer Kollegen der Steuerberatung.

Am 27. August 2024 wurde vom Bundesministerium für Finanzen der Referentenentwurf für das zweite Gesetz zur Finanzierung von zukunftssichernden Investitionen (ZuFinG II) vorgelegt. Dieses Gesetzespaket soll die am 17. Juli 2024 vom Bundeskabinett beschlossene Wachstumsinitiative weiter umsetzen. Ein Regierungsentwurf liegt bisher nicht vor.

Aufbauend auf den Maßnahmen des ZuFinG zielt der Gesetzentwurf darauf ab, die Kapitalmarktzugangsbedingungen weiter zu optimieren und steuerliche Rahmenbedingungen attraktiver zu gestalten, um privates Wachstums- und Innovationskapital zu mobilisieren. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Nutzung von Kapital für Investitionen in Infrastruktur und erneuerbare Energien, um den Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft zu beschleunigen.

Zudem führen die europäischen Vorgaben des EU Listing Acts zu wesentlichen Anpassungen im Wertpapierhandelsgesetz (WpHG), im Börsengesetz (BörsG), in der Börsenzulassungsverordnung (BörsZulV) sowie in der Wertpapierhandelsanzeigeverordnung (WpAV). Insoweit ist auf die bereits veröffentlichten Artikel Teil 1 und Teil 2​​ zum EU-Listing Act zu verweisen.

Ermöglichung von sog. Penny-Stocks​

Durch die geplante Ergänzung des § 8 Aktiengesetz (AktG) sollen Aktiengesellschaften die Möglichkeit erhalten, Aktien mit einem Nennbetrag von nur einem Eurocent auszugeben. Hierdurch würde der bisherige Mindestnennwert von einem Euro herabgesetzt. Die Einführung soll in den damit korrespondierenden kapitalmarktrechtlichen Reglungen entsprechend umgesetzt werden. Die Tendenz zu geringeren Nominalbeträgen seit der Herabsetzung des Mindestnennwerts auf einen Euro im Jahr 1998 zeigt, dass niedrigere Nennwerte die Handelbarkeit von Aktien verbessern und insbesondere für KMU sowie Wachstumsunternehmen mit geringem Grundkapital von Vorteil sind. Da dies auch Kapitalerhöhungen erleichtern und fairere Wettbewerbsbedingungen an internationalen Börsen schaffen soll, ist eine weitere Absenkung auf einen Eurocent eine logische Weiterentwicklung.


Neuerungen beim Down- und Delisting​

Der Entwurf sieht neue Regelungen zum Delisting und Downlisting vor. Beim Delisting soll die Pflicht zur Abgabe eines Erwerbsangebots nach den Vorschriften des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes (WpÜG) bestehen bleiben. Die Entscheidung über den Delisting-Antrag soll jedoch zu einer gebundenen Entscheidung werden, da die Voraussetzungen gesetzlich klar geregelt und der Anlegerschutz umfassend gewährleistet sind. Zudem soll die Angemessenheit der Gegenleistung aufgrund eines Erwerbsangebots für Delistings zukünftig in den Anwendungsbereich des Spruchverfahrensgesetzes (SpruchG) fallen.

Für ein Downlisting in einen KMU-Wachstumsmarkt würde künftig die Pflicht zur Abgabe eines Erwerbsangebots fallen. Begründet wird dies damit, dass diese Märkte ein vergleichbares Regulierungsniveau wie regulierte Märkte aufweisen und ein ausreichender Handel weiterhin gewährleistet ist. Dies erleichtert zukünftig ein Downlisting erheblich und führt daher ggf. eher zu einem Verbleib am Kapitalmarkt als einem vollständigen Delisting. Ebenso soll die Pflicht zur Abgabe eines Erwerbsangebots entfallen, wenn ein Insolvenzverfahren gegen den Emittenten eröffnet wurde, um Fremdkapitalgläubiger nicht zu benachteiligen und die Sanierung des Unternehmens zu erleichtern.

Umsetzung der Vorgaben des EU Listing Acts im Prospektrecht​

Insbesondere im Kapitalmarktrecht sind die geplanten Änderungen stark von der Umsetzung der europäischen Vorgaben des – noch nicht in Kraft getretenen EU Listing Acts beeinflusst. Daher sieht das ZuFinG II Änderungen im Wertpapierprospektgesetz (WpPG) vor. Durch die Änderung der EU-Prospektverordnung (ProspektVO) soll die bisher bestehende Obergrenze für den Ausnahmetatbestand in § 3 WpPG von 8 Millionen Euro innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten auf 12 Millionen Euro durch unmittelbare Geltung des Unionsrechts angehoben werden. 

Eine weitere Erleichterung betrifft englischsprachige Prospekte. Zukünftig soll keine Verpflichtung zu einer deutschen Zusammenfassung bei einem Wertpapierprospekt mehr bestehen, um den Emissionsprozess zu erleichtern.


Anpassungen der Börsenzulassungsverordnung​

Nach geltendem Recht müssen die zuzulassenden Aktien ausreichend gestreut sein. Auf Basis dessen, soll beispielsweise § 9 Börsenzulassungsverordnung (BörsZulV) nach Maßgabe der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (Markets in Financial Instruments Directive – MiFID) dahingehend verändert werden, dass der Streubesitz der Aktien auf 10% heruntergesetzt wird. In der bisherigen Fassung ist dieser noch auf 25% angesetzt.


Umsetzung der Verordnung zum ESAP​

Die EU hat im Dezember 2023 mit der Verordnung (EU) 2023/2859 ein zentrales europäisches Zugangsportal (European Single Access Point – ESAP) beschlossen. Hierdurch soll ein verbesserter, zentralisierter Zugriff auf Unternehmens- und Finanzmarktdaten sowie Nachhaltigkeitsinformationen in der EU ermöglicht werden. Hierdurch wird die Förderung von grenzüberschreitenden Investitionen beabsichtigt. Der ESAP soll als zentraler Zugangspunkt für Unternehmensdaten dienen. Das Zugangsportal wird durch die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (European Securities and Markets Authority – ESMA) betrieben werden. Es soll schrittweise bis Januar 2030 realisiert werden. Die Verfügbarkeit ist bis spätestens zum 10. Juli 2027 vorgesehen. Das ZuFinG II enthält dementsprechende Begleitgesetzgebung, beispielsweise im HGB. 

Allen voran ist der neu geschaffene § 9d HGB zu nennen, hierbei sollen die Voraussetzung geschaffen werden, dass das Unternehmensregister zugleich als ESAP-Sammelstelle fungieren kann. Zugleich soll § 325 Abs. 1 HGB im Zuge des Artikel 23a Abs. 1 der Transparenzrichtlinie geändert werden. Demnach übermitteln Inlandsemittenten ihre Unterlagen dem Unternehmensregister zukünftig aufgrund von zwei Veröffentlichungszwecken: (1) zur Eintragung in das Unternehmensregister und (2) zur Verbreitung über ESAP. Diese doppelte Pflicht trifft Inlandsemittenten, welche nach Maßgabe des § 2 Abs. 14 WpHG zur Offenlegung der Jahresberichte verpflichtet sind. Die übrigen Inlandsemittenten müssen zukünftig die Dokumente nach § 114 WpHG offenlegen und für ESAP bereithalten.


Fazit​

Einige Regelungen wie beispielsweise der Wegfall eines Erwerbsangebotes bei einem Downlisting in einen KMU-Wachstumsmarkt sind aufgrund ihrer vereinfachenden Wirkung zu begrüßen. Ob das ZuFinG II wirklich geeignet ist, den Finanzstandort deutlich leistungsfähiger und attraktiver zu gestalten, wird die Zukunft zeigen. Das fortgesetzte Bestreben die Anforderungen für eine Börsennotierung zu vereinfachen und die Regelungen den erfolgreichen US-amerikanischen zumindest teilweise anzunähern, ist in jedem Fall zu begrüßen (sog. Level-Playing-Field).​

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