Der Weg zur elektronischen Rechnungsverarbeitung

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​​​​​veröffentlicht am 13. September 2018

Neues Format: XRechnung

Öffentliche Auftraggeber sind gesetzlich verpflichtet ab November 2019 elektronische Rechnungen verarbeiten zu können. Grundlage hierfür ist die Richtlinie 2014/55/EU vom 16. April 2014. Die Richtlinie gibt einen Rahmen vor, lässt aber den Mitgliedsstaaten für die rechtliche, organisatorische und technische Ausgestaltung bei der Einführung der elektronischen Rechnung eigene Spielräume. Die Überführung der europäischen Norm in einen nationalen Standard in Deutschland übernahm federführend das Bundesministerium des Innern (BMI) zusammen mit der Koordinierungsstelle für IT-Standards (KoSIT) in Bremen. Am 6. September 2017 verabschiedete das Bundeskabinett die sog. E-Rechnungs-Verordnung (E-Rech-VO).

 

Eine elektronische Rechnung im Standard XRechnung ist ein strukturierter Datensatz. Das bedeutet, dass Office-Dateien, genauso wie PDF-Dateien mit oder ohne eingebettetem XML keine elektronische Rechnung nach dem Standard XRechnung darstellen. Die elektronische Rechnung ist konform zum Standard XRechnung, wenn sie in Form eines XML-Dokuments ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und wenn sie ausschließlich die Informationselemente des semantischen Datenmodells des Standards XRechnung verwendet.

 

Wer gilt als öffentlicher Auftraggeber?

Im Bereich Gesundheits- und Sozialwirtschaft wird dies v.a. Krankenhäuser und Krankenkassen betreffen. Daneben ist es für Institutionen wie der Arbeitsagentur, Finanzämter, Polizei, Bundeswehr, Universitäten und ähnliche Einrichtungen relevant. Weitere Erläuterungen hierzu finden Sie in unserem Themenspecial „Digitalisierung in der Finanzbuchhaltung”.

 

XRechnung als alleiniger Standard?

In der E-Rech-VO wurde die Möglichkeit gelassen, auch einen anderen Datenaustauschstandard zu nutzen, sofern dieser den Anforderungen der europäischen Norm (CEN) an die elektronische Rechnungsstellung entspricht (z.B. ZUGFeRD 2.0). Allerdings wird von der Bundesregierung der Standard XRechnung favorisiert.

 

Wer ist betroffen?

Neben der Verpflichtung des Empfangs von elektronischen Rechnungen durch öffentliche Auftraggeber ergeben sich aus § 3 Abs. 1 der E-Rech-VO weitere Verpflichtungen. So müssen Unternehmen, die für die öffentliche Hand Aufträge ausführen, ab dem 27. November 2020 die Rechnung elektronisch erstellen und übermitteln können. Allerdings gibt es eine Ausnahme für Kleinaufträge unter einem Schwellenwert von 1.000 Euro.

 

Kein papiergebundener Freigabeprozess mehr

Gemäß den Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) müssen Rechnungen in dem Format gespeichert werden, in dem sie empfangen wurden. Elektronische Rechnungen müssen entsprechend im elektronischen Original archiviert werden. Die gesetzlichen Vorgaben zur Revisionssicherheit sehen vor, dass die Belege während der gesamten gesetzlichen Aufbewahrungspflicht nicht verändert werden können. Um die Anforderungen erfüllen zu können, wird ein geeignetes elektronisches Archiv benötigt. Die Verarbeitung und Freigabe der Rechnungen muss in einem Workflow-System stattfinden, da ansonsten keine eindeutige Verknüpfung zwischen einer Buchung und dem zugrundeliegenden Buchungsbeleg erstellt werden kann. Eine Freigabe in Papierform ist nicht möglich, da dies einerseits einen Medienbruch darstellen würde und andererseits eine XRechnung keine Bildinformationen enthält, sondern nur strukturierte Datensätze im XML-Format.

 

Wo findet man eine entsprechende Software?

Auf dem Markt sind zahlreiche Anbieter für elektronische Archive und die elektronische Rechnungsverarbeitung vorhanden. Hierbei sollten Sie eine Anwendung bevorzugen, für die es ein Software-Testat nach IDW PS 880 gibt. Die meisten namhaften Hersteller haben sich nach dem Standard zertifizieren lassen. Das Testat besagt, dass die Software in der Lage ist, die Belege revisionssicher zu archivieren und berücksichtigt dabei die Einstellungen, welche dafür nötig sind dies sicherzustellen.

 

Wie findet man die passende Software?

Die Einführung einer entsprechenden Anwendung ist mit einem unvermeidbaren finanziellen Aufwand verbunden. Es sollte daher sichergestellt werden, dass man eine Anwendung findet, die möglichst gut zu den Anforderungen des eigenen Hauses passt, um so die Abläufe zu verbessern und ggf. Einsparpotenziale durch effizientere Prozesse zu schaffen.

 

  1. Prozessanalyse und Optimierung
    Grundlage für die Analyse sind die Ist-Prozesse. Hier gilt es zunächst mögliche Schwachstellen und Verbesserungsmöglichkeiten aufzudecken und diese in ein Soll-Konzept einzuarbeiten. Es ist i.d.R. nicht empfehlenswert, mit unveränderten Prozessen von der analogen in die elektronische Welt umzusteigen. Vielmehr sollte die Chance genutzt werden, die bisherigen Abläufe zu hinterfragen und neu zu gestalten.

    Neben der reinen Rechnungsverarbeitung lohnt es sich auch über die folgenden Themen nachzudenken:

    - Beschaffungsprozesse standardisieren/zentralisieren?
    - Elektronisches Bestellwesen einführen/ausweiten?
    - Weitere Zahlungsprozesse digitalisieren?
    - Ausgangsrechnungen?
  2. Definition der Anforderungen
    Auf Basis des Soll-Konzepts sind die Anforderungen zu ermitteln, die Grundlage für ein Lastenheft werden.

    Neben den reinen prozessualen Anforderungen sind zusätzliche funktionale und technische Anforderungen zu definieren:

    Definition der Anforderungen

















  3. Ausschreibung: Auswahl der Software
    Abhängig von den voraussichtlichen Kosten der Softwareeinführung und der Rechtsform des Unternehmens, wird die Softwarebeschaffung in den meisten Fällen über eine Ausschreibung laufen müssen. Die Vorgehensweise stellt sich idealerweise wie folgt dar:

    - Entwicklung von Szenarien / Geschäftsvorfällen für die Systempräsentation
    - Begleitung der Bietergespräche / Softwarepräsentationen
    - Prüfung der Software-Teststellungen
    - Usability-Tests
    - Gesamtbewertung der Softwareanbieter

  4. Vertragsgestaltung mit Softwareanbieter
    Hier empfiehlt es sich regelmäßig die Softwareverträge durch einen auf IT-Recht spezialisierten Fachanwalt prüfen zu lassen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass man in einem Standard-Vertrag des Softwareanbieters benachteiligt ist und im Falle eines schlechten Projektverlaufs wenig Möglichkeiten zur Nachbesserung hat.

    Ein entsprechender Anwalt kann die bestmöglichen Vertragsbedingungen verhandeln und auf die Einhaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen hinwirken (z.B. ausreichenden Datenschutz im Umgang mit personenbezogenen Daten bei Cloud-Lösungen mit Blick auf die EU-DSGVO).

Wie lange dauert die Einführung einer entsprechenden Software?

Die Dauer einer Einführung lässt sich nicht allgemeingültig beantworten, da es stark von der vorhandenen Ausgangssituation abhängt, z.B. Organisationsstruktur, Projektteam, vorhandene IT-Systeme, uvm. Man kann aber von folgenden groben Richtwerten ausgehen:
Tabelle Ausgangssituation



















Es ist wichtig, die Implementierung nicht in einem Schlag auf das gesamte Unternehmen auszurollen, sondern anhand von Pilotbereichen die neue Arbeitsweise zu testen, ggf. anzupassen und dann nach und nach auszurollen. Auch hierfür ist entsprechend Zeit einzuplanen.

 

Fazit

Die Einführung einer elektronischen Rechnungsverarbeitung ist ein aufwändiges Projektvorhaben, das bis in die kleinsten Verästelungen Ihrer Organisation hineinreicht. Um ein entsprechendes Einführungsprojekt mit bestmöglichem Erfolg umzusetzen, sollte zur Einhaltung der Umsetzungsfrist bereits jetzt damit begonnen werden.

 

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