Make them go! – Transformational Führen

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Prof. Dr. Hans-Dieter Hermann kommentiert

 
​„Make them go!” – das bringt die Anforderungen, die an Trainer im Spitzensport gestellt werden, knapp auf den Punkt: Andere zur Höchstleistung bringen! Andere zur Höchstleistung bringen? Nein, es geht darum, Bedingungen zu schaffen, damit sich andere zur Höchstleistung entwickeln können und aus individuellen Höchstleistern ein effektives Team entstehen kann.
 
Die Frage ist nur: Wie gelingt das? Wie bringt man eine Gruppe von Sportlern dazu, gemeinsam bis an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit zu gehen? Und gibt es – grundsätzlicher gefragt – allgemeingültige Ansätze, die sich aus dem Spitzensport auf andere Bereiche übertragen lassen, in denen gleichfalls Höchstleistungen im Team gefragt sind? 
 
Tatsächlich bin ich im Laufe meiner Zusammenarbeit mit hochklassigen Trainern von National- und Vereinsmannschaften oder Proficlubs unterschiedlicher Sportarten auf vergleichbare, sogar identische Kriterien für erfolgreiches Führungsverhalten gestoßen.
 
Kein Trainer kann einen Sportler zum Weltmeister machen – gefordert ist immer die Eigenleistung des Sportlers. Das heißt auch: Kein Manager kann einen Mitarbeiter per se motivieren, er kann jedoch passende Rahmenbedingungen gestalten, damit beim Mitarbeiter Motivation entsteht.
 
Ein systemisch denkender und handelnder Trainer weiß, dass er von außen nur bedingt etwas in die Sportler hineintragen kann. Auch Zwang oder autoritäre Durchsetzung werden, zumindest was die Entstehung von Höchstleitungen angeht, keinen (dauerhaften) Erfolg zeigen. Anregungen durch Vorbild, die Auffassung von Führung als Dienstleistung sowie die Moderation der selbstorganisatorischen Prozesse weisen den Weg zum Erfolg.
 
Weg von der Führungskraft – hin zum Mitarbeiter: Die Herausforderung für den Trainer besteht darin, seine Spieler mit „auf die Reise” zu nehmen und mit ihnen gemeinsam (strukturell gekoppelt) eine außergewöhnliche Entwicklung zu durchlaufen. Dies könnte man als den Kern des transformationalen Führungsansatzes interpretieren.
 
Transformationale Führung zielt auf die Identifikation des Mitarbeiters mit der Unternehmensidee und den Unternehmenszielen ab, wodurch selbstinduzierte Verhaltensänderungen bei den Mitarbeitern stattfinden sollen. Damit ist dieser Führungsstil eine Weiterentwicklung der transaktionalen Führung, deren Kern Belohnung und Bestätigung positiven Verhaltens darstellt.
 
Transformationales Führen geht über das Führen durch Ziele noch hinaus, da Führungskräfte durch Vermittlung von Sinn, Inspiration und Wertschätzung eine erhöhte Leistungsbereitschaft bei ihren Mitarbeitern erzeugen. Durch den Erfolg des deutschen Teams fand der in erster Linie inspirierende und wertschätzende Führungsstil – wie ihn Joachim Löw verkörpert – viel Anerkennung. Nicht nur im Sport, sondern auch bei Führungskräften in der Wirtschaft.
 
Kontinuierlich erfolgreiche Trainer und Führungskräfte handeln aufgrund sensibler Beobachtung. Daraus leiten sie die, aus ihrer Sicht, wichtigen und notwendigen Maßnahmen ab: Sie hören zu, sie geben Anerkennung, sie schaffen hieraus zusätzliche Herausforderungen, oder aber sie halten sich phasenweise heraus und bleiben im Hintergrund. So ermöglichen sie es dem Team, seinen Weg zu gehen und sie erhalten und nutzen das, wofür dieses Team steht.
 
In diesem Sinn und vor diesem Hintergrund arbeite ich seit vielen Jahren mit Trainern im Sport und Führungskräften aus der Wirtschaft zusammen. Für den Weg der transformationalen Führung stehen wir aus verschiedenen Gründen. Der Hauptgrund ist jedoch: Es ist unter den gegebenen Umständen in der Welt des professionellen Sports und der Wirtschaft, der beste Weg, mittel- und langfristig erfolgreich führen zu können.
 

  

Prof. Dr. Hans-Dieter Hermann

Prof. Dr. Hans-Dieter Hermann ist seit 2004 der erste Sportpsychologe der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Er begleitete die Mannschaft seither bei allen Meisterschaften und so auch bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien. Zuvor betreute er u.a. die Nationalmannschaften der österreichischen Skirennläufer, der deutschen Turner, Boxer und Hockeyspieler.
 
Er ist Geschäftsführer und Mitinhaber der „Coaching Competence Cooperation RheinNeckar”. Das Unternehmen hat sich zum Ziel gesetzt, die Leistungsvoraussetzungen von Verantwortungsträgern und Teams aus Sport, Politik und Wirtschaft zu optimieren. Hermann ist seit vielen Jahren auch als Autor tätig. Gemeinsam mit dem Sportpsychologen Prof. Dr. Jan Mayer veröffentlichte er im Murmann-Verlag 2014 das Buch „Make them go!”.
 
Als Professor unterrichtet er sowohl an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement in Saarbrücken als auch als Gastprofessor am Sportwissenschaftlichen Institut der Universität des Saarlandes. Eine hohe wissenschaftliche Auszeichnung erhielt er im Jahr 2010: den Förderpreis der Deutschen Gesellschaft für Psychologie.
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