Wachstumschancengesetz – relevante Änderungen für Familienunternehmen und -gesellschafter

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zuletzt aktualisiert am 20. November 2023 | Lesedauer ca. 5 Minuten
 

Am 17. Juli 2023 hat das Bundesministerium für Finanzen den Entwurf des sog. Wachs­tums­chancengesetzes veröffentlicht. Der Gesetzesentwurf enthält in erbschaft­steu­er­licher Hinsicht vor allem Klarstellungen vor dem Hintergrund der am 1. Januar 2024 in Kraft tretenden Reform des Personengesellschaftsrechts. Sie soll nach dem Gesetz­geber erb- und schenkungsteuerlich keine Auswirkungen auf betroffene Personen­gesell­schaften haben. Zudem ist eine Erweiterung der Möglichkeiten von Personen­gesell­schaften zur Optierung zur Körperschaftsteuer geplant.

 

Änderungen im Personengesellschaftsrecht

Hintergrund der geplanten Änderungen im Erb- und Schenkungsteuerrecht ist das überwiegend am 1. Januar 2024 in Kraft tretende Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG). Das Gesetz wird das deutsche Personengesellschaftsrecht umfangreich reformieren.

Ein Schwerpunkt der Reform ist die Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Eine GbR ist künftig rechtsfähig, wenn sie am Rechtsverkehr teilnimmt oder im Gesellschaftsregister eingetragen ist. Die rechtsfähige GbR wird damit künftig selbst Vermögen haben können, das bisherige Prinzip des Gesamthandsvermögens wird für rechtsfähige Personengesellschaften aufgegeben. Das warf die Frage auf, wie die GbR künftig steuerlich behandelt wird, da insbesondere § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO bestimmte Rechtsfolgen an das Bestehen eines Gesamthandsvermögens knüpft, die sich auch im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht auswirken.

Neben der rechtsfähigen GbR werden künftig wie bisher nichtrechtsfähige GbR bestehen können, die nicht am Rechtsverkehr teilnehmen und auch kein Vermögen haben können.

Keine Auswirkungen der Reform des Personengesellschaftsrechts auf das Erb- und Schenkungsteuerrecht

Der Gesetzesentwurf stellt zunächst durch Änderung des § 39 Abs. 2 Nummer 2 AO klar, dass sich die ertrag­steu­er­liche Rechtslage für künftig rechtsfähige Personengesellschaften durch das MoPeG nicht ändert. Glei­ches gilt nach § 2a ErbStGneu auch im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht, das grundsätzlich an das Ertrag­steu­er­recht anknüpft. Für rechtsfähige Personengesellschaften bleibt es damit bei dem bisher geltenden Transparenz- und Gesamthandsprinzip. Danach werden die Wirtschaftsgüter einer rechtsfähigen Personen­gesellschaft weiterhin den Gesellschaftern anteilig zugerechnet und Gewinne bei diesen versteuert. Für nicht-rechtsfähige GbR wird sich durch das MoPeG ohnehin keine steuerliche Änderung ergeben.

Für die Erbschaften und Schenkungen unter Beteiligung von Personengesellschaften bedeutet das wie bisher, dass bei einem Erwerb von Todes wegen einer oder einer Schenkung an eine rechtsfähige Personengesellschaft deren Gesellschafter als Erwerber gelten. Bei einer Schenkung durch eine rechtsfähige Personengesellschaft gelten deren Gesellschafter als Schenker.

Reaktion auf BFH-Rechtsprechung zu ausländischen Vermächtnissen über Inlandsvermögen

Nach der Rechtsprechung des BFH vom November 2022 sind die Voraussetzungen der beschränkten Erb­schaft­steuerpflicht bei einem Erwerb von Inlandsvermögen durch ausländisches Vermächtnis nicht erfüllt. Denn bislang setzt die beschränkte Steuerpflicht des § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG den Erwerb von Inlandsvermögen im Sinne des § 121 BewG voraus. Der BFH hatte hierzu entschieden, dass diese Voraussetzungen bei einem Er­werb durch Vermächtnis nicht erfüllt sind, da der Vermächtnisnehmer in diesem Fall nur einen Anspruch auf Übertragung von Inlandsvermögen erwirbt, nicht das Inlandsvermögen selbst. In der Folge war beispiels­weise der Erwerb von inländischem Grundbesitz durch ausländisches Vermächtnis erbschaftsteuerfrei, wenn weder der Erblasser noch der Vermächtnisnehmer Inländer im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG waren. Der Gesetzgeber reagiert nun durch Änderung des § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG auf diese Rechtsprechung und stellt klar, dass auch der Erwerb eines Anspruchs auf Übertragung von Inlandsvermögen der beschränkten Erbschaft­steuerpflicht unterliegt. Damit sollen inländische und ausländische Vermächtnisnehmer von Inlandsvermögen gleichgestellt werden. Die nach Meinung des Gesetzgebers bestehende Besteuerungslücke bei ausländischen Vermächtnissen wird damit geschlossen.

Reaktion auf mögliche steuerfreie Schenkung mit der „hybriden Rechtsform“ der Kommanditgesellschaft auf Aktien

In der Vergangenheit wurde die hybride Rechtsform der Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) genutzt, mit dem Ziel Vermögen steuerfrei zu verschenken oder zu vererben. Das betrifft insbesondere die Fälle, bei denen die Betriebsvermögensbegünstigung nicht infrage kommt. Zum Beispiel: Vereinfacht ausgedrückt geht es um die Gestaltung einer disquotalen Einlage des Kommanditaktionärs (im Fall des Vaters) in mehrstelliger Millionen­höhe in die ungebundene Kapitalrücklage einer KGaA, bei der der Komplementär (im Fall der Sohn) als persönlich haftender Gesellschafter fungiert und nicht als Kommanditaktionär am Grundkapital beteiligt ist. Das Verhältnis am Gesamtkapital der KGaA betrug in dem Fall 90 zu 10 zugunsten des Sohnes. Das Finanzamt setzte wegen der disquotalen Einlage des Vaters in die ungebundene Kapitalrücklage Schenkung­steuer gegen den Sohn als Beschenktem fest, während das FG Hamburg mit Urteil vom 11. Juli 2023 (3 K 188/21) dem Finanzamt eine Absage erteilte und eine Gesetzeslücke im ErbStG annahm. Das FG-Urteil ist nicht rechts­kräftig und ist beim Bundesfinanzhof im Revisionsverfahren anhängig (Az. II R 23/23). Wie der BFH entscheiden wird, bleibt abzuwarten.

Allerdings hat der Bundesrat im Wachstumschancengesetz nun eine Ergänzung durch einen neuen § 7 Abs. 9 ErbStG vorgeschlagen, der diese Gestaltung künftig nicht mehr schenkungsteuerfrei möglich machen soll. Offen bleibt, ob bereits umgesetzte Strukturen davon betroffen sein können, denn in der Gesetzesbegründung heißt es: „Eine Erweiterung des Tatbestandes wird damit nicht bezweckt.“ Das könnte darauf hindeuten, dass es sich aus Sicht des Gesetzgebers lediglich um eine „Klarstellung“ der aktuellen Besteuerungslage handelt und nicht um die Schließung einer bisher bestehenden Besteuerungslücke. 

Blick auf die Gesamtstruktur

Da bei der Vererbung oder der Schenkung von Anteilen an Personengesellschaften aus steuerlicher Sicht grundsätzlich zu unterscheiden ist zwischen rein vermögensverwaltenden Personengesellschaften und ertragsteuerlichem Betriebsvermögen, wie z.B. Mitunternehmerschaften, sollte die Gesetzesreform nun zum Anlass genommen werden, die bisherige Struktur unter dem Aspekt der Nachfolgeplanung zu überdenken bzw. zu ändern. Rein vermögensverwaltende Personengesellschaften, z.B. vermögensverwaltende Immobilien­personengesellschaften, profitieren grundsätzlich nicht von der Verschonungsregel für betriebliches Vermögen gem. §§ 13a ff. ErbStG. Hier kann etwa überlegt werden, die vermögensverwaltende Personengesellschaft in eine Mitunternehmerschaft, wie z.B. eine GmbH & Co. KG umzuwandeln. Denn bei umfangreichem Immobilien­vermögen kann sich die Gestaltung eines Wohnungsunternehmens i.S.d. Erbschaftsteuergesetzes anbieten. Auch durch das Schaffen einer Betriebsaufspaltung oder von steuerlichem Sonderbetriebsvermögen kann es gelingen, die Verschonungsregelungen der §§ 13a ff. ErbStG zu erreichen. Diese Möglichkeiten gibt es bereits heute und stehen nicht zwingend im Zusammenhang mit den Änderungen durch das MoPeG. Dennoch kann das MoPeG neue Denkanstöße bringen. In jedem Fall der Umgestaltung müssen auch die ertragsteuerlichen und grunderwerbsteuerlichen Konsequenzen beachtet werden.
 

Die Optierung zur Körperschaftsteuer

Für Familienunternehmen interessant ist zudem die geplante Erweiterung der Möglichkeiten zur Optierung zur Körperschaftsteuer. Seit dem Veranlagungszeitraum 2021 können Personenhandelsgesellschaften oder Partner­schaftsgesellschaften beantragen, für die Zwecke der Einkommensteuer wie eine Kapitalgesellschaft behandelt zu werden. Gewinne der optierenden Gesellschaft werden in der Folge auf Ebene der Gesellschaft selbst versteuert. 

Der Antrag auf Ausübung der Option muss derzeit spätestens einen Monat vor Beginn des Wirtschaftsjahres gestellt werden, ab dem die Körperschaftsbesteuerung gelten soll. Bei Neugründung einer oder Formwechsel in eine Personengesellschaft besteht daher bisher ein Übergangszeitraum, in dem die Gesellschaft nach den Grundsätzen über die Besteuerung von Personengesellschaften behandelt wurde.

Soll nach der Option zur Körperschaftsbesteuerung eine Buchwertfortführung nach § 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG erfolgen ist derzeit zudem erforderlich, dass keine funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen im Sonder­be­triebs­vermögen durch die Gesellschafter zurückbehalten werden.
 

Erweiterung der Anwendungsfälle der Optierung zur Körperschaftsteuer

Der vorgelegte Gesetzesentwurf sieht eine Erweiterung der Regelungen über die Optierung zur Körper­schaft­steuer vor. 

Zum einen wird die Beschränkung der Option auf Personenhandelsgesellschaften und Partner­schafts­gesell­schaften aufgegeben. Damit könnten künftig auch nicht gewerbliche Personengesellschaften (bspw. GbR oder bestimmte stille Gesellschaften) die Option in Anspruch nehmen.

Zudem soll die Besteuerung als Kapitalgesellschaft nach dem Gesetzesentwurf künftig auch bei Neugründung oder Formwechsel nahtlos ermöglicht werden. Eine vorübergehende transparente Besteuerung findet dann nicht mehr statt.

Schließlich sieht der Gesetzesentwurf vor, dass künftig die Zurückbehaltung einer im Sonderbetriebsvermögen gehaltenen Beteiligung am Komplementär einer optierenden Gesellschaft nicht zum Ausschluss der Buchwert­fortführung nach § 20 Abs. 2 UmwStG führt. Für eine optierende GmbH & Co. KG hat das zur Folge, dass die Kommanditisten eine Beteiligung an der Komplementär-GmbH künftig nicht mehr vor Optierung zur Körper­schafts­besteuerung auf die KG oder anderweitig übertragen müssen.

Fazit

Die geplante Reform wird im Bereich der Erbschaft- und Schenkungsteuer Rechtssicherheit für betroffene Ge­sell­schaften schaffen. Für sie wird klargestellt, dass es auch für rechtsfähige GbR bei der bisherigen Rechts­lage verbleibt. Hierdurch wird erheblicher Verwaltungsaufwand für die Praxis vermieden, da bestehende erb­schaft- und schenkungsteuerlich optimierte Nachfolgekonzepte nicht mit Blick auf das MoPeG angepasst werden müssen. Für betroffene Gesellschaften besteht damit jedenfalls aus steuerlicher Sicht grundsätzlich kein Handlungsbedarf durch das MoPeG.

Die geplante Erweiterung der Möglichkeiten zur Optierung zur Körperschaftsteuer schafft weiteren Gestal­tungs­­spielraum bei der Planung von Nachfolgekonzepten und steuerlichen Strukturierung von Personen­ge­sell­schaften. Insbesondere die Möglichkeit der unterjährigen Optierung bei Neugründung oder Formwechsel war von der Praxis vielfach gefordert worden. Bei steuerlichen Umstrukturierungen aber auch der Nachfolge­pla­nung sollte die Option zur Körperschaftsbesteuerung daher geprüft werden, jedoch ist aufgrund der erheb­lichen steuerlichen Auswirkungen eine sorgfältige Abwägung der Gestaltungsoptionen erforderlich.
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