Vorsicht bei der Überschuldungsprüfung – Prognose­zeitraum wieder 12 Monate

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veröffentlicht am 4. September 2023 | Lesedauer ca. 3 Minuten


Am 9. November 2022 ist das Sanierungs- und insolvenzrechtliche Krisenfolgen­abmil­derungs­gesetz (SanInsKG) in Kraft getreten. Das SanInsKG sieht einige Erleichter­ungen vor, um die finanziellen Belastungen der Unternehmen abzumildern. So sieht das SanInsKG insbesondere im Hinblick auf den Überschuldungsbegriff Abweich­ungen vor, um den Unternehmen bei den Problemen mit einer vorausschauenden Unternehmensplanung zu helfen.



  

Der verkürzte Prognosezeitraum von zwölf auf vier Monate hat vielen Unternehmen Luft verschafft. Aufgrund der vielfältigen Risikofaktoren am Markt, der unvorhersehbaren Preisentwicklungen und Preisschwankungen war eine langfrisitge Planung für die Geschäftsleitung kaum möglich. Selbst die vorbildlichste Geschäfts­leitung, die durch laufende Planungen die Geschäftsentwicklungen versuchte im Blick zu behalten und die mit aller Mühe ein Risikofrüherkennungs- und Riskomanagementsystem etabliert haben, geriet an ihre Grenzen. Die Krisenfaktoren waren mannigfaltig und insbesondere die Entwicklungen auf den Energie- und Rohstoff­märkten hat fast in jeder Branche dazugeführt, dass eine verlässliche langfristige Unternehmensplanung kaum noch möglich war. Das SanInsKG war daher gerade in den krisengebeutelten Branchen eine echte Erleich­terung, da viele Unternehmen sonst möglicherweise bereits längst zur Insolvenzantragstellung verplfichtet gewesen wären. Auch wenn das SanInsKG noch bis 31. Dezember 2023 gilt, so sollte sich die Geschäftsleitung nicht zu sehr in Sicherheit wiegen und dringend beachten, dass bereits jetzt für die Prüfung einer positive Fortführungs­prognose wieder ein Prognosezeitraum von zwölf Monaten herangezogen werden sollte.  

   

  

Fortführungsprognose nach dem SanInsKG

Die gesetztliche Regelung in § 19 Abs. 2 InsO sieht vor, dass ein Unternehmen überschuldet ist, wenn das Ver­mögen die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens in den nächsten 12 Monaten ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Für die Bejahung einer posi­ti­ven Fortführungsprognose bedarf es einer Ertrags- und Finanzplanung für die nächsten 12 Monate aus der ersicht­lich ist, dass das Unternehmen aus den Zuflüssen die bestehenden und zukünftigen Verbindlichkeiten in diesem Prognosezeitraum decken kann. Mit dem SanInsKG wurde dieser Prognosezeitraum von 12 Monaten auf 4 Monate verkürzt.

  

Anwendung des Prognosezeitraums von zwölf Monaten

Die durch das SanInsKG geschaffenen Erleichterungen sind bis zum 31. Dezember 2023 befristet. Nach derzeitigem Stand ist nicht von einer Verlängerung der Regelungen auszugehen. Zu beachten ist daher, dass man aber bereits jetzt vorsorglich wieder eine Planung mit einem Prognosezeitraum von 12 Monaten vorweisen sollte. Selbst wenn ein Unternehmen derzeit für die nächsten vier Monate gewährleisten kann, dass die Verbind­lich­keiten aus den laufenden Einnahmen gedeckt werden können, so könnte die Geschäftsleitung dennoch bereits jetzt zur Insolvenzantragstellung wegen Überschuldung verpflichtet sein. Die wäre dann der Fall, wenn bereits jetzt absehbar ist, dass nach dem 31. Dezember 2023 eine positive Fortführungsprognose nach dem dann gültigen Überschuldungsbegriff nicht mehr gewährleistet ist. 

Diese Annahme resultiert aus der Gesetzesbegründung. Bereits in dieser wurde darauf hingwiesen, dass „die Regelungen schon vor dem Ablauf der Geltungsdauer einen Teil ihrer praktischen Wirksamkeit einbüßen können. Denn wenn für ein Unternehmen weniger als vier Monate vor dem Ablauf der Geltungsdauer feststeht, dass es unmittelbar nach dem Ablauf dieser Geltungsdauer unter dem dann wieder maßgeblichen Überschul­dungs­­begriff des § 19 InsO überschuldet sein wird, kann dieser Befund auch für die unter § 4 Absatz 2 zu erstellende Fortführungsprognose relevant sein“ (BT Drucks. 20/4087). 

Um kein Risiko einzugehen ist es daher dringend zu empfehlen bereits jetzt wieder eine Planung für die nächs­ten 12 Monate zu erstellen und zu dokumentieren, dass die Gesellschaft in diesem Zeitraum gegenügend Einnah­men erwirtschaften kann, um die laufenden Kosten und in dem Prognosezeitraum fällig werden Verbind­lichkeiten zu tragen. Da sich der stets erforderliche Planungshorizont von 12 Monaten fortlaufend zeitlich ver­schiebt und laufend überholt, bietet es sich in der Praxis an, die Planung von Anfang an über die rechtlich zum jeweiligen Stichtag notwendigen 12 Monate hinaus für weitere Wochen oder Monate fortzuschreiben, damit sich die Planung nicht sofort wieder überholt.

  

Geltungsdauer der sonstigen Regelungen

Für den Fall des Eintritts eines Insolvenzgrundes ist gemäß § 15 a InsO unverzüglich ein Insolvenzantrag zu stellen. Das SanInsKG hat die Frist zur Insolvenzantragstellung für den Fall der Überschuldung von sechs auf acht Wochen angepasst. Diese Regelung und die weiteren Änderungen nach dem SanInsKG gelten weiterhin noch bis 31. Dezember 2023.

  

Beachtung der Insolvenzantragspflichten

Zusammengefasst ist im Hinblick auf die Insolvenzantragspflicht und die damit verbundenen Haftungsrisiken für die Geschäftsleitung dringend zu empfehlen das Vorliegen von Insolvenzantragsgründen laufend zu prüfen und die gesetztlichen Fristen und Regelungen zu beachten. Im besten Fall sollte das Risiko des Eintritts eines Insolveantragsgrundes rechtzeitig erkannt werden, um noch die Möglichkeit zu haben Maßnahmen zu ergreifen. Sollte bereits ein Insolvenzgrund eingetreten sein, der nicht kurzfristig wieder behoben werden kann, so ist unverzüglich ein Insolvenzantrag zu stellen.

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