Vertragsbeziehung zu Ein-Personen-Gesellschaften kann Sozialversicherungspflicht auslösen

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​​veröffentlicht am 11. November 2024 | Lesedauer ca. 2 Minuten


Eine abhängige Beschäftigung löste eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung aus. Entscheidungserheblich sind dabei stets die konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalles im Rahmen einer Gesamtabwägung. Ausschlaggebend ist dabei nicht nur die vertragliche Ausgestal­tung, sondern auch die tatsächliche Durchführung der Zusammenarbeit.


 

Urteilsserie des Bundessozialgerichts vom 20.07.2023 (B 12 BA 1/23 R, B 12 R 15/21 R, B 12 BA 4/22 R)

Das Bundessozialgericht hat in einer Urteilsserie am 20.07.2023 in unterschiedlichen Konstellationen klarge​­­­­­stellt, dass auch die Zwischenschaltung einer Ein-Personen-Kapitalgesellschaft eine Scheinselbststän­digkeit und somit im Ergebnis eine sozialversicherungspflichtige abhängige Beschäftigung verhindern kann.
 
In allen drei Entscheidungen waren Kapitalgesellschaften beteiligt, die nur von einer einzigen natürlichen Person geleitet und geführt wurden. Diese Gesellschaften haben dann Verträge über Dienstleistungen abge­schlossen. Das Bundessozialgericht hat in den drei Entscheidungen nicht auf die abgeschlossenen Verträge, sondern allein auf den Geschäftsinhalt und die Ausführung der Dienstleistungen abgestellt. 
 
In einem Fall waren Pflegedienstleistungen Vertragsgegenstand, die teilweise ambulant und teilweise stationär in einem Krankenhaus erbracht wurden. Im weiteren Fall waren Beratungsleistungen zur Vertriebsoptimierung Gegenstand der zu erbringenden Dienstleistung. Das Bundessozialgericht hat in seiner Entscheidung allein darauf abgestellt, dass die hinter der Kapitalgesellschaft stehenden natürlichen Einzelpersonen die Tätigkeiten ausgeübt haben. Dies wurde als abhängige Beschäftigung mit der Folge der Sozialversicherungspflicht be­wertet, da die betreffenden Personen in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers eingegliedert und dort weisungs­gebunden tätig waren.
 
Im dritten Fall hat das Bundesozialgericht über eine Arbeitnehmerüberlassung entschieden, in deren Rahmen die hinter der Kapitalgesellschaft stehende Einzelperson als einzig qualifizierter Mitarbeiter die Tätigkeiten ausgeführt hat. Da die Kapitalgesellschaft keine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis besaß, wurde auch hier im Ergebnis eine abhängige Beschäftigung mit dem entleihenden Auftraggeber festgestellt.
 

Handlungsempfehlungen

Die Entscheidung des Bundessozialgerichts schließt eine weitere Gestaltungslücke, die in der Vergangenheit zur Vermeidung einer Scheinselbständigkeit bestanden hat. Im Lichte einer sich immer weiter verschärfenden Rechtsprechung sollten auch langjährig praktizierte Modelle der Zusammenarbeit einer kritischen Überprüfung unterzogen werden und im Zweifel abhängige Beschäftigungsverhältnisse vorgezogen werden. Das Aufde­ckungs­risiko in einer Betriebsprüfung ist sehr hoch. Eine fehlerhafte Statusbeurteilung kann immense Kos­tenfolgen auslösen. Die Regressmöglichkeiten sind dagegen sehr begrenzt.
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