EU: Ausschluss oder Schlechtwertung von Bietern wegen IPI-Maßnahme

PrintMailRate-it

​​​veröffentlicht am 3. Juni 2024


Mit der Verordnung (EU) 2022/1031 (ABl.EU L 173/1; kurz: VO) vom 23.6.2022 über das Internationale Beschaffungsinstrument (IPI) und den dazu ergangenen Leitlinien vom 21.2.2023 (ABl.EU C 64/7) will die EU die in Drittländern, wie etwa in China, geschützten öffentlichen Beschaffungsmärkte für europäische Unternehmen öffnen. So hat die EU-Kommission eine Untersuchung zu Medizinprodukten aus China eingeleitet, um IPI-Maßnahmen ergreifen zu können, die von öffentlichen Auftraggebern in Vergabeverfahren zwingend zu beachten sind.
  • Mit Bekanntmachung vom 24.4.2024 (ABl.EU C/2024/2973) kommt die EU-Kommission vorläufig zu der Einschätzung, dass eine rechtlich und tatsächlich schwerwiegende und wiederholte Behinderung des Zugangs von Waren und Dienstleistungen aus der EU auf den Markt für öffentliche Aufträge in China im Bereich Medizinprodukte (z.B. Röntgengeräte, Rollstühle, Beatmungsapparate, medizinische Instrumente, Geräte und Verbrauchsmaterialien) besteht. Die Untersuchung wird die EU-Kommission voraussichtlich in den nächsten 14 Monaten abschließen, um eine mögliche IPI-Maßnahme anzuordnen.
  • IPI-Maßnahmen betreffen nur Vergabeverfahren für Liefer- und Dienstleistungen mit einem geschätzten Netto-Auftragswert i.H.v. mindestens 5 Mio. Euro  bzw. bei Bauleistungen und Konzessionen i.H.v. mindestens 15 Mio. Euro (Art. 6 Abs. 4 VO).
  • In zeitlicher Hinsicht gelten IPI-Maßnahmen nur für Vergabeverfahren, die nach Inkrafttreten der IPI-Maßnahmen eingeleitet wurden (Art. 1 Abs. 4 VO).
  • Stellt die EU-Kommission nach Abschluss der Untersuchung eine wettbewerbsbeschränkende Praxis in dem Drittland fest, kann sie öffentliche Auftraggeber zu einer IPI-Maßnahme verpflichten: Sie müssen entweder Angebote aus dem betreffenden Drittland ausschließen oder solche Angebote um bis zu 50% im Rahmen der Zuschlagskriterien (bzw. bis zu 100%, falls der Preis als einziges Zuschlagskriterium bestimmt wurde) schlechter bewerten (Art. 6 Abs. 6 VO). Bis zum Erlass einer solchen IPI-Maßnahme besteht weder für den öffentlichen Auftraggeber noch für eine Nachprüfungsbehörde eine Bindung an eine vorläufige Einschätzung der EU-Kommission.
  • Öffentliche Auftraggeber müssen ferner in den Vergabeunterlagen bestimmte Verpflichtungen aufnehmen (Art. 8 Abs. 1 VO), dass z.B. nicht mehr als 50% des gesamten Auftragswertes an Unterauftragnehmer aus dem betreffenden Drittland weitervergeben werden dürfen (Buchst. a) und eine entsprechende Pflichtverletzung mit einer Vertragsstrafe von 10% bis 30% des gesamten Auftragswertes sanktioniert wird (Buchst. d).
  • Bieter können bei der zuständigen Vergabekammer ein Nachprüfungsverfahren beantragen, um die ordnungsgemäße Einhaltung der IPI-Maßnahme im Vergabeverfahren überprüfen zu lassen (Art. 10 VO). ​​

Veröffentlichungen

Auszeichnungen

Aus dem Newsletter

Kontakt

Contact Person Picture

Holger Schröder

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Vergaberecht

Partner

+49 911 9193 3556

Anfrage senden

Profil

Wir beraten Sie gern!

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu