Der ukrainische Arbeitsmarkt 2018

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veröffentlicht am 26. Oktober 2018 | Lesedauer: ca. 3,5 Minuten

  

Die Wirtschaftssituation in der Ukraine erholt sich seit 2016 kontinuierlich und es ist ein stabiler Zuwachs an inländischen sowie ausländischen Investitionen zu ver­zeichnen. Als Folge erholt sich auch der ukrainische Arbeitsmarkt: Die Nachfrage nach Mitarbeitern steigt von Monat zu Monat.

 

  

Nach den ukrainischen Statistiken der ersten sechs Monate 2018 sank die Zahl der registrierten Arbeitslosen um 18 Prozent. Diese Daten erfassen jedoch nur diejenigen, die bei der staatlichen Arbeitsverwaltung registriert sind. Es wird geschätzt, dass die tatsächliche Zahl um ein Vielfaches höher ist, da sich viele wegen des sehr niedrigen Arbeitslosengeldes nicht als arbeitslos melden.
 
Nach offiziellen Angaben stieg die Zahl der vakanten Stellen in der 1. Hälfte des Jahres 2018 um acht Prozent – die Auswahl ist aktuell sehr vielfältig. Die meisten Unternehmer in der Ukraine haben ihre Belegschaft 2017 ausgebaut. Besonders die produzierende Branche (Lebensmittel-, Pharma-, Bauindustrie) weist einen sehr hohen Bedarf an neuen Arbeitskräften auf. Diese Tendenz setzt sich 2018 fort.
 

Löhne in der Ukraine

Die Löhne  sind im Vergleich zu anderen europäischen Ländern nach wie vor relativ niedrig. Nach Angaben des Staat­lichen Statistikamtes lag der durchschnittliche Nominallohn im Juni 2018 bei 9.141 Ukrainischen Hrywnja (UAH, ca. 300 Euro). Das niedrigste Lohnniveau müssen Kranken­schwestern, Verkäufer, Fahrer und Näherinnen hinnehmen. In der Gesundheitsfürsorge beträgt das Durchschnittsgehalt 5.747 UAH (ca. 179 Euro), bei lehrenden und ausbildenden Berufen 6.958 UAH (ca. 217 Euro). Es wurde berechnet, dass die Ukrainer im Durchschnitt einen Stundenlohn von 64 UAH (ca. 2 Euro) verdienen. Er ist in den letzten 6 Monaten angestiegen (zum Vergleich: Im März 2018 lag er bei 53 UAH pro Stunde).
 
Die Höhe der Durchschnittsgehälter ist von Region zu Region unterschiedlich. Das höchste durchschnittliche Gehalt bekommen die Arbeitnehmer in Kiew – dort sind es 13.553 UAH (ca. 423 Euro). Danach folgen die Kijowska und Dniepropetrovska Oblast. Hier variieren die Durchschnittsgehälter zwischen 9.200 UAH und 9.770 UAH (ca. 287 Euro bzw. 305 Euro).  
 
Zu beachten ist, dass Unternehmen in den Regionen mit den niedrigsten Gehältern der letzten Jahre, z.B. Transkarpaten Region oder Invano-Frankivska Oblast, die Löhne 2018 signifikant erhöht haben. Das zeigten die Ergebnisse des Ukrainischen Statistikamtes, wonach diese Regionen aktuell nicht mehr zu den Gebieten mit niedrigstem Gehaltsniveau gehören. Das ist damit verbunden, dass sich dort in den letzten Jahren sehr viele Investoren in der Autozu­liefererindustrie niedergelassen haben. Es wurden viele Arbeits­plätze geschaffen, die handwerkliche Fähigkeiten voraussetzen. Nicht zu vergessen ist auch die Tatsache, dass sehr viele Arbeits­kräfte – v.a. aus den Regionen der Westukraine – nach Polen ausge­wandert sind und noch immer auswandern. Es ist also nachvoll­ziehbar, dass Unternehmen in diesen Regionen die Gehälter 2018 signifikant erhöhen mussten.
 

Migration aufgrund der Arbeitssituation

Die Arbeitsmigration ist ein aktuelles Thema in der Ukraine. Die meisten Arbeit­nehmer wandern nach Polen aus, da sie dort keiner Sprach­barriere gegenüber stehen und im Durchschnitt zwischen 600 und 800 Euro netto verdienen. Polen bemüht sich sehr, die ukrainischen Arbeitskräfte anzuwerben, da sich die polnische Wirtschaft gut entwickelt und Polen selbst unter Arbeitskräftemangel leidet.
 
Polen hat die Rahmenbedingungen für den Erhalt der Arbeits- und Aufenthalts­genehmigungen für ukrainische Arbeitnehmer sehr liberalisiert. Der Bedarf an ausländischen Arbeitskräften in Polen wächst jährlich, sodass die Tendenz für die Abwanderung der Arbeitskräfte in der Ukraine auch in den nächsten Jahren ein Problem darstellen wird. Ab 2019 will auch Deutschland ihre Erfordernisse für den Erhalt der Arbeitsgenehmigungen für die Arbeits­kräfte außerhalb der EU liberalisieren. Es ist daher zu erwarten, dass die Ukrainer Arbeits­plätze weiterhin nicht in ihrer Heimat suchen werden, sondern außerhalb.
 
In dieser Situation ist es verständlich, dass Unternehmen vor Ort Maßnahmen treffen müssen, um die Mitarbeiter langfristig zu binden. Im Jahr 2017 führten 60 Prozent aller Unternehmen in der Ukraine Maßnahmen zur Erhaltung der Mitarbeitermotivation ein: Seit 2016 steigen die Gehälter; die Unternehmen schließen für die Mitarbeiter private Krankenversicherungen ab, schaffen gute Arbeitsbedingungen, führen Bonus-Systeme ein, bieten Fortbildungen an etc.
 
Die meisten Unternehmen passen (meist 1-mal im Jahr) die Löhne an den Inflations­index an – im Jahr 2017 haben das 90 Prozent der Unternehmen gemacht, die die Löhne in UAH angeben, und  die Löhne um durch­schnittlich 15 Prozent erhöht. Laut dem Staatlichen Statistikdienst der Ukraine betrug die Inflationsrate im Jahr 2017 13,7 Prozent.
 
Es ist wichtig anzumerken, dass die Lohnerhöhungen von Branche zu Branche unterschiedlich ausfallen. In der Industrie und dem Handel konnten 2017 bis zu 30 Prozent Lohn- und Gehaltssteigerungen verzeichnet werden, im Agrarsektor bis zu 22 Prozent. Der Trend könnte mit einer deutlichen Erhöhung des Mindest­lohns im Jahr 2017 zusammenhängen (der aktuelle Mindestlohn beträgt 3.723 UAH, ca. 120 Euro).
 
In den großen Industriezentren wie Kiew, Lviv, Odessa, Dnipro ist es manchmal schwierig, geeignetes Personal zu finden. Es geht v.a. um Fach- und obere Führungs­kräfte. In den Regionen außerhalb der großen Industrie­zentren gibt es allerdings immer noch genug Personal.
 

Fazit

Die Ukraine ist wegen ihrer niedrigen Löhne ein sehr interessanter Standort für ausländische Unternehmen. Der Arbeitsmarkt unterliegt jedoch ständigen Veränderungen. Es ist daher erforderlich für die geplanten Investitionen die Entwicklung des Arbeits­marktes zu verfolgen. Die Situation unterscheidet sich zudem von Region zu Region, sodass genau geprüft werden muss, in welchen Regionen genügend Arbeits­kräfte vorhanden sind und wo das Lohnniveau am niedrigsten ist.

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