Brexit und wie es weiter geht: Ein Blick auf das Sozialversicherungs- und Aufenthaltsrecht

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zuletzt aktualisiert am 1. September 2023 | Lesedauer ca. 2 Minuten

  

Am 23. Juni 2016 haben sich die Briten für einen Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union entschieden („Brexit-Referendum“). Infolgedessen ist das Vereinigte Königreich seit Februar 2020 kein Mitglied der Europäischen Union mehr. Ein Austrittsabkommen, das einen Übergangszeitraum vorsieht, ist zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich geschlossen worden, sodass die EU-Regelungen noch bis zum 31. Dezember 2020 weiter gelten. Ab dem 1. Januar 2021 sind wichtige Änderungen bezüglich des Sozialversicherungs- und Aufenthaltsrechts zu beachten.

 

  

  

   

Sozialversicherung: die Unterscheidung zwischen Bestands- und Neusachverhalte

Ab dem 1. Januar 2021 muss zwischen zwei Personengruppen unterschieden werden:
Für Personen, die sich in einer grenzüberschreitenden Situation zwischen einem EU-Mitgliedstaat mit dem Vereinigten Königreich schon vor dem 1. Januar 2021 befanden, können die Regeln zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit noch Anwendung finden. Laut der deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland (DVKA) kann eine A1-Bescheinigung über den 31. Dezember 2020 hinaus gelten, wenn der grenzüberschreitenden Sachverhalt der betroffenen Person bereits vor dem 1. Januar 2021 bestand und über den 31. Dezember 2020 hinausgeht. Die A1-Bescheinigung auf Grundlage einer Entsendung gemäß Art. 12 VO(EG) 883/2004 kann daher nur noch dann ausgestellt werden, wenn die Entsendung noch im Jahr 2020 begann und das für maximal 24 Monate.
  
Demgegenüber findet für Personen, die sich vor dem 1. Januar 2021 noch nicht in einer grenzüberschreitenden Situation zwischen einem EU-Mitgliedstaat mit dem Vereinigten Königreich befanden, die Koordinierung der Sozialversicherung, d.h. die VO(EG) 883/2004 keine Anwendung mehr.
  
Hinsichtlich der Neusachverhalte ab dem 01.01.2021 gibt es aktuell noch keine einheitlichen Regelungen, diese Neusachverhalte könnten aber wie folgt behandelt werden:
Die Beziehungen zwischen dem Vereinigte Königreich und Deutschland könnten mit einer bilateralen Vereinbarung wie einem Sozialversicherungsabkommen geregelt werden. Diese Abkommen würde das Sozialversicherungsrecht zwischen dem Vereinigten Königreichs und Deutschland koordinieren.
  
Falls keine Vereinbarung zustande kommt, stellt sich die Frage, ob das „Abkommen vom 20. April 1960 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland über Soziale Sicherheit“ wieder aufleben könnte. Das Abkommen ist nie aufgehoben worden, allerdings ist die Antwort auf diese Frage derzeit noch unklar. Mit dem Abkommen wäre ein D-UK-101-Zertifikat zum Nachweis des Sozialversicherungsschutzes statt der A1-Bescheinigung zu beantragen. Das Abkommen gilt allerdings nur für die Staatsangehörigen der Vertragsparteien und mithin nicht für Drittstaatenangehörigen. Außerdem deckt es die Versicherungszweige der Arbeitslosen- und Pflegeversicherung nicht ab. Der Personenkreis und die abgedeckten Zweige sind nicht so umfassend geregelt wie in der VO (EG) 883/2004 .
  
Sollte kein neues Abkommen geschlossen werden und das aus dem Jahr 1960 nicht mehr gelten, könnte sich der Verbleib im heimatlichen Sozialversicherungssystem bei Auslandseinsätzen schwierig gestalten und Versicherungszeiten können ggf. nicht angerechnet werden. 
  

Änderungen zur Staatsbürgerschaft und zum Aufenthaltsrecht

Britische Staatsbürger hatten bisher die Möglichkeit über die doppelte deutsch-britische Staatbürgerschaft zu verfügen. Nach dem Ende der Brexit-Übergangsphase (31. Dezember 2020) kann die doppelte Staatsbürgerschaft in Deutschland nicht mehr beantragt werden. Sofern Interesse an der doppelten Staatsbürgerschaft besteht, wird empfohlen, die deutsche Staatsbürgerschaft vor dem 1. Januar zu beantragen, da bei einer Beantragung ab dem 1. Januar die britische ggf. für die deutsche Staatsbürgerschaft aufgegeben werden muss.
    
Außerdem wird ab 2021 für Personen, die ausschließlich die britische Staatsbürgerschaft und zusätzlich keine Staatsbürgerschaft aus einem EU-Land besitzen, ein Aufenthaltstitel benötigt. Es muss erneut zwischen zwei Personengruppen unterschieden werden:
Für die Britinnen und Briten, die vor dem 1. Januar 2021 in Deutschland gewohnt haben, weiterhin dort leben wollen und freizügigkeitsberechtigt waren, muss der Aufenthalt vor dem 1. Juli 2021 bei der zuständigen Ausländerbehörde angezeigt werden. Durch die Anzeige des bisherigen Aufenthalts in Deutschland wird der künftige Aufenthalt auch weiterhin gestattet sein. Als Nachweis wird hierfür eine Aufenthaltskarte ausgestellt.
  
Britinnen und Briten, die vor dem 1. Januar 2021 nicht in Deutschland gewohnt haben, aber nach dem 31. Dezember 2020 hinziehen wollen, werden wie Staatsangehörige anderer Drittstaaten behandelt. Das deutsche Aufenthaltsrecht findet Anwendung.

 
Letztendlich bleibt das Koordinationsrecht grundsätzlich für Britinnen und Briten, die vor dem 1. Januar 2021 schon einen Bezug zu Deutschland hatten, bestehen. Für Britinnen und Briten, die ab 2021 in Deutschland leben und/oder arbeiten wollen, ist die Rechtslage im Hinblick auf das Sozialversicherungsrecht teilweise noch unklar und das Aufenthaltsrecht muss beachtet werden.

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