Die Anwendung des Option Pricing Models zur Bewertung komplexer Kapitalstrukturen

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​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 29. Oktober 2024 | Lesedauer ca. 5​ Minuten


Das Option Pricing Model (OPM) ist eine Methode zur Aufteilung des Eigenkapital­​werts auf verschiedene Wertpapierklassen in der Kapitalstruktur eines Unternehmens. Besonders bei der Bewertung von Start-up Unternehmen kommt dem OPM eine hohe Bedeutung zu, da hier in aufeinanderfolgenden Finanzierungsrunden häufig unter­schied­​liche Rechte, etwa Liquidationspräferenzen, an neue Investoren vergeben oder Instrumente wie Wandelanleihen ausgegeben werden. Außerdem kann die Berücksichtigung von Anti-Dillution beim OPM erfolgen.


Das Optionspreismodell oder Option Pricing Model (OPM) ist eine Methode zur Zuteilung des Eigenkapitalwerts auf verschiedene Wertpapierklassen in der Kapitalstruktur eines Unternehmens. Es ist (grundsätzlich) keine Methode zur Schätzung des Gesamtwerts des Eigenkapitals für das gesamte Unternehmen, sondern ein Instrument zur Aufteilung eines bereits ermittelten Eigenkapitalwertes. Besonders bei der Bewertung von Start-up Unternehmen kommt dem OPM eine hohe Bedeutung zu, da hier in aufeinanderfolgenden Finanzierungs­​runden sehr häufig unterschiedliche Rechte, etwa Liquidationspräferenzen, an neue Investoren vergeben oder Instrumente wie Wandelanleihen ausgegeben werden. Außerdem kann die Berücksichtigung von Anti-Dillution beim OPM erfolgen. Grundsätzlich wird beim OPM jede Wertpapiergattung als Kaufoption auf den Gesamtwert des Eigenkapitals des Unternehmens behandelt und das Black-Scholes-Modell zur Bewertung der Kaufoptionen verwendet. Der Aktienkurs im Black-Scholes-Modell wird zum Gesamtwert des Eigenkapitals des Unternehmens, während der Strike Preis den sogenannten Breakpoint des Eigenkapitals darstellt, an dem sich die Verteilung etwaiger Exit-Erlöse auf die unterschiedlichen Wertpapiergattungen ändert. Bei einer kürzlich erfolgten Finanzierungsrunde kann das OPM mithilfe der Backsolve Methode verwendet werden, um den Wert des Eigenkapitals zu ermitteln.

Beim OPM wird jede Eigenkapitaltranche (unterschiedliche Rechte vorausgesetzt) als Kaufoption auf den gesamten Eigenkapitalwert des Unternehmens behandelt.  Dies ergibt sich aus den unterschiedlichen Partizipationsregeln abhängig von einem etwaigen Exit-Erlös bzw. IPO. Grafisch lässt sich dieser sogenannte Waterfall wie folgt darstellen:

 
Das Vorgehen bei der Durchführung des OPM lässt sich dann in den folgenden Schritten zusammenfassen:

Schritt 1: Analyse der Kapitalstruktur. Identifikation von allen Anteilsklassen und ihren jeweiligen Rechten (wie Liquidationspräferenzen). Insbesondere müssen auch solche Sachverhalte identifiziert werden, die bereits angelegt sind und im Zeitraum bis einschließlich eines Exits oder IPO die Kapitalstruktur beeinflussen. Hierbei kann es sich etwa um Kicker oder Bonus shares oder Optionen handeln. Es ist essenziell diesen Schritt gewissenhaft durchzuführen, um ein detailliertes Verständnis des Waterfalls (bzw. der Erlösverteilung) im Exit-Zeitpunkt zu gewinnen.

Schritt 2: Berechnung der Breakpoints. Ein Breakpoint ist der Eigenkapitalwert bzw. Exit-Erlös, an dem sich die Partizipationsregeln unter den verschiedenen Anteilsklassen verändern. Für jede dieser Änderung ist ein neuer Breakpoint zu definieren. Der Eigenkapitalwert, der über einen bestimmten Breakpoint hinausgeht, entspricht einer Call-Option auf das Eigenkapital des Unternehmens mit dem Breakpoint als Strike Price. Der Eigenkapitalwert, der den einzelnen Breakpoints zugewiesen werden kann, lässt sich dann als Differenz aus diesen Call-Optionen berechnen.

Schritt 3: Bestimmung der Black-Scholes-Parameter. Das OPM verwendet in der Regel das Black-Scholes-Optionspreismodell, um den Wert der verschiedenen Breakpoints als Kaufoptionen auf den Aktienwert des Unternehmens zu bestimmen. Um Black-Scholes anwenden zu können werden die folgenden Parameter benötigt:
  • Aktienkurs: Der Aktienkurs im OPM ist der Gesamtwert des Eigenkapitals des Unternehmens, der durch die Anwendung traditioneller Bewertungsmethoden geschätzt wird (oder mittels Backsolve Methode ermittelt wird). 
  • Strike Price (Ausübungspreis): Der Ausübungspreis entspricht dem in Schritt 2 ermittelten Breakpoint.
  • Laufzeit: Als Laufzeit der Option wird eine Schätzung über die Dauer bis zum Liquiditätsereignis (Exit, IPO) angesetzt. Dies kann typischerweise aus Managementeinschätzungen oder aus den Shareholder Agreements abgeleitet werden.
  • Volatilität: Die Volatilität kann aus beobachteten historischen Volatilitäten oder der impliziten Volatilität aus gehandelten Optionen von börsennotierten Unternehmen, Benchmarks und anderen Quellen abgeleitet werden.​​
  • Risikofreier Zinssatz: Der risikofreie Satz kann etwa mit der Svensson Methode mit einer Laufzeit, die der im OPM verwendeten Laufzeit entspricht, abgeleitet werden.

Schritt 4: Berechnung jeden Breakpoint-Wertes. Mit Hilfe des Black-Scholes-Modells werden die Werte der Kaufoptionen in jedem Breakpoint berechnet und aus deren Differenzen die Werte, die den jeweiligen Breakpoints zugewiesen werden, abgeleitet. 

Schritt 5: Aufteilung auf die Anteilsklassen. Da die Breakpoints mitunter eine Partizipation mehrerer Anteilsklassen beinhaltet ist in einem letzten Schritt eine Aufteilung der Werte der einzelnen Breakpoints auf die jeweils partizipierenden Anteilsklassen notwendig. 

Zusammenfassend sind also die folgenden Schritte zur Durchführung notwendig:



Ein einfaches Zahlenbeispiel:

Betrachten wir ein hypothetisches Unternehmen, XYZ AG mit einer Kapitalstruktur, die aus 1 Mio. Stammaktien, 1 Mio. Vorzugsaktien mit Liquidationspräferenz und ausgegebenen Optionen auf 200.000 Stammaktien besteht. Der geschätzte Unternehmenswert des Unternehmens beträgt 100 Mio. €, das Unternehmen ist unverschuldet. Die geschätzte Zeit bis zur Liquidität beträgt 5 Jahre, und die Volatilität liegt bei 40 Prozent. Der risikofreie Zinssatz beträgt 2 Prozent.

Die Vorzugsaktien sollen eine Liquidationspräferenz von 50 Mio. € haben (d.h. sie würden in einem Exit-Ereignis 50 Mio. € erhalten bevor Inhaber von Stammaktien ausgezahlt würden) und 1:1 wandelbar in normale Stammaktien sein. Die ausgegebenen Optionen haben einen Strike Price von 30€.

Zunächst sind die Breakpoints (abhängig vom Eigenkapitalwert) zu definieren. Der erste Breakpoint beträgt 50 Mio. €, bis dahin partizipieren nur die Vorzugsaktien, ab diesem Zeitpunkt partizipieren auch die Stammaktien. Für die Optionsinhaber ist ein Wandel ab einem Preis pro Aktie von 30€ rentabel, also bei einem Eigenkapitalwert von 50 Mio. + 1.000.000 * 30 € = 80 Mio. € (2. Breakpoint). Ab diesem Punkt partizipieren zunächst Optionsinhaber und Inhaber von Stammaktien bis zu einem Eigenkapitalwert von 104 Mio. (50 € (Liquidationspräferenz je Vorzugsaktie) * 2,2 Mio. Anteile abzgl. Zahlung der Strike Prices von 6 Mio. €) ab dem für die Inhaber von Vorteilsaktien ein Wandel vorteilhaft wäre (3. Breakpoint). Bei Werten oberhalb des 3. Breakpoints partizipieren alle Anteilseigner proportional nach ihren Anteilen.

Der anhand von Black-Scholes ermittelte Wert des 1. Breakpoints beträgt 39,4 Mio. € und ist nur den Vorzugsaktien zuzuordnen. Er berechnet sich als Wert des Eigenkapitals abzüglich der Call Option zu einem Strike Price von 50 Mio. €. Der Wert des 2. Breakpoints von 15,2 Mio. € ist nur den Stammaktien zuzuordnen. Dieser wiederum berechnet sich als Wert des Eigenkapitals abzüglich der Call Option zu einem Strike Price von 80 Mio. € und abzüglich des Wertes des ersten Break Points. Der Wert des 3. Breakpoints von 8,8 Mio. € teilt sich nach den jeweiligen Anteilen auf die Stammaktien und Optionsinhaber auf und die Residuale von 36,5 Mio. € ist nach Wandlung allen Anteilsinhabern proportional zuzuordnen. Damit ergibt sich insgesamt folgende Aufteilung:


Man sieht also, dass die Liquidationspräferenz den Vorzugsaktien einen deutlich höheren Wert zuweist, da sie bei einem Rückgang des Unternehmenswertes bevorzugt ausgezahlt werden.

Fazit​

Das OPM erlaubt mit Hilfe der aufgezeigten fünf Schritte eine Aufteilung des Wertes des Eigenkapitals auch auf eine komplexen Anteilsstrukturmit Liquidationspräferenzen oder anderen aktienrechtlichen Konstruktionen. Dabei wird die stochastische Verteilung der zukünftigen Exit-Erlöse berücksichtigt, womit ein qualitativ besseres Ergebnis als mit anderen Methoden, wie der Current Value Method erzielt wird. Das OPM ist insbesondere in der Lage den Vorteil einer Liquidationspräferenz quantitativ aufzuzeigen.

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