Polen: Die Familienstiftung – eine neue Institution in der polnischen Rechtsordnung

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​zuletzt aktualisiert am 7. März 2023 | Lesedauer ca. 3 Minuten

 
In der polnischen Rechtsordnung wird es demnächst eine neue Institution geben – die Familienstiftung. Der Präsident der Republik Polen hat ein Gesetz unterzeichnet, das drei Monate nach seiner Veröffentlichung in Kraft treten wird. 

  

  

    Funktion der Familienstiftung

Mit der Einführung der Familienstiftung in Polen sollen das Risiko einer misslungenen Nachfolge minimiert und die Kontinuität der unternehmerischen Tätigkeit sichergestellt werden. Die Übertragung des Vermögens auf eine Familienstiftung soll das Vermögen vor Aufspaltung schützen und es ermöglichen, es zu mehren und aus ihm Vorteile zu ziehen, die zur Deckung der Kosten für den Unterhalt der vom Stifter angegebenen Personen verwendet werden können.
  
Die Familienstiftung wird eine juristische Person mit Sitz in der Republik Polen sein. Stifter kann/können (eine) natürliche, voll geschäftsfähige Person(en) sein; zur Gründung einer Stiftung bedarf es eines notariellen Gründungsaktes oder eines notariellen Testaments, in dem die Gründung einer Familienstiftung verfügt wird. 
Des Weiteren sind eine Satzung, die Einbringung des ausgewählten Vermögens in die Familienstiftung sowie die Eintragung in das Register der Familienstiftungen erforderlich. Diese Vorschriften entsprechen weitgehend denjenigen über Handelsgesellschaften, weswegen man sich auf die Doktrin stützen kann, die zu den Vorschriften des Gesetzbuches über die Handelsgesellschaften entwickelt wurde.
  
Begünstigter einer Familienstiftung kann sowohl eine natürliche Person (einschließlich des Stifters selbst) als auch eine gemeinnützige Organisation sein. Der Kreis der Begünstigten ist im Gründungsakt festzulegen.

Organe der Familienstiftung

Die Organe der Familienstiftung in Polen sind: der Vorstand, der Aufsichtsrat und die Versammlung der Begünstigten. 
  
Der Vorstand ist für die Führung der Geschäfte der Familienstiftung verantwortlich und vertritt sie nach außen. Außerdem ist er für die Sicherstellung der Liquidität und Zahlungsfähigkeit der Stiftung, für die Erstellung, Führung und Aktualisierung der Liste der Begünstigten sowie für die Information der Begünstigten der Stiftung über die ihnen zustehenden Leistungen zuständig.
  
Der Aufsichtsrat nimmt gegenüber dem Vorstand Aufsichtsfunktionen wahr. Die Satzung kann die Befugnisse des Aufsichtsrats insbesondere durch den Vorbehalt erweitern, das bestimmte Handlungen des Vorstandes nur mit der vorab einzuholenden Zustimmung des Aufsichtsrates vorgenommen werden dürfen.
  
Die Versammlung der Begünstigten besteht aus den Begünstigten, die lt. Satzung zur Teilnahme an der Versammlung berechtigt sind. Die Versammlung ist für die Fassung der wichtigsten Beschlüsse über die Tätigkeit der Stiftung verantwortlich.

Ausübung einer Gewerbetätigkeit durch die Familienstiftung

Die Familienstiftung in Polen wird einer Gewerbetätigkeit ausschließlich in folgenden Bereichen nachgehen können: 
  • Veräußerung von Vermögen, soweit das Vermögen nicht ausschließlich zwecks Weiterveräußerung erworben wurde
  • Vermietung, Verpachtung oder Überlassung von Vermögen auf anderer Grundlage zur Nutzung
  • Beitritt zu Handelsgesellschaften, Investmentfonds, Genossenschaften und Rechtsträgern ähnlicher Natur mit Sitz im In- oder Ausland sowie Beteiligung an solchen Gesellschaften, Fonds, Genossenschaften und Rechtsträgern
  • Erwerb und Veräußerung von Wertpapieren, Derivaten und ähnlichen Rechten
  • Gewährung von Darlehen an:
      • Kapitalgesellschaften, an denen die Familienstiftung Anteile oder Aktien hält
      • Personengesellschaften, an denen die Familienstiftung als Gesellschafter beteiligt ist
      • die Begünstigten
  • Nutzung ausländischer, der Familienstiftung gehörender Zahlungsmittel, zwecks Vornahme von Zahlungen im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Familienstiftung
  • Herstellung von anders als industriell verarbeiteten pflanzlichen und tierischen Erzeugnissen, mit Ausnahme verarbeiteter pflanzlicher und tierischer Erzeugnisse, die in Spezialabteilungen für landwirtschaftliche Erzeugung hergestellt wurden, sowie von verbrauchsteuerpflichtigen Erzeugnissen, sofern die Menge der zur Herstellung des betreffenden Produkts verwendeten pflanzlichen bzw. tierischen Erzeugnisse aus eigenem Anbau, eigener Zucht oder eigener Haltung mindestens 50 Prozent dieses Produkts ausmacht
  • Forstwirtschaft 
  

Sollte die Tätigkeit der Stiftung über den oben angegebenen Umfang hinausgehen, so wird sie mit Körper­schaft­steuer i.H.v. 25 Prozent der Steuerbemessungsgrundlage belegt werden, was eine Absicherung gegen Missbrauch darstellt. 


Besteuerung der Familienstiftung

Die Übergabe von Mitteln zwischen dem Stifter und der Familienstiftung in Polen wird steuerlich neutral sein. Die Einnahmen aus einer Gewerbetätigkeit, die nicht über den oben beschriebenen Rahmen hinausgeht, werden von der Körperschaftsteuer befreit sein. Die Stiftung wird grundsätzlich auch bei den Kapitalerträgen (den ausgeschütteten Dividenden) von der Ertragssteuer befreit sein. Die Steuer wird erst bei Auszahlung der Leistung an die Begünstigten fällig. Hier wird der Steuersatz von 15 Prozent Anwendung finden. Die Leistungen, die die nächsten Angehörigen als Begünstigte der Familienstiftung erhalten, werden einkommensteuerfrei sein. Bei Leistungen an Dritte wird bei der Einkommensteuer ein Präferenzsteuersatz von 15 Prozent Anwendung finden. 
  
Die Familienstiftung wird nicht von der Steuer auf Einnahmen aus Gebäuden befreit sein, was bedeutet, dass ihre Gebäude, wenn deren Anschaffungswert insgesamt 10 Mio. PLN übersteigt, mit einem Satz von 0,035 Prozent jährlich besteuert werden.
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