EU-Offenlegungsverordnung – „Nachhaltige” Herausforderung für Kapitalanlagen

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zuletzt aktualisiert am 13. September 2023 | Lesedauer ca. 4 Minuten


Seit dem 10. März 2021 ist die EU-Verordnung „über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor” (Offenlegungsverordnung) in Kraft. Als Teil des EU-Aktionsplans für ein nachhaltiges Finanzwesen sollen damit u.a. die Ziele des Pariser Klimaabkommens erreicht werden. Seit dem 1. Januar 2023 sind darüber hinaus die technischen Regulierungsstandards zur Offenlegungsverordnung anzuwenden, welche die Anforderungen der Offenlegungsverordnung konkretisieren.
 

 

Zur Umsetzung der Ziele der Klimakonferenz von Paris 2015 (UN 2030 Agenda for Sustainable Development) wurde 2018 der EU-Aktionsplan für ein nachhaltiges Finanzwesen ins Leben gerufen. Ziele des Aktionsplans sind die Umlenkung privaten Kapitals in nachhaltige Investments, wobei es für Letztere eine einheitliche Kennzeichnung geben soll (Taxonomie), die Förderung von Transparenz und Langfristigkeit (Offenlegung, Unternehmensführung) sowie die Verankerung der Nachhaltigkeit im Aufsichtsrecht (Risikomanagement, Rating, Kapitalanforderungen).
 
Entsprechend ist vorderstes Ziel der Offenlegungsverordnung eine einheitliche Transparenz zu gewährleisten, ob es sich um Produkte handelt, die nachhaltige Investitionen tätigen bzw. nachhaltige Kriterien bei der Investition berücksichtigen oder nicht. So ist es auch kein „Muss”, ein „nachhaltiges Finanzprodukt” im Sinne der Offenlegungsordnung aufzulegen. Anlegerinnen und Anleger sollen bei ihrer Investition nur vollständig informiert sein und durch die Vereinheitlichung von Art und Umfang der Informationen Produkte besser vergleichen können.

Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass seit August 2022 die Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenz des Anlegenden im Beratungsprozess zu Kapitalanlageprodukten verpflichtend und durch ein entsprechendes Produktportfolio zu beantworten ist. Kundinnen und Kunden werden dafür gefragt, ob und, wenn ja, inwieweit sie in ein Finanzprodukt investieren möchten,

  1. das zu einem Mindestanteil in ökologisch nachhaltigen Wirtschaftstätigkeiten i.S.d. Taxonomie-Verordnung investiert,
  2. das einen Mindestanteil nachhaltiger Investitionen i.S.d. Offenlegungsverordnung enthält oder
  3. das die wichtigsten nachteiligen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren berücksichtigt.


Beraterinnen und Berater dürfen nur Produkte empfehlen, die diesen abgefragten Präferenzen entsprechen; ob dem so ist, hat die beratende Person anhand der vorvertraglichen Informationen zu ermitteln. Die technischen Regulierungsstandards zur Offenlegungsverordnung stellen u.a. für eine bessere Vergleichbarkeit verschiedener Produkte Templates (Vorlagen) für die Bereitstellung der nachhaltigkeitsbezogenen vorvertraglichen In­for­ma­tio­nen zur Verfügung.
 
Vor diesem Hintergrund haben Anbieter, aber auch Berater von Kapitalanlagen für sich strategisch zu ent­schei­den, wie sie sich künftig zum Thema ESG aufstellen wollen, da sich der gesellschaftliche Wandel auch auf die Nachfrage nach nachhaltigen Finanzprodukten auswirken wird.
 
Die Offenlegungsverordnung unterscheidet zum einen zwischen Finanzmarktteilnehmern (hier finden sich u.a. die Kapitalverwaltungsgesellschaften wieder) und Finanzberatern (insbesondere Banken und Wertpapier­firmen). Finanzmarktteilnehmer werden dabei höhere Offenlegungspflichten als Finanzberatern auferlegt. Eine weitere Unterscheidung erfolgt darin, ob die von der Offenlegungsverordnung geforderten Informationen auf Unternehmensebene oder auf Produktebene zur Verfügung gestellt werden müssen.
 
Des Weiteren werden drei Informationsbereiche unterschieden:


Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken

Information dazu, wie in strategischer Hinsicht Nachhaltigkeitsrisiken einbezogen werden. Die Betroffenen haben ihre Strategien zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken in Bezug auf Investitions-/Beratungsprozesse offenzulegen. Werden Nachhaltigkeitsrisiken für nicht relevant gehalten, muss das klar und knapp begründet werden. Eine Angabe ist aber stets erforderlich, auch wenn das Finanzprodukt anderweitig keine Nachhaltig­keits­kriterien berücksichtigt.


Principle Adverse Impacts (PAI)

Informationen zum Umgang mit nachteiligen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren. Es gilt darzulegen, ob die wichtigsten nachteiligen Auswirkungen der Anlageentscheidungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren berück­sich­tigt sind/bei der Anlageberatung berücksichtigt sind bzw. ist es zu begründen, warum das ggf. nicht der Fall ist. Informationen zu PAI sind auf Unternehmensebene sowie für Finanzmarktteilnehmer auf Produktebene bereitzustellen. Die technischen Regulierungsstandards zur Offenlegungsverordnung geben den Finanz­markt­teilnehmern und Finanzberatern dazu sog. PAI-Indikatoren sowie Berechnungsmethoden an die Hand, an denen sie sich bei der Einschätzung der Auswirkungen orientieren sollen. Damit soll außerdem einer höhere Detailtiefe der Offenlegung erreicht werden.


Produktkategorien

Information darüber, um was für ein Produkt es sich handelt mit entsprechenden Folgepflichten. Es wird zwischen Finanzprodukten, die gemäß ihrer Anlagestrategie nachhaltige Investitionen i.S.d. Offenlegungs­verordnung anstreben (sog. Art. 9-Produkte), Finanzprodukten, die ökologische und/oder soziale Merkmale bewerben bzw. fördern (sog. Art. 8-Produkte), und Finanzprodukte, die weder als Art. 9- noch als Art. 8-Produkt kategorisiert werden können (sog. Art. 6-Produkte) unterschieden. Finanzmarktteilnehmende müssen bei sog. Art. 8- und Art. 9-Produkten im Verhältnis zu sog. Artikel 6-Produkten zusätzlich umfangreiche und komplexe Informationen sowohl in den vorvertraglichen Informationen als auch in den regelmäßigen Berichten und auf ihren Internetseiten offenlegen.
 
Was innerhalb der vorvertraglichen Informationen (z.B. Verkaufsprospekt) darzulegen ist, unterscheidet sich danach, um was für ein Produkt es sich handelt. Für alle Produkte müssen Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater, wenn sie Nachhaltigkeitsrisiken bei ihrer Tätigkeit berücksichtigen, über die Art und Weise der Einbeziehung sowie die Ergebnisse der Bewertung der zu erwartenden Auswirkungen von Nachhaltig­keits­risiken informieren. Ansonsten gilt es eine klare und knappe Begründung abzugeben, warum Nachhaltigkeits­risiken nicht für relevant erachtet werden. Für Artikel 8- und Artikel 9-Produkte gibt es zahlreiche weitere Offenlegungspflichten. So müssen Finanzmarktteilnehmer bei Artikel 8- und 9-Produkten unter anderem eine Beschreibung der ökologischen und/oder sozialen Merkmale oder des nachhaltigen Investitionsziels ver­öffent­li­chen sowie Angaben zu den Methoden, die angewandt werden, um die ökologischen oder sozialen Merkmale oder die Auswirkungen der für das Finanzprodukt ausgewählten nachhaltigen Investitionen zu bewerten, zu messen und zu überwachen.
 
Zusätzlich zu den vorvertraglichen Informationen muss eine Zusammenfassung vorstehender Informationen auf der Internetseite unter entsprechender Kenntlichmachung abrufbar sein. Darüber hinaus müssen solche und weitere Informationen dann auch in die regelmäßigen Berichte (z.B. Jahresbericht) einfließen.
 
Die erste relevante Umsetzung erfolgte am 10. März 2021, weitere Pflichten, insbesondere die taxonomie­bezo­genen Offenlegungspflichten folgten Anfang 2022. Die technischen Regulierungsstandards, die die Pflichten der Offenlegungsverordnung konkretisieren, entfalten seit dem 1. Januar 2023 Wirkung. Aktuell überprüfen die Europäischen Aufsichtsbehörden (ESAs) die technischen Regulierungsstandards, ein entsprechendes Kon­sul­ta­tions­pa­pier der ESAs ist am 12. April 2023 erschienen. Hier ist in der Zukunft, voraussichtlich Ende 2023 oder Anfang 2024, eine weitere Überarbeitung der technischen Regulierungsstandards zu erwarten.


Fazit

Die EU-Offenlegungsverordnung (nicht zuletzt auch im Zusammenspiel mit der Taxonomieverordnung) wird Personen, die Kapitalanlagen anbieten, verwalten oder vertreiben, nachhaltig beschäftigen – sowohl in der konkreten Umsetzung der Anforderungen des Regelungswerkes als auch im Hinblick auf die grundsätzliche strategische Ausrichtung für die Zukunft. Insbesondere die nicht ausreichende Datenverfügbarkeit – noch nicht genügend Unternehmen veröffentlichen entsprechende Daten – und die stetigen Änderungen der konkreten Offenlegungspflichten werden wohl zu einigen Schwierigkeiten in der Anwendung der Offenlegungsverordnung sowie der Regulierungsstandards führen. Insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen fehlen häufig die finanziellen Mittel, um die entsprechenden erforderlichen Daten zu beschaffen. Dabei bleibt aber zu hoffen, dass mit den Änderungen, wie etwa den überarbeiteten Regulierungsstandards auch Vereinfachungen und Klarstellungen der jeweiligen Offenlegungspflichten vorgenommen werden.

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