Betriebsübergang beim Unternehmensverkauf: Gestaltungsmöglichkeiten zur Vermeidung

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zuletzt aktualisiert am 26. Oktober 2022 | Lesedauer ca. 2 Minuten


Grundsätzlich werden die Arbeitnehmer von dem Verkauf eines Betriebs durch den Arbeitgeber – d.h. der Produktionsanlagen, Waren, Markenrechten usw. – nicht erfasst. Arbeitnehmer stehen nicht im Eigentum des Arbeitgebers. Um diese für den Arbeit­nehmer nachteiligen Folgen eines Unterneh­mensverkaufs vermeiden zu können, ordnet § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB an, dass der neue Betriebs­inhaber in alle Rechte und Pflichten der zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsver­hältnisse eintritt. Voraussetzung ist, dass ein Betriebsübergang vorliegt.

  

Die Frage, ob ein „Betrieb” vorliegt, ist unter Juristen seit jeher höchst umstritten. Auch das Gesetz bietet kaum Hilfe. Gleichwohl ist nunmehr zumindest anerkannt, dass eine „wirtschaftliche Einheit”, d.h. der Betrieb in seiner Gesamtheit als Wertschöpfungskette, übergehen muss. Liegt ein Betriebs­übergang vor, regelt § 613a BGB die Rechtsfolgen für die Arbeitnehmer. Im Wesentlichen gehen alle Arbeitnehmer mit den zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Rechten und Pflichten über.

  

Strategien zur Vermeidung eines Betriebsübergangs nach § 613a BGB

Diese Rechtsfolge ist oftmals vom Erwerber unerwünscht. Insbesondere ist er bei einem Betriebsübergang zur automatischen Übernahme aller im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer verpflichtet, unterliegt einem Kündigungsverbot sowie einem strengen Haftungsregime. Um solche unerwünschten Folgen zu vermeiden, können verschiedene Strategien angewandt werden.

 

Bei betriebsmittelarmen Betrieben keine Übernahme des nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teils des Personals in den bisherigen Funktionen

Ziel ist es, kein „gut eingespieltes Team” (BAG v. 24. Mai 2005) zu übernehmen, z.B. indem ein wesen­tlicher Teil der Belegschaft nicht übernommen wird. Auch sollte auf die Übernahme von Know-How Trägern verzichtet werden. Schließlich kann ein Weg darin bestehen, der übernommenen Belegschaft neue Funktionsbereiche zu übertragen.

 

Das bisherige Konzept des Betriebs als Wertschöpfungskette wird aufgegeben; Integration der übernommenen Dienstleistungen in die Struktur des Erwerbers

Wesentliche Änderungen des Konzepts und der Organisation stehen einem Betriebsübergang ebenfalls im Weg. Die Erhaltung der wirtschaftlichen Einheit, die dafür notwendig ist, liegt nicht mehr vor.

 

Übernahme von einzelnen Bereichen, die arbeitsrechtlich mangels organisatorischer Einheit nicht als Betriebsteil anzusehen sind

Die bloße Übernahme von Aufgaben ohne Übernahme einer teilbetrieblichen Organisation ist als reine Funktionsnachfolge für die Annahme eines Teilbetriebsüberganges nicht ausreichend. Auch dadurch kann ein Betriebsübergang vermieden werden.

 

Übernahme einzelner, nicht wesentlicher Betriebsmittel nach bereits erfolgter Stilllegung

Auch die Übernahme von Betriebsmitteln nach bereits erfolgter Betriebsstillegung kann einen Betriebsübergang ausschließen. Problematisch in dem Zusammenhang ist v.a. die Frage, welche „Schamfrist” nach der Stillegung einzuhalten ist. Als Richtschnur sind mind. 6-9 Monate anzusetzen.

 

Fazit

Nicht jeder Unternehmenskauf geht automatisch mit einem Betriebsübergang einher – er ist durchaus vermeidbar. Zentral ist insbesondere, dass die bisherige Wertschöpfungskette als wirtschaftliche Einheit nicht mehr erhalten bleibt – das kann aber naturgemäß oftmals den Zielen einer Transaktion wider­spre­chen. Es ist daher sorgsam zu prüfen, ob die Vorteile einer Vermeidung eines Betriebsübergangs die operativen Nachteile, die die Umsetzung einer Vermeidungsstrategie mit sich bringt, rechtfertigt. Auch sollte beachtet werden, dass stets eine Gesamtschau aller Umstände zur Beurteilung der Frage, ob ein Betriebsübergang vorliegt, von der Rechtsprechung vorgenommen wird. Eine absolute Garantie, dass kein Betriebsübergang vorliegt, kann daher nur selten gegeben werden. Dennoch empfiehlt es sich, den konkreten Fall genau anzusehen, da man einen Betriebsübergang auch nicht als unvermeidliches Schicksal begreifen sollte. Wie so oft kommt es auf den Einzelfall an.

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Dr. Christoph Kurzböck, LL.M. (Lyon)

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht

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