Mitarbeiterbeteiligungen – Neue steuerliche Regelungen ab 2024

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​​​​​​​​veröffentlicht am 21. Juni 2024 | Lesedauer ca. 4 Minuten

 

Die Beteiligung von Mitarbeitern am Unternehmen ist nach wie vor ein attraktives Instrument, um Mitarbeiter langfristig an das Unternehmen zu binden und am unternehmerischen Erfolg zu beteiligen. Die steuerliche Attraktivität dieser Beteiligung war bisher eher beschränkt. Mit Wirkung zum 1.1.2024 hat der Gesetzgeber mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG) eine Reihe von Regelungen rund um die Mitarbeiterbeteiligung bei Start-ups nachgebessert, die bereits 2021 im Rahmen des Fondsstandortgesetzes ihren Weg in die Steuergesetzgebung gefunden haben. Im Folgenden werden die wesentlichen steuerlichen Regelungen sowie deren Voraussetzungen dargestellt.


Steuerfreibetrag nach § 3 Nr. 39 EStG

Erhält ein Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt eine Vermögensbeteiligung am Unter-nehmen des Arbeitgebers als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung seiner Arbeitskraft, führt dieser Vorteil zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG) .

Ab dem Veranlagungszeitraum 2024 wird hierfür ein jährlicher Freibetrag i.H.v. 2.000 € (bisher 1.440 €) gewährt (§ 3 Nr. 39 S. 1 EStG). Begünstigt sind bestimmte Vermögensbeteiligungen im Sinne des 5. Vermögensbildungsgesetzes; dazu gehören u.a. Aktien, Wandel- und Gewinnschuldverschreibungen, Genussrechte, GmbH-Beteiligungen und stille Beteiligungen. Nicht begünstigt sind sog. virtuelle Beteiligungen. 

Es wird vorausgesetzt, dass der Erhalt der Beteiligung grundsätzlich allen Arbeitnehmern (unbeschränkt oder beschränkt einkommensteuerpflichtig) offensteht, die zum Zeitpunkt des Angebots mindestens ein Jahr in einem ununterbrochenen Dienstverhältnis zum Unternehmen stehen. Die Beteiligungsgestaltung für einzelne Mitarbeiter kann differenziert werden (z. B. bezüglich der Höhe einer „Zuzahlung”), sofern hierfür arbeitsrechtlich sachliche Gründe vorliegen. Ausschlaggebend für die Beurteilung, ob es sich um eine verbilligte oder unentgeltliche Überlassung handelt, ist der gemeine Wert der Vermögensbeteiligung.

Aufgeschobene Besteuerung nach § 19a EStG​

Mit dem Fondsstandortgesetz wurde die Vorschrift des § 19a EStG erneut eingeführt. Darin wird geregelt, dass die Besteuerung der geldwerten Vorteile aus bestimmten Vermögensbeteiligungen unter bestimmten Voraussetzungen aufgeschoben  werden kann (z.B. auf den Zeitpunkt der Veräußerung), um die Besteuerung eines sog. „dry income”​ zu vermeiden. Der Anwendungsbereich wird nun durch das ZuFinG erweitert, um auch ältere und bereits gewachsene Start-ups zu erfassen. 

Begünstigt sind Arbeitnehmer, die in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis sind. Zudem muss der Arbeitnehmer zustimmen, dass es zu einer Stundung der anfallenden Steuer im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens kommt.

Generell greift die Förderung nur, wenn das Unternehmen des Arbeitgebers bestimmte Grenzwerte bezogen auf die Definition von Kleinstunternehmen bzw. kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) im Zeitpunkt der Übertragung der Vermögensbeteiligung oder in einem der sechs vorangegangenen Kalenderjahre nicht überschreitet (§ 19a Abs. 3 EStG, Art. 2 Abs. 1 des Anhangs der Empfehlung der Kommission vom 6. Mai 2003 - ABl. L 124 vom 20.5.2003, S. 36 - in der jeweils geltenden Fassung). Diese Grenzwerte umfassen einen Jahresumsatz von höchstens 100 Mio. € (bisher 50 Mio. €), eine Jahresbilanzsumme von höchstens 86 Mio. € (bisher 43 Mio. €) und eine Anzahl von beschäftigten Personen von 1.000 (bisher 250 Personen). Ferner darf der maßgebliche Gründungszeitraum des Unternehmens nicht mehr als 20 Jahre (bisher 12 Jahre) vor dem Beteiligungszeitpunkt liegen. 

Künftig sind auch von den (Gründungs-)Gesellschaftern gewährte Beteiligungen begünstigt (§ 19a Abs. 1 S. 1 EStG). Ergänzt wird die Regelung um die Klarstellung, dass die Norm auch für sog. vinkulierte Anteile anwendbar sein soll, bei denen die Übertragung durch entsprechende Bestimmungen beschränkt ist, was bei Start-ups nicht unüblich ist (§ 19a Abs. 1 S. 3 EStG). 

Wie bereits oben dargestellt unterliegt der geldwerte Vorteil im Kalenderjahr der Übertragung der Beteiligung zunächst nicht der Besteuerung und wird gestundet (§ 19a Abs. 1 S. 1 EStG). Der Freibetrag nach § 3 Nr. 39 EStG ist bei der Ermittlung des geldwerten Vorteils abzuziehen. Es gilt zu beachten, dass der geldwerte Vorteil jedoch regulär der Sozialversicherungspflicht im Kalenderjahr der Übertragung unterliegt. Hier gilt die Stundung nicht. 

Nachträgliche Besteuerung​

Die Besteuerung wird nachgeholt bzw. die Stundung entfällt (§ 19a Abs. 4 S. 1 EStG), wenn
  • ​die Vermögensbeteiligung ganz oder teilweise (entgeltlich oder unentgeltlich) übertragen wird,
  • seit der Übertragung der Vermögensbeteiligung 15 Jahre (bisher 12 Jahre) vergangen sind oder
  • das Dienstverhältnis beendet wird.

Sofern der gemeine Wert der Vermögensbeteiligung abzgl. geleisteter Zuzahlungen des Ar-beitnehmers bei der verbilligten Übertragung im Zeitpunkt der Nachversteuerung niedriger ist als der nach § 19a Abs. 1 EStG nicht besteuerte Arbeitslohn, unterliegt nur der gemeine Wert abzgl. geleisteter Zuzahlungen der Besteuerung (§ 19a Abs. 4 S. 4 EStG). Dies bedeutet, dass Wertminderungen grundsätzlich berücksichtigt werden. Etwas anderes gilt, wenn die Wertminderung nicht betrieblich veranlasst ist oder auf einer gesellschaftsrechtlichen Maßnahme, insbesondere einer Ausschüttung oder Einlagenrückgewähr, beruht (§ 19a Abs. 4 S. 6 EStG). 

Hinweis: Zwischenzeitliche Wertsteigerungen unterliegen nicht dem Lohnsteuerabzug. Diese werden bei ihrer Realisation i.d.R. als Kapitaleinkünfte besteuert. 

Beim Rückerwerb der Anteile durch den Arbeitgeber, einen Gesellschafter des Arbeitgebers oder ein Unternehmen i.S.d. § 18 AktG ist für die Besteuerung die tatsächlich vom Arbeitgeber gezahlte Vergütung maßgeblich, nicht der gemeine Wert (§ 19a Abs. 4 S. 4 EStG). 

Keine Besteuerung vor Übertragung

Mit dem ZuFinG wurde auch die Möglichkeit eingeführt, dass der Arbeitgeber eine Haftungserklärung für die anfallende Lohnsteuer abgibt, und somit für den Arbeitnehmer keine Nachversteuerung bei einem Verkauf der Anteile oder einer Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses droht (§ 19a Abs. 4a EStG). Erst die spätere Übertragung der Vermögensbeteiligung löst dann die Besteuerung aus. Das Betriebsstättenfinanzamt kann in diesem Fall unmittelbar den Arbeitgeber als Haftungsschuldner in Anspruch nehmen. 

Lohnsteuerliche Anrufungsauskunft

Um Rechtssicherheit über die Höhe des nach § 19a Abs. 1 EStG nicht besteuerten geldwerten Vorteils zu erhalten, können Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine lohnsteuerliche Anrufungsauskunft (§ 42e EStG) tätigen (§ 19a Abs. 5 EStG). Das Vorgehen ist dahingehend sinnvoll, um zeitnah Rechtssicherheit im Zusammenhang mit der Bewertung des geldwerten Vorteils zu haben. 

Fazit

Mit der Überarbeitung des § 19a EStG im Rahmen des ZuFinG geht der Gesetzgeber einen richtigen Schritt zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Start-up-Standorts Deutschland und setzt wichtige Impulse zur Stärkung der Mitarbeiterbeteiligung. Es besteht aber weiterhin Nachbesserungsbedarf im Hinblick auf einen Gleichlauf mit der Sozialversicherung, die explizite Einbindung von Beteiligungen an Konzernunternehmen oder die Ausweitung auf virtuelle Beteiligungen.

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Dr. Susanne Kölbl

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