ESG-Risiken und -Standards sowie Lieferketten-sorgfaltspflichtengesetze in Mexiko

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veröffentlicht am 12. September 2023 | Lesedauer ca. 5 Minuten


Auch im Jahr 2023 hat Mexiko noch mit erheblichen Herausforderungen in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit, Arbeitsrechte, Umweltschutz und Korruption zu kämpfen. Trotz dieser anhaltenden Probleme etabliert sich Mexiko zunehmend als wichtiger Standort für den Außenhandel und für Investitionen, der insbesondere die Aufmerksamkeit Europas, Ostasiens und der Vereinigten Staaten auf sich zieht. In diesem Artikel werden die gängigsten Compliance-Risiken und -Standards be­schrieben, die Unternehmen, die in Mexiko tätig sind oder werden wollen, beachten sollten. Darüber hinaus zielt er darauf ab, Einblicke in die wichtigsten Gesetze zu Sorgfaltspflichten in der Lieferkette bei Geschäftstätigkeiten in Mexiko zu geben.



ESG-Risiken und -Standards im Rahmen der wichtigsten nationalen Gesetze

Korruption

Korruption ist in Mexiko vor allem im öffentlichen Auftragswesen und im öffentlichen Dienst allgegenwärtig. Ferner sind ausländische Unternehmen insbesondccere in den Bereichen Justiz, Polizei und Un­ter­neh­mens­re­gis­trierung mit erheblichen Korruptionsrisiken konfrontiert. Dies birgt die Gefahr, dass sich ausländische Unternehmen, wenn sie sich auf gängige mexikanische Korruptionspraktiken einlassen, nach den Anti­korruptionsgesetzen ihres Heimatlandes strafbar machen; so sind beispielsweise derartige Handlungen eines deutschen Unternehmens in Mexiko nach deutschem Recht strafbar. Ferner können nach dem mexikanischen Strafgesetzbuch (Código Penal Federal) und der Strafprozessordnung (Código Nacional de Procedimientos Penales) juristische Personen direkt für Straftaten haftbar gemacht werden, wenn diese in ihrem Namen, in ihrem Auftrag, zu ihren Gunsten oder mit von ihnen zur Verfügung gestellten Mitteln begangen wurden und wenn die juristische Person keine angemessenen Kontrollmaßnahmen implementiert hat.

 

Menschenrechte

Ausländische Unternehmen, die in Mexiko Geschäfte machen, müssen sich darüber im Klaren sein, dass Mexiko mit Problemen der Rechtsstaatlichkeit zu ringen hat. Dies bedeutet, dass der Staat in den Bereichen Korruption, Transparenz der Regierung und der Durchsetzung von Vorschriften signifikante Mängel aufweist. Folglich sollten die Unternehmen besonders darauf achten, dass diejenigen, die sich für Grundstücksrechte einsetzen, äußerst gefährdet sind und Drohungen, Angriffen und sogar Mord ausgesetzt sind. Das sollte bei Investitionen in Gewerbeimmobilien stets berücksichtigt werden. Den innerstaatlichen Rechtsrahmen für den Schutz der Menschenrechte, einschließlich der Rechte an Privateigentum, bildet dabei die mexikanische Verfassung (Constitución Política de los Estados Unidos Mexicanos).

 

Arbeitsrechte

Die kollektiven Arbeitsrechte werden von mexikanischen Unternehmen häufig untergraben, was zu einem unzureichenden Schutz essenzieller Elemente wie dem Recht auf Tarifverhandlungen und der Ver­einigungs­frei­heit führt. Sowohl Unzulänglichkeiten in den Gesetzen als auch spezifische Praktiken schaffen Rahmen­be­dingungen, die diese regelmäßigen Verstöße erleichtern. Die vorgenannten Probleme sollten stets im Auge behalten werden, wenn ausländische Unternehmen mit mexikanischen Partnern innerhalb ihrer Lieferketten zusammenarbeiten oder wenn sie in Mexiko Tochtergesellschaften mit mexikanischem Management gründen. Darüber hinaus sollten sich ausländische Unternehmen darüber bewusst sein, dass der Großteil der Arbeit in Mexiko immer noch informell geleistet wird und Kinderarbeit, insbesondere in der Landwirtschaft, weiterhin vorkommt. Das mexikanische Bundesarbeitsgesetz (Ley Federal del Trabajo) ist das wichtigste Rechtsins­trument zum Schutz der Arbeitnehmer, aber Mexiko hat auch internationale Abkommen wie die Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) ratifiziert.

 

Umwelt

In Mexiko besteht ein hochgradiges Risiko, dass Unternehmen das Land ökologisch beeinträchtigen. Damit korrespondiert die Wahrscheinlichkeit der Nichteinhaltung von nationalen und internationalen Umweltsorg­falts­pflichtbestimmungen, wenn die Wirtschaftsteilnehmer keine gesonderten Anstrengungen zur Gefahren­prävention unternehmen. In erster Linie leidet Mexiko unter einer mäßigen bis schweren Süßwasserknappheit, die Haushalte bei Dürre und hohem industriellen Verbrauch regelmäßig von der Wasserversorgung abschneidet. Außerdem sind die Gewässer und Flüsse in Mexiko durch die Einleitung von schlecht behandelten Abwässern und Abfällen immer wieder stark verschmutzt. Ausländische Unternehmen, die in Mexiko tätig sind, müssen das mexikanische Ökologiegesetz (Ley General del Equilibrio Ecológico y la Protección al Ambiente) einhalten, das unter anderem darauf abzielt, die Ungleichheit und Verschmutzung von Wasser zu bekämpfen.

  

Mexikanische Gesetze zu Sorgfaltspflichten in der Lieferkette im Rahmen des United States-Mexiko-Canada Agreement („USMA“)

Übergeordnete Anliegen des USMCA

Das USMCA, auch bekannt als „T-MEC" in Mexiko und „CUSMA" in Kanada, ist ein trilaterales Handelsab­kommen, das das Nordamerikanische Freihandelsabkommen („NAFTA") ersetzte und am 1. Juli 2020 in Kraft getreten ist.

 

Das USMCA enthält Bestimmungen zur Eindämmung von Zwangsarbeit und hinsichtlich Sorgfaltspflichten, um Bedenken über unethische Arbeitspraktiken und Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten auszuräumen. Es steht im Einklang mit dem breiten internationalen Konsens, dass Zwangsarbeit eine schwerwiegende Menschenrechtsverletzung ist und aus den Lieferketten verbannt werden muss (wie bspw. im deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz ). Die Vorschriften zielen darauf ab, die Transparenz, die Rechenschafts­pflichten und den Schutz der Arbeitnehmer zu verbessern. Infolgedessen werden durch das Handelsabkommen arbeitsrechtliche Bedenken aufgegriffen, die während der Geltungsdauer des NAFTA aufgetreten sind. Das Abkommen zielt dabei in Mexiko insbesondere darauf ab, die Arbeitsbedingungen, die Löhne und die Arbeitnehmerrechte zu verbessern, um einen Wettlauf nach unten in dessen örtlichen Geltungsbereich zu verhindern.

  

Zwangsarbeitsverordnung

Im Rahmen des USMCA ist Mexiko verpflichtet, seine Arbeitsgesetze und Durchsetzungsmechanismen erheblich zu ändern, um höhere Arbeitsstandards zu erfüllen.

 

Nachdem die jüngste Arbeitsmarktreform nun vollständig umgesetzt ist, hat Mexiko am 18. Mai 2023 den ersten Schritt unternommen, um seinen Verpflichtungen im Rahmen des USMCA (Artikel 23.6 des USMCA) zum Verbot der Einfuhren von Waren aus Zwangsarbeit nachzukommen. Es trat nämlich die Verordnung zur Zwangsarbeit in Kraft. Sie enthält Regelungen zum Verbot der Einfuhr von Waren, die ganz oder teilweise durch Zwangs- oder Pflichtarbeit, einschließlich Kinderarbeit, hergestellt wurden. Die Verordnung zur Zwangsarbeit ermöglicht es dem Ministerium für Arbeit und Soziales (Secretaría de Trabajo y Prevención Social; „SPTS"), entweder von sich aus oder auf Antrag einer juristischen oder einer natürlichen Person eine Untersuchung einzuleiten, um zu prüfen, ob bei der Herstellung von Waren Zwangsarbeit eingesetzt wurde. Kommt das SPTS nach Durchführung des Verfahrens zu dem Schluss, dass bestimmte Waren tatsächlich unter Einsatz von Zwangsarbeit hergestellt wurden, veröffentlicht es diese Feststellungen (als „Resulotion" bezeichnet) gemäß der Zwangsarbeitsverordnung auf seiner Website. Folglich werden alle Waren, die unter diese Resolution fallen, von der Einfuhr nach Mexiko ausgeschlossen. Die Entscheidung der Behörden muss grundsätzlich innerhalb von sechs Monaten nach Einreichung des Antrags getroffen werden und das Einfuhrverbot für die betroffenen Waren wird 90 Tage nach Veröffentlichung der Entscheidung wirksam.
  
Die mexikanischen Importeure müssen Informationen und Unterlagen aufbewahren, die belegen, dass die von ihnen eingeführten Waren nicht in den auf der STPS-Website veröffentlichten Listen aufgeführt sind. Um diese Anforderung zu erfüllen, müssen die Unternehmen strenge und effiziente Sorgfaltspflichten einhalten. Dazu gehören die Einführung geeigneter Systeme, Kontrollen und Schulungen in Übereinstimmung mit den branchenüblichen Best Practices, die Gewährleistung einer besseren Rückverfolgbarkeit und Transparenz innerhalb ihrer Lieferketten sowie die Ausarbeitung von Plänen, die mit den Erwartungen der Regulierungs­behörden übereinstimmen.
  

Einrichtungsspezifischer Krisenreaktionsmechanismus (Facility Specific Rapid Response Mechanism; „RRM“) 

Das USMCA enthält eine Durchführungsbestimmung, die als Rapid Response Labour Mechanism (Anhang 31-A USMCA) bezeichnet wird und nur zwischen Mexiko und den Vereinigten Staaten gilt. Sie ermöglicht es den genannten Parteien, Durchsetzungsmaßnahmen gegen einzelne Fabriken zu ergreifen, wenn diese die nationalen Gesetze zur Vereinigungsfreiheit und zu Tarifverhandlungen nicht einhalten. Der Mechanismus tritt immer dann in Kraft, wenn eine Partei im Wege einer gerechtfertigten Vermutung davon ausgeht, dass ein betroffener Betrieb Rechte aus dem USMCA missachtet. Der RRM wurde beispielsweise bereits für ein Werk von „General Motors“ in Silao, Mexiko, und für „Tridonex“, eine Tochtergesellschaft von „Cardone Industries“, in einem Autoteilewerk in Matamoros, Mexiko, angewendet.

 

Folglich müssen die Unternehmen nachweisen können, dass sie die USMCA-Vorschriften einhalten. Andern­falls können Abhilfemaßnahmen drohen. Die bestehen entweder aus der Aussetzung der Zollpräferenz­behandlung für Waren, die in der erfassten Anlage hergestellt werden oder in der Verhängung von Sanktionen für Waren oder Dienstleistungen, die in der erfassten Anlage hergestellt oder erbracht werden.

 

Zusammenfassung

Wie vorstehend dargelegt, birgt eine unüberlegte Geschäftstätigkeit in Mexiko das erhebliche Risiko, dass unternehmerisches Handeln letztlich zur Nonkonformität mit ESG-Standards führt. Gerade weil das USMCA einen Rahmen für den Umgang mit Zwangsarbeit und für die Sorgfaltspflichten in der Lieferkette schafft, gewinnt die wirksame Um- und Durchsetzung solcher Standards zunehmend an Bedeutung. Es wird für in Nordamerika tätige Unternehmen von entscheidender Bedeutung sein, diese jüngsten gesetzgeberischen Maßnahmen in ihre Compliance-Strategien miteinzubeziehen. Vor diesem Hintergrund unterstützen wir mit unserer Expertise bei der Umsetzung dieser komplexen Gesetze und Anforderungen.

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