Das erste BEPS-Umsetzungsgesetz ist in Kraft

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​Der Gesetzgeber hat auf die seit längerer Zeit auf EU- und nationaler Ebene sowie vor allem in der Tagespresse diskutierte Verschiebung von Gewinnen internationaler Konzerne in solche Staaten, in denen sie mit ihren erzielten Gewinnen keiner bzw. lediglich einer niedrigeren Besteuerung unterliegen, reagiert. Die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat sich mit den steuerlichen Konsequenzen einer solchen Gewinnverlagerung (Base Erosion and Profit Shifting, kurz: „BEPS”) beschäftigt, dessen Ergebnisse die einzelnen EU-Mitgliedstaaten in einem Aktionsplan zusammengeführt haben. Der deutsche Gesetzgeber hat die BEPS-Empfehlungen durch das im Dezember 2016 beschlossene Gesetz zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen (BGBl. 2016 I, 3000) in nationales Gesetz überführt („Anti-BEPS-Umsetzungsgesetz”). 

Dieses Gesetz zielt mit seinen Gesetzesänderungen vorrangig auf international tätige Konzerne und Unternehmen zur Verhinderung eventueller Gewinnverlagerungen ins Ausland ab. Aus diesem Grund enthält das Anti-BEPS-Umsetzungsgesetz beispielsweise Anpassungen bei der Verrechnungspreisdokumentation (Pflicht zur Erstellung einer Stammdokumentation (master file) und einer landesspezifischen, unternehmensbezogenen Dokumentation (local file)), die Einführung eines länderbezogenen Berichts für multinationale Unternehmensgruppen (country-by-country reporting), Regelungen über den automatischen Austausch von tax rulings, advance pricing agreements, Anpassungen im Bereich des Außensteuergesetzes sowie Erweiterungen der Sanktionsvorschriften. Allerdings werden mit dem Anti-BEPS-Umsetzungsgesetz auch einige Vorschriften des nationalen Rechts an die aktuellen Entwicklungen angepasst, die unter anderem auch für Privatanleger von geschlossenen Immobilien- oder Beteiligungsfonds von Bedeutung sind. Nachstehend dürfen wir auf ausgewählte Gesetzesneuregelungen eingehen: 

Positiv hervorzuheben sind die Erhöhungen des steuerlichen Grundfreibetrages, des Kinderfreibetrages sowie des Unterhalthöchstbetrages, von denen insbesondere Familien durch steuerliche Entlastungen profitieren. Der Grundfreibetrag wird im Veranlagungszeitraum 2017 von bisher 8.652,00 Euro auf 8.820,00 Euro angehoben. Für den Veranlagungszeitraum 2018 ist eine weitere Erhöhung auf 9.000,00 Euro bereits geregelt. Der Kinderfreibetrag wird von bisher 4.608,00 Euro auf 4.716,00 Euro und auch das monatliche Kindergeld um 2,00 Euro angehoben. 

Neben diesen steuerlichen Erleichterungen sind die weiteren Maßnahmen im Ergebnis eher nachteiliger für den einzelnen Privatanleger. Das neue Gesetz sieht beispielsweise eine Anpassung des § 50d Abs. 9 EStG vor, der der Verhinderung der Nichtbesteuerung oder Geringbesteuerung bestimmter Einkünfte dient. Beteiligt sich zum Beispiel ein Privatanleger an einem in Deutschland ansässigen geschlossenen Immobilienfonds, der in US-Immobilien investiert, sind die ihm zugewiesenen US-Einkünfte grundsätzlich aufgrund des deutsch-amerikanischen Doppelbesteuerungsabkommens unter Progressionsvorbehalt von der inländischen Besteuerung freigestellt. Allerdings schließt die Regelung des § 50d Abs. 9 EStG die Freistellung der US-Einkünfte aus, wenn diese aufgrund einer unterschiedlichen abkommensrechtlichen Qualifikation lediglich zu einem durch das Abkommen begrenzten Steuersatz besteuert werden können oder die Einkünfte deshalb unbesteuert in USA bleiben, weil sie in den USA keiner persönlichen Steuerpflicht unterliegen.  

Bei der Anwendung dieser Vorschrift kam es in der Vergangenheit des Öfteren zu einer unterschiedlichen Auslegung durch den Steuerpflichtigen und der Steuerbehörde. Die Finanzverwaltung ist der Auffassung, dass in den Fällen, in denen der ausländische Staat das ihm durch das einschlägige Doppelbesteuerungsabkommen zugewiesene Besteuerungsrecht lediglich auf einen Teil der dem deutschen Anleger zuzuweisenden Fondseinkünfte anwendet, die Regelung des § 50d Abs. 9 EStG keine Anwendung finden soll. Das heißt, wenn die ausländischen Einkünfte in dem anderen Staat nicht oder nur teilweise gering besteuert werden, soll der deutsche Anleger nicht in vollem Umfang von der Abkommensfreistellung der bezogenen ausländischen Fondseinkünfte profitieren. Allerdings hat der Bundesfinanzhof (BFH) in mehreren Verfahren (beispielsweise im Urteil vom 20. Mai 2015, BFHE 250, 96) entschieden, dass die Freistellung unbeschadet der Rückfallklausel in § 50d Abs. 9 EStG auch dann zu gewähren ist, wenn der ausländische Vertragsstaat das ihm abkommensrechtlich zugewiesene Besteuerungsrecht nur für einen Teil der Einkünfte des Steuerpflichtigen wahrnimmt. 

Die für den Anleger positiven BFH-Entscheidungen führen jedoch nach Ansicht der Finanzverwaltung zu unbilligen Ergebnissen, die im Rahmen des nunmehr vorliegenden Anti-BEPS-Umsetzungsgesetzes berichtigt wurden. Ab dem 1. Januar 2017 kann sich ein Privatanleger nicht mehr auf diese günstige BFH-Rechtslage stützen. Zukünftig erfolgt die Versagung der Freistellung ausländischer Einkünfte nach dem einschlägigen DBA auch auf nicht oder lediglich gering besteuerte Einkunftsteile. Diese Neuregelung wird sicherlich zu verstärkten Diskussionen mit der Finanzverwaltung führen, da die ausländischen Einkünfte in ihre einzelnen Einkünftebestandteile aufzuteilen sind. Sofern ein geschlossener Fonds nicht lediglich Investitionen in ein Wirtschaftsgut (zum Beispiel Immobilien) tätigt, sondern in mehrere oder sogar in unterschiedliche Wirtschaftsgüter (beispielsweise Kapitalgesellschaftsbeteiligungen oder andere Zielfonds mit weiteren Portfolien, erhebliche Liquiditätsanlage) und die Einnahmen aus diesen unterschiedlichen Wirtschaftsgütern nach ausländischem Recht jeweils unterschiedlich besteuert werden, sind Rückfragen vorprogrammiert. Insbesondere wird es unter Umständen schwierig sein, dass der einzelne Privatanleger die notwendigen Nachweise erbringen kann, ob die ausländischen Einkünfte nicht oder nur gering besteuerte Einkunftsteile enthalten. Hier besteht eindeutig der Wunsch nach Rechtsicherheit für die einzelnen Anleger.                                             

Der neu eingeführte § 4i EStG soll den Doppelabzug von Betriebsausgaben bei der Beteiligung eines Gesellschafters (Anlegers) an einer gewerblichen Personengesellschaft verhindern. Diese Regelung greift beispielsweise, wenn sich ein Anleger an einen gewerblich oder steuerlich geprägten geschlossenen Fonds (zum Beispiel Windparkfonds) beteiligt. Derartige Gestaltungen werden in der Praxis in einer Vielzahl von Fällen zur Erzielung von Steuervorteilen genutzt. Diese ergeben sich bei der Finanzierung grenzüberschreitender Unternehmensaktivitäten des Steuerpflichtigen, da regelmäßig keine einheitliche steuerrechtliche Würdigung des Sachverhaltes durch die betroffenen Staaten aufgrund voneinander abweichender Steuergesetze erfolgt. Es kann daraus ein doppelter Betriebsausgabenabzug von bestimmten grenzüberschreitend getätigten Aufwendungen des Steuerpflichtigen sowohl in dem anderen Staat als auch in Deutschland resultieren. Diese aus Sicht des deutschen Fiskus unerwünschte Wirkung wird nun durch die Neureglung im § 4i EStG verhindert, indem Aufwendungen eines Unternehmers (Steuerpflichtigen) nicht als sogenannte Sonderbetriebsausgaben abgezogen werden dürfen, soweit diese die Bemessungsgrundlage in dem anderen Staat gemindert haben. 

Beteiligt sich beispielsweise ein in einem DBA-Staat ansässiger Gesellschafter (zum Beispiel ausländische Kapitalgesellschaft oder natürliche Person) als Kommanditist an einem inländischen gewerblichen Fonds (GmbH & Co. KG) und refinanziert der Gesellschafter sein Engagement über ein ausländisches Darlehen, stellt der Refinanzierungsaufwand aus deutscher Sicht Sonderbetriebsausgaben des Kommanditisten bei dem inländischen geschlossenen Fonds dar. Das zur Refinanzierung der Einlage aufgenommene Darlehen wird für deutsche Steuerzwecke als sogenanntes „Sonderbetriebsvermögen II” angesehen. Das bedeutet, dass das Darlehen und somit auch der Refinanzierungsaufwand dem inländischen Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters zugeordnet werden, sodass der Refinanzierungsaufwand als Sonderbetriebsausgabe bei der Ermittlung des Ergebnisses des inländischen geschlossenen Fonds steuermindernd berücksichtigt werden kann. Allerdings stellen die Zinszahlungen für das Darlehen beim ausländischen Gesellschafter regelmäßig auch nach seinem ausländischen Steuerrecht abzugsfähige Betriebsausgaben dar. Somit kann im Einzelfall der Refinanzierungsaufwand doppelt gewinnmindernd berücksichtigt werden. In diesen Fällen ist der Betriebsausgabenabzug in Deutschland zukünftig durch die Einführung des § 4i EStG ausgeschlossen.
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