Bewertung von Mitarbeiter-Optionsprogrammen

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veröffentlicht am 16. Dezember 2020 | Lesedauer ca. 5 Minuten


Mitarbeiter­optionen sind ein beliebtes Mittel, um die Ver­gütung von Mit­arbeitern an den Betriebs­erfolg des Unter­nehmens zu knüpfen. Die Bilanzierung solcher Zusagen ist dabei erheblich von ihrer konkreten Aus­gestaltung abhängig. Häufig sind in dem Zusammen­hang Options­bewertungen zur Quantifizierung des Auf­wands vorzunehmen. Während einfach­strukturierte Mit­arbeiter­options­programme noch mit einperiodigen Options­preis­modellen wie dem Black-Scholes-Modell bewertet werden können, ist bei Pro­grammen mit mehreren Ausübungs­bedingungen der Einsatz von Modellerweiter­ungen, Binomial­modellen oder Monte-Carlo-Simulationen notwendig. Da sich durch den Einsatz von Mitarbeiter­optionen bilanz­politische Spiel­räume ergeben, sollte das Management die Bewertung der Options­programme verstehen und mögliche Aus­wir­kungen auf die Bilanzierung bestenfalls schon in der Gestaltungs­phase berück­sich­tigen.



Durch Mitarbeiteroptionen wird Mitarbeitern das Recht eingeräumt, innerhalb einer festen Laufzeit eine bestimmte Anzahl an Anteilen zu einem i.d.R. im Voraus festgesetzten Ausübungspreis (sog. „Strike”) zu erwerben. Im Vergleich zu Standardoptionen sind Mitarbeiteroptionen normalerweise weder übertragbar noch handelbar. Häufig erdient sich der Arbeitnehmer den Anspruch auf die Optionen innerhalb eines gewissen Zeitraums (sog. „Vesting Period”). Optionen, die zugeteilt wurden, aber noch nicht erdient sind, sind demnach auch nicht ausübbar.

Indem die Vergütung der Mitarbeiter an die Steigerung des Unternehmenswerts geknüpft wird, beugen Mitarbeiteroptionsprogramme potenziellen Zielkonflikten zwischen Anteilseignern und Management bzw. anderen Schlüsselmitarbeitern vor. Aus Unternehmenssicht führt die Ausgabe von Mitarbeiteroptionen (je nach Ausgestaltung und Umsetzung) nicht immer zu einem Zahlungsmittelabfluss. So tragen in Programmen, bei denen ein Ausgleich durch Anteile erfolgt, die bestehenden Anteilseigner durch die Verwässerung ihrer Anteile die Kosten des Optionsprogramms. Bei Programmen mit Barausgleich wird der Zahlungsmittelabfluss für Leistungen des Arbeitnehmers in die Zukunft verlagert. Mitarbeiteroptionsprogramme erfreuen sich auch deshalb bei jungen und schnell wachsenden Unternehmen besonderer Beliebtheit, da sie ihnen auch bei eingeschränkter Liquidität ermöglichen, qualifizierte Mitarbeiter für sich zu gewinnen.

Für die bilanzielle Abbildung von Mitarbeiter-Optionsmodellen sehen die „International Financial Reporting Standards” mit IFRS 2 einen eigenen Standard vor. Danach sind Mitarbeiteroptionen i.d.R. mit ihrem beizu­legenden Zeitwert („Fair Value”) zu erfassen, wodurch eine Optionsbewertung notwendig wird.

Im Folgenden wird zunächst kurz auf Mitarbeiteroptionen in der Rechnungslegung sowie deren Besteuerung eingegangen. Anschließend wird sich explizit der Bewertung auf Basis der Vorschriften des IFRS 2 gewidmet.


Mitarbeiteroptionen in der Rechnungslegung

In der internationalen Rechnungslegung sind Mitarbeiteroptionen als Personalaufwand zu erfassen. IFRS 2 unterscheidet zwischen „equity-settled share-based payment transactions” (reale Optionen) und „cash-settled share-based payment transactions” (virtuelle Optionen). Sind Mitarbeiteroptionen equity-settled, erfolgt der Ausgleich durch Eigenkapitalinstrumente (Anteile). Bei Optionen, die cash-settled sind, erfolgt ein Baraus­gleich. Hinsichtlich der Bilanzierung unterscheiden sich die Zusage-Typen darin, dass equity-settled Program­me i.d.R. ausschließlich zum Zeitpunkt der Gewährung (sog. „Grant Date”) bewertet werden und cash-settled Programme zu jedem Bilanzstichtag sowie zum Erfüllungszeitpunkt neu bewertet werden müssen.

In der Praxis kommen durchaus auch Mischtypen aus equity- und cash-settled Programmen vor. So kann bspw. auf Seiten der Gesellschaft ein Erfüllungswahlrecht vorliegen oder im Falle eines Börsengangs eine Umwan­dlung von Optionsprogrammen mit Barausgleich in solche mit Ausgleich durch Eigenkapitalinstrumente erfolgen. Hinsichtlich der Bilanzierung ist in solchen Fällen vom am Bilanzstichtag wahrscheinlichsten Fall auszugehen. Der Aufwand wird bei beiden Zusage-Typen ratierlich über die „Vesting Period” verteilt.

Das Handelsrecht hingegen enthält keine explizite Regelung zur Bilanzierung von Mitarbeiteroptions­pro­grammen. Der BFH vertritt die Ansicht, dass sich aus Programmen, die in Anteilen beglichen werden, zunächst keine bilanziellen Auswirkungen ergeben dürfen, da die Ausgabe der Optionen ausschließlich die Anteilseigner betrifft. Bei Programmen mit Barausgleich entspricht die handelsrechtliche Behandlung üblicherweise der der internationalen Rechnungslegung.


Besteuerung

Steuerlich handelt es sich bei equity-settled Programmen zum Zeitpunkt der Ausübung um einen geldwerten Vorteil auf Seiten des Arbeitnehmers, der mit dem persönlichen Einkommensteuersatz versteuert werden muss. Allerdings steht demgegenüber kein tatsächlicher Mittelzufluss. Zusätzlich unterliegt auch die spätere Anteilsveräußerung der Besteuerung. Bei cash-settled Programmen kommt es hingegen zu einem tatsächlichen Mittelzufluss. Dieser unterliegt zum Zeitpunkt des Zuflusses der Lohnsteuer.


Bewertung von Mitarbeiteroptionen

Bei den im Zusammenhang mit der Bewertung von Optionen diskutierten Bewertungskonzepten handelt es sich um den inneren Wert und den beizulegenden Zeitwert. Der innere Wert ist die Differenz aus aktuellem Kurs und Strike. Damit entspricht er dem Gewinn des Optionsberechtigten bei sofortiger Ausübung. Der innere Wert kann nicht negativ werden, da es sich bei einer Option um ein Recht und keine Verpflichtung handelt (bedingtes Termingeschäft). Der „Fair Value” einer Option beinhaltet neben dem inneren Wert auch den sog. Zeitwert. Er spiegelt die Partizipationsmöglichkeit des Optionsberechtigten an künftigen Wertsteigerungen. Da IFRS 2 eine Erfassung mit dem „Fair Value” vorsieht, muss die Bewertung von Mitarbeiteroptionen auch den Zeitwert beinhalten. Sie lässt sich anhand des Black-Scholes-Modells, des Binomialmodells oder auf Basis von Monte-Carlo-Simulationen ermitteln.


Black-Scholes-Modell

Das Modell wird in der Praxis häufig aufgrund der einfachen Handhabung angewendet. Es handelt sich dabei um ein Einperioden-Modell mit einer geschlossenen Bewertungsgleichung. Allerdings ist das Standard-Black-Scholes-Modell lediglich auf einfache, wenig komplexe Optionen anwendbar. So kann es bspw. nur zur Be­wer­tung europäischer Optionen verwendet werden. Solche können im Gegensatz zu amerikanischen Optionen, die auch während der Laufzeit ausübbar sind, nur am Ende ihrer Laufzeit ausgeübt werden. Außerdem wird im Modell eine konstante Volatilität unterstellt. Empirische Untersuchungen zeigen allerdings, dass die implizite Volatilität davon abhängt, ob eine Option einen inneren Wert aufweist bzw. wie weit sie von ihm entfernt ist („Volatility Smile”). Des Weiteren ist die Volatilität häufig pfadabhängig. Nach gestiegenen Kursen ist eine niedrigere und nach gefallenen Kursen eine höhere Volatilität zu beobachten.


Binomialmodell

Das Modell (auch Cox-Ross-Rubenstein-Modell genannt) kann im Gegensatz zum Black-Scholes-Modell Veränderungen der Input-Parameter während der Laufzeit miteinbeziehen. Es handelt sich dabei um ein iteratives Verfahren, bei dem im ersten Schritt ein Entscheidungsbaum aufgestellt wird, der die Entwicklung des Aktienkurses auf Basis von Volatilität und risikofreiem Zins abbildet. Die Zeitschritte (Entscheidungs­knoten) sind dabei frei wählbar. Im zweiten Schritt wird der Optionswert rekursiv ermittelt und auf Basis der inneren Werte an den einzelnen Entscheidungsknoten zu einem diskontierten Erwartungswert verdichtet. Im Gegensatz zum Black-Scholes-Modell können so z.B. auch amerikanische Optionen bewertet oder sich im Zeitablauf verändernde Volatilitäten berücksichtigt werden. Generell gilt: Je mehr Entscheidungsknoten zwischen Zusage- und Ausübungszeitpunkt bestehen, desto aussagefähiger sind die Ergebnisse. Allerdings nimmt der Modellierungsaufwand pro Zwischenschritt auch exponentiell zu.


Monte-Carlo-Simulation

Bei der Simulation handelt es sich um ein stochastisches Verfahren, dessen Basis eine große Zahl von Zufalls­experimenten bildet. Monte-Carlo-Simulationen sind besonders zur Bewertung von Optionen geeignet, deren Wert von mehreren Unsicherheitsfaktoren abhängig ist.

Bei Mitarbeiteroptionen, deren Auszahlungsprofil nicht dem eines Standard-Calls entspricht, weil z.B. die Höhe der Auszahlung gedeckelt ist, ist grundsätzlich eine Nachbildung des Auszahlungsprofils (Replikation) mit verschiedenen exotischen Optionen (z.B. „asset-or-nothing calls”, „cash-or-nothing calls”) und damit deren Bewertung möglich.


Input-Faktoren des Optionspreismodells

Grundsätzlich sind alle drei Bewertungsmodelle von ähnlichen Input-Faktoren abhängig. Laut IFRS 2.B6 muss das verwendete Optionspreismodell mind. folgende Inputs berücksichtigen: den aktuellen Kurs des „Under­lying”, den „Strike”, die Restlaufzeit, den risikofreien Zinssatz, die erwartete Volatilität und die erwartete Dividende:

  • Der aktuelle Kurs zum Bewertungsstichtag ist bei börsennotierten Unternehmen einfach zu ermitteln. Bei nicht-börsennotierten Unternehmen wird der Anteilswert vom Unternehmenswert („Equity Value”) abgeleitet. Er kann sowohl mittels einer DCF- als auch einer Multiple-Bewertung bestimmt werden. Alternativ können Informationen aus aktuellen Transaktionen oder Finanzierungsrunden als Basis für die Bewertung herangezogen werden.
  • Der Ausübungspreis wird in der Optionsvereinbarung festgelegt. Häufig handelt es sich dabei um einen festen Betrag. Allerdings können auch variable Strikes vereinbart werden.
  • Die Restlaufzeit lässt sich ebenfalls aus der Optionsvereinbarung entnehmen. Sie kann auch an ein Aus­übungsereignis (i.d.R. ein Exit-Event) geknüpft sein. In dem Fall muss der Eintrittszeitpunkt geschätzt werden.
  • Der risikofreie Zinssatz wird anhand der Zinsstrukturkurve eines Landes mit AAA Rating (z.B. Deutschland) abgeleitet. Dabei ist darauf zu achten, dass der risikofreie Zins äquivalent zur Laufzeit der Option ist.
  • Bei der Volatilität wird zwischen impliziter und historischer Volatilität unterschieden. Die implizite Volatilität wird aus aktuellen Optionspreisen hergeleitet und spiegelt die am Markt erwartete Schwankungsbreite des Basiswerts. Die historische Volatilität wird aus der historischen Entwicklung des Aktienkurses abgeleitet. Sie wird über den Zeitraum ermittelt, der der Laufzeit der Option entspricht. Für nicht-börsennotierte Unter­nehmen kann eine Peer Group-Volatilität ermittelt werden.
  • Sofern für die Optionsberechtigten während der „Vesting Period” kein Dividendenschutz besteht, müssen die erwarteten Dividenden bei der Ermittlung des Optionswerts einbezogen werden.


Generell gilt: Je länger die Restlaufzeit, je höher die Volatilität und der risikofreie Zinssatz und je niedriger die Dividendenrendite sind, desto höher ist der Zeitwert.


Fazit

Der Einsatz von Mitarbeiteroptionen erfreut sich wachsender Beliebtheit. Da die Optionsbedingungen oft einzelfallspezifische Besonderheiten aufweisen, gibt es kein Patentrezept für deren Bewertung. Häufig müssen Unternehmen bei der Bewertung deshalb auf externe Spezialisten zurückgreifen. Mit Blick auf die Zukunft bleibt es spannend zu erwarten, welche Folgen die Umsetzung der EU-Aktionärsrechterichtlinie 2017/828 (AR-RL II) auf die Gewährung von Mitarbeiteroptionen bei börsennotierten Unternehmen hat. Die EU-Richtlinie, die in Deutschland mit dem Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) in nationales Recht umgesetzt wurde, regelt die Mitbestimmung von Aktionären bei der Organvergütung („Say on Pay”).

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