IFRS Update 2024 – Überblick über die neuen und geänderten Standards

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​​​​​veröffentlicht am 5. Dezember 2024 | Lesedauer ca. 4​​ Minuten


Mit dem Ende eines jeden Kalenderjahres steht für Unternehmen im Regelfall – sofern kein abweichendes Geschäftsjahr vorliegt – die Aufstellung und Prüfung der Abschlüsse des abgelaufenen Jahres bevor. Gerade für IFRS-Anwender sind hierbei jedes Jahr wieder einige Änderungen der Bilanzierungsnormen zu berücksichtigen. Unternehmen müssen sich zum einen nochmals intensiv mit den für das abgelaufene Geschäftsjahr erstmals zu beachtenden Neuerungen auseinandersetzen, zum Beispiel bei der Erstellung des Anhangs. Zum anderen sind sowohl die das beginnende Geschäftsjahr betreffenden Änderungen in der laufenden Rechnungslegung zu berücksichtigen als auch wesentliche Änderungen für kommende Geschäftsjahre frühzeitig zu analysieren. 


Um bei der Vielzahl an Änderungen der IFRS den Überblick zu behalten, werden im Folgenden sowohl die erstmals für das Geschäftsjahr 2024 verpflichtend anzuwendenden als auch die bereits beschlossenen und für kommende Geschäftsjahre geltenden Änderungen dargestellt. 

Erstmalige Anwendung in der Berichtsperiode 2024 

In der Berichtsperiode 2024 sind erstmalig die folgenden drei Änderungen verpflichtend anzuwenden: 
​Standard
Titel​
​Änderungen an IAS 1 ​
​Klassifizierung von Schulden als kurz- oder langfristig (inkl. Verschiebung des Erstanwendungszeitpunkts) ​​
sowie 
Langfristige Verbindlichkeiten mit Covenants 
Änderungen an IFRS 16 
​Leasingverbindlichkeit in einer Sale-and-Lease-Back-Transaktion 
​Änderungen an IAS 7 und IFRS 7 ​​
​Lieferantenfinanzierungsvereinbarungen 

Die Änderungen an IAS 1 betreffen die Klassifizierung von Verbindlichkeiten als kurz- oder langfristig für den Ausweis in der Bilanz. IAS 1.69 definiert hierzu einen Kriterienkatalog für die Einstufung als kurzfristige Schuld, wohingegen alle anderen Schulden als langfristig einzustufen sind. Bis zu dieser Änderung war eine Verbindlichkeit u.a. dann als kurzfristig zu klassifizieren, wenn das Unternehmen kein uneingeschränktes Recht hatte, die Erfüllung um mindestens 12 Monate nach dem Bilanzstichtag zu verschieben. Durch die Änderung ist solch ein uneingeschränktes Recht nun für den Ausweis unter den langfristigen Verbindlichkeiten nicht mehr erforderlich. Vielmehr genügt es, wenn ein substanzielles Recht vorliegt. Hängt das Recht, die Erfüllung der Verbindlichkeit um mind. 12 Monate zu verschieben, davon ab, dass nach dem Bilanzstichtag bestimmte Bedingungen (sog. „covenants“) erfüllt werden, so haben diese keinen Einfluss auf den Ausweis in der Bilanz. In die Beurteilung einzubeziehen sind lediglich solche Bedingungen, die zum Stichtag oder zuvor bereits erfüllt sein müssen. Für als langfristig klassifizierte Verbindlichkeiten, die innerhalb von 12 Monaten nach dem Bilanzstichtag an die Einhaltung von Bedingungen anknüpfen, sind jedoch Informationen im Anhang bereitzustellen, die es ermöglichen, die bestehenden Risiken in diesem Zusammenhang einzuschätzen. 

Die Änderungen an IFRS 16 betreffen die Bilanzierung von Sale-and-Leaseback-Transaktionen. Hier erfolgt eine Klarstellung, dass der Leasingnehmer im Anschluss an einen Verkauf in solchen Geschäften die Leasingverbindlichkeit so zu bewerten hat, dass kein Gewinn oder Verlust realisiert wird, der sich auf das zurückbehaltene Nutzungsrecht bezieht. Diese Klarstellung adressiert bislang bestehende Unklarheiten in Bezug auf die Berücksichtigung „echter“ variabler Leasingzahlungen, die gemäß IFRS 16 grundsätzlich nicht in die Leasingverbindlichkeit einzubeziehen sind. Bei Sale-and-Leaseback-Transaktionen könnte dies jedoch dazu führen, dass ein Gewinn oder Verlust realisiert wird, der sich auf das zurückbehaltene Nutzungsrecht bezieht. Mögliche Lösungsansätze zur Vermeidung dieses Dilemmas werden nun in den Illustrative Examples aufgezeigt. 

Anders als die beiden zuvor genannten Änderungen betreffen die Änderungen an IAS 7 und IFRS 7 nicht die Bilanz selbst, sondern führen lediglich zu einer Ausweitung der Anhangangaben im Zusammenhang mit sog. Lieferantenfinanzierungsvereinbarungen (sog. „Supplier Finance Arrangements“, häufig ausgestaltet als sog. „Reverse Factoring“). Bei derartigen Vereinbarungen übernimmt ein externer Finanzdienstleister die Begleichung von Lieferantenverbindlichkeiten, wobei dieser in der Regel erst zu einem späteren Zeitpunkt vergütet wird. Effektiv verlängert sich somit die Zahlungsfrist von Lieferantenverbindlichkeiten. In Bezug auf die Bilanzierung ist in solchen Konstellationen insbesondere zu klären, ob der Ausweis weiterhin unter den Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen erfolgen kann. Diesbezüglich lieferte das IFRS IC im Dezember 2020 eine Agenda-Entscheidung, die auf nationaler Ebene auch in den IDW RS HFA 50 eingeflossen ist. Als Reaktion auf die erweiterten Anhangangaben wurde auch der IDW RS HFA 50 diesbezüglich überarbeitet.
 
 

Erstmalige Anwendung in kommenden Berichtsperioden 

Folgende neue und geänderte Standards wurden vom IASB bereits beschlossen und sind für kommende Geschäftsjahre verpflichtend anzuwenden: ​

Standard
Titel
Verpflichtende Anwendung für Geschäftsjahr beginnend ab
Änderungen an IAS 21 ​
​Mangel an Umtauschbarkeit 
​01.01.2025 
​Änderungen an IFRS 9 und IFRS 7 ​

​Klassifizierung und Bewertung von Finanzinstrumenten
​01.01.2026* 
Änderungen an IAS 7, IFRS 1, IFRS 7, IFRS 9 und IFRS 10 
Jährliche Verbesserungen an den IFRS – Band 11 
​01.01.2026* 
IFRS 18 

​Darstellung und Angaben im Abschluss
​01.01.2027* 
IFRS 19 


​Tochterunternehmen ohne öffentliche Rechenschaftspflicht: Angaben
​01.01.2027*
* Übernahme in EU-Recht („EU-Endorsement“) noch ausstehend 

Ab dem kommenden Geschäftsjahr 2025 sind die Änderungen an IAS 21 zu beachten. Diese schließen eine Regelungslücke im Kontext der Währungsumrechnung bei mangelnder Umtauschbarkeit von Währungen. Sie ergänzen Regelungen zur Bestimmung, ob zwei Währungen ineinander getauscht werden können und wie die Wechselkurse bei mangelnder Umtauschbarkeit zu bestimmen sind. Die Standardänderungen betreffen somit einen spezifischen Sonderfall bei der Währungsumrechnung und dürften daher für viele Unternehmen kaum oder nur begrenzte Auswirkungen entfalten. 

Die weiteren Änderungen sind – das EU-Endorsement vorausgesetzt – erst ab 2026 oder sogar erst ab 2027 verpflichtend anzuwenden. Die Änderungen für 2026 sind hierbei vergleichsweise gering. Neben den redaktionellen Anpassungen einiger Standards im Zuge der sog. „jährlichen Verbesserungen an den IFRS“ werden vor allem die Standards IFRS 9 und IFRS 7 im Kontext der Klassifizierung und Bewertung von Finanzinstrumenten geändert. Die Neuerungen betreffen allerdings insbesondere verbesserte Beschreibungen und Anwendungsleitlinien inklusive entsprechender Beispiele. Hintergrund ist, dass bei sog. ESG-gebundenen Darlehen – also Darlehen, bei denen sich das Unternehmen zur Einhaltung bestimmter ESG-/Nachhaltigkeitsziele verpflichtet bzw. deren Verzinsung an ESG-/Nachhaltigkeitskennzahlen geknüpft ist – diskutiert wurde, inwiefern das Zahlungsstromkriterium zur Klassifizierung von finanziellen Vermögenswerten in die einzelnen Bewertungskategorien erfüllt ist oder nicht. Das IASB entschied sich zu Gunsten der besagten Klarstellungen und Anwendungsleitlinien, weder das Zahlungsstromkriterium grundsätzlich anzupassen noch eine Ausnahmeregelung für ESG-gebundene Darlehen einzuführen. 

Für ab dem 01.01.2027 beginnende Geschäftsjahre stehen jedoch größere Neuerungen an. Mit IFRS 18 und IFRS 19 sind dann gleich zwei neue Standards erstmals verpflichtend anzuwenden. Während IFRS 19 zur Erleichterung bei der Erstellung von Anhangangaben nur für einen begrenzten Anwenderkreis nutzbar ist (mehr dazu siehe hier in der vorherigen Ausgabe unseres Newsletters), betrifft IFRS 18 alle IFRS-Abschlüsse und dürfte einen größeren Analyse- und Umsetzungsaufwand für Unternehmen mit sich bringen. Wie ebenfalls in der vorherigen Ausgabe unseres Newsletters bereits beschrieben (siehe hier sowie einen weiteren Artikel auf roedl.de), ändert IFRS 18 insbesondere die Struktur der Gewinn- und Verlustrechnung durch deren Unterteilung in die drei Bereiche „Operativ“, „Investition“ und „Finanzierung“ und führt Anhangangaben zu sog. Management Performance Measures (MPMs) ein. Ergebnis wird das Erfordernis einer intensiven Auseinandersetzung mit der Performance-Messung (auch für interne Zwecke) sowie der externen Kommunikation in diesem Zusammenhang sein. Eine tiefergehende Analyse der neuen Anforderungen und deren praktischen Implikationen erhalten Sie in einer der nächsten Ausgaben unseres Newsletters. 

Darüber hinaus wird aus dem Projekt „Power Purchase Agreements“ heraus eine weitere Änderung an IFRS 7 und IFRS 9 voraussichtlich noch Ende des Jahres 2024 veröffentlicht werden, welche sich mit der Bilanzierung von Verträgen zur Lieferung von Strom aus erneuerbaren Energien beschäftigt. Die Anpassung der Standards soll allerdings nur geringfügige zielgerichtete Änderungen beinhalten. Das EU-Endorsement und die verpflichtende Erstanwendung dürften zudem wohl noch einige Zeit entfernt sein. 

Fazit

Die IFRS weisen eine hohe Änderungsdynamik auf und somit sind auch für 2024 und die folgenden Geschäftsjahre einige Neuerungen zu beachten. Wenngleich einige der Änderungen nur kleinere zielgerichtete Anpassungen betreffen, ist gerade mit der verpflichtenden Erstanwendung von IFRS 18 ab 2027 eine Änderung in Sichtweite, welche sich unter anderem auf die grundsätzliche Darstellung in der Gewinn- und Verlust­rech­nung und die Performance-Messung von Unternehmen auswirkt. Es gilt daher, wie seit jeher, dass IFRS-Bilanzierende bevorstehende Änderungen mit wachem Auge verfolgen müssen und etwaige Anpassungs­erfor­dernisse – auch aufgrund der Folgewirkungen über die reine Bilanzierung hinaus – frühzeitig analysieren sollten. 

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