Smart Audit Made in Germany – Zukunft einer internationalen Konzernabschlussprüfung

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veröffentlicht am 1. Juni 2021 / Lesedauer ca. 4 Minuten
 

Konzernabschlüsse stellen nicht nur die Unternehmen, sondern auch ihre Wirtschafts­prüfer vor immer größere Herausforderungen. Sowohl rechtliche Anforderungen als auch immer stärker automatisierte und zentralisierte Unternehmensprozesse fordern von den Konzernabschlussprüfern, auf eine moderne sowie effiziente Lösung zu setzen. Um komplexe konzernweite Geschäftsprozesse zu durchleuchten, wird eine Prüfungsstrategie unter Einsatz von interdisziplinären Teams und innovativen IT-Tools benötigt. „Smart Audit Made in Germany“ ist eine Lösung, die das ermöglicht.

  

  

Der Jahresabschluss und der Lagebericht von mittelgroßen sowie großen Kapitalgesellschaften bzw. der Konzernabschluss und -lagebericht von Kapitalgesellschaften sind prüfungspflichtig nach § 316 Abs. 1 und 2 HGB. Gemäß § 317 Abs. 1 und 2 HGB umfasst die Prüfung des Jahresabschlusses auch die Buchführung. Nach § 317 Abs. 3 HGB hat der Abschlussprüfer die im Konzernabschluss zusammengefassten Jahresabschlüsse zu prüfen, insbesondere die konsolidierungsbedingten Anpassungen.
 

Prüfung von in den Konzernabschluss einbezogenen Jahresabschlüssen

Art und Umfang der Überprüfung der einbezogenen Jahresabschlüsse hängen von den Risikobeurteilungen und dem Verständnis des Konzernabschlussprüfers von den anderen Abschlussprüfern sowie der Bedeutung des jeweiligen Tochterunternehmens (Teilbereiche) ab (IDW PS 320 n.F. Tz 5). Unter den Voraussetzungen des einschlägigen Prüfungsstandards (IDW PS 320 n.F.) kann der Konzernabschlussprüfer die Ergebnisse der Arbeiten der anderen Abschlussprüfer für seine eigenen Prüfungsurteile verwerten.
 
Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Prüfungsrisiko bei Konzernabschlussprüfungen auch umfasst, dass für den Konzernabschluss wesentliche falsche Angaben in der Rechnungslegung eines Teilbereichs weder durch den Teilbereichsprüfer noch durch das Konzernprüfungsteam aufgedeckt werden. Daher kann es besondere Sachverhalte geben, die der Konzernabschlussprüfer bei der Planung berücksichtigt. Das geschieht indem er Art, Umfang und zeitliche Einteilung der Einbindung in die Prüfungshandlungen von Teilbereichsprüfern fest­legt. Zweck der Einbindung ist es, ausreichende und angemessene Prüfungsnachweise für ein eigen­ständiges Prüfungsurteil des Konzernabschlussprüfers über den Konzernabschluss und -lagebericht zu erlangen (IDW PS 320 n. F. Tz. 2).
 
Eine Verwertung der Arbeit von Teilbereichsprüfern scheidet grundsätzlich dann aus, wenn schwerwiegende Bedenken bestehen  –  bspw. bei fachlicher Kompetenz oder Unabhängigkeit. In dem Fall muss das Konzern­prüfungsteam ausreichende und angemessene Prüfungsnachweise zu den Rechnungslegungsinformationen der Teilbereiche erlangen, ohne auf die Arbeit der betreffenden Teilbereichsprüfer zurückzugreifen (IDW PS 320 n.F. Tz. 17).
 
Abschließend muss das Konzernprüfungsteam beurteilen, ob aus den zum Konsolidierungsprozess durch­geführten Prüfungshandlungen sowie aus den Tätigkeiten des Konzernprüfungsteams und der Teilbereichs­prüfer zu den Rechnungslegungsinformationen der Teilbereiche, ausreichende und angemessene Prüfungs­nachweise als Grundlage für das Konzernprüfungsurteil erlangt wurden (IDW PS 320 n.F. Tz. 41).
 
Diese berufsübliche Vorgehensweise zeigt deutlich, dass sich der Konzernabschlussprüfer stark auf die Teil­bereichsprüfer verlassen oder alternativ eigene Prüfungshandlungen vornehmen muss. Der gesamte Prozess könnte dahingehend anders gestaltet oder vereinfacht werden, dass der Konzernabschlussprüfer von vorneherein selbst eigenständig Prüfungshandlungen für die Tochtergesellschaften (Teilbereiche) durchführt und dann seinerseits – und nicht wie bisher traditionell – die Prüfungsergebnisse an die Teilbereichsprüfer weiterleitet. Die Idee lässt sich allerdings nur mit einem speziellen Konzept und Setup bzw. einer bestimmten Konstellation beim zu prüfenden Konzern umsetzen.
 

Prüfungsansatz „Smart Audit Made in Germany“

Mit einem Prüfungsansatz, dem sog. „Smart Audit Made in Germany“ wird der Idee Rechnung getragen. Der Prüfungsansatz ist generell darauf ausgelegt, das zu prüfende Unternehmen bzw. den Konzern auf Risiken zu durchleuchten und die wesentlichen Geschäftsprozesse zu hinterfragen. Für die Umsetzung des Prüfungs­an­satzes muss auf innovative IT-Tools zurückgegriffen werden, die es erlauben, den Blick auf das Wesentliche zu fokussieren. Die Tools sollen dazu beitragen, ein genaueres Bild von dem zu prüfenden Unternehmen zu be­kommen und die Prüfungshandlungen noch besser auf die Bedürfnisse der konkreten Situation zuzuschneiden.
 
Denkbare Anwendungen unterstützen die Prüfungsdokumentation, den Datenaustausch, die Steuerung von weltweiten Konzernabschlussprüfungen und geben einen detaillierteren Einblick in Prozesse sowie Geschäfts­vorfälle (Datenanalyse und Process Mining).
 
Smart Audit Made in Germany bedeutet, aus Deutschland heraus mit hochkompetenten, interdisziplinären Teams unter Einsatz innovativer digitaler Prüfungstechnologien zu arbeiten. Dabei sind die IT-Tools sowie die Anforderungen einer modernen und rechtskonformen Konzernabschlussprüfung miteinander zu verbinden.
 
Eine solche Vorgehensweise lässt sich sehr gut an Unternehmen verdeutlichen, die selbst stark auf standar­disierte, automatisierte und zentralisierte Unternehmensprozesse setzen. Zur Unterstützung haben sie meist leistungsfähige ERP-Systeme im Einsatz  –  häufig SAP.

 

 

 

 
Der Smart Audit-Ansatz folgt diesen Organisations- und Entscheidungsstrukturen der Unternehmen. Auch die Prüfung wird in der Form organisiert, dass sie konkret auf Strukturen und Prozesse aufsetzt. Das Ergebnis ist eine Prüfung, die sich von den Systemen der Muttergesellschaft ausgehend weltweit in die Tochtergesell­schaf­ten verzweigt und nicht ausschließlich die Ergebnisse aus der dezentralen Prüfung durch die Teilbe­reichs­prüfer der Tochtergesellschaften verwertet. Vielmehr ist es eine zentrale Prüfung der Prozesse und vollständige Prüfung der Transaktionen mit dem Ziel, den Prüfern der Tochtergesellschaften (Teilbereichs­prüfern) einen Shared Comfort bereitzustellen  –  konzeptionell somit das „Herumdrehen“ der traditionellen Vorgehensweise. Im Ergebnis wird dadurch eine hohe Transparenz aus Deutschland heraus erzeugt, die sich mit eigenen Niederlassungen des Konzernabschlussprüfers weltweit besonders gut darstellen lässt.
 

Digital Fit

Voraussetzung eines solchen Ablaufs ist die Abstimmung mit den standardisierten und zentralisierten Pro­zessen des zu prüfenden Unternehmens bzw. Konzerns, der sog. „Digital Fit“. Damit ist die ideale Verknüpfung der IT-Tools der Prüfungsgesellschaft mit den IT-Systemen des Unternehmens gemeint. Das beginnt mit der Einrichtung des Zugriffs auf bspw. die SAP-Systeme. Mit vorgefertigten Analysen für gängige Fragestellungen erfolgt eine systematische Auswertung des Buchungsstoffes und der gesamten Transaktionsdaten. Aufgrund der zentralen Prüfung können die Analysen dann weltweit genutzt werden  –  unabhängig von den lokalen Gesellschaften. Damit kommt es zentral aus Deutschland heraus zu einer Darstellung von möglichen Prozess­abweichungen und deren Analyse als Grundlage für weitergehende Prüfungshandlungen.
 

Shared Comfort im Ergebnis

Im Sinne des Shared Comfort kann den Prüfern der Tochtergesellschaften (Teilbereichsprüfern), die i.d.R. die lokalen Prüfungspflichten erfüllen müssen, ein zweistufiges Reporting zur Verfügung gestellt werden. Stufe 1 ist bei den zentral geführten SAP-Systemen eine Berichterstattung nach ISAE 3402 (Assurance Reports on Controls at a Service Organization). Sie gewährleistet den lokalen Prüfern die Sicherheit der adäquaten Funktionsfähigkeit des IT-Systems, das auf ein Dienstleistungsunternehmen (Muttergesellschaft) ausgelagert ist. Stufe 2 stellt dann auf konkrete aussagebezogene Prüfungshandlungen ab, die zentral aufgrund der einheitlichen Zugriffsrechte und Analysen vorgenommen werden können. Das schafft Raum für enorme Effizienz in den Abschlussprüfungen von internationalen Unternehmensgruppen. Voraussetzung ist aber, wie erwähnt, der hohe „IT-Reifegrad“ des Unternehmens.
 
Insoweit kann die Idee des Smart Audit Made in Germany unter bestimmten Voraussetzungen durchaus die Zukunft einer internationalen Konzernabschlussprüfung sein.

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