DAC 6: Aufschub der Meldefristen – Und Deutschland macht nicht mit

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zuletzt aktualisiert am 15. Januar 2021 | Lesedauer ca. 2 Minuten
 

Um meldepflichtige Personen in Zeiten der Covid-19-Pandemie nicht mit Bürokratie­pflichten in Zusammenhang mit DAC 6 unnötig zu belasten, wurde am 24. Juni 2020 die EU-Amtshilferichtlinie dahingehend geändert, dass Mitgliedstaaten die Melde­fristen bei grenzüberschreitenden Steuergestaltungen verlängern können. Im folgenden Beitrag geben wir Ihnen einen Überblick darüber, wie sich die einzelnen Staaten entschieden haben, was der Aufschub konkret bedeutet und welche Folgen sich ergeben können.
 

 

Ursprünglich sieht DAC 6 folgende Meldefristen vor:

  • Sog. Altfälle, deren erster Schritt zur Umsetzung zwischen dem 25. Juni 2018 und 30. Juni 2020 erfolgt ist, sind bis zum 31. August 2020 zu melden.
  • Gestaltungen, deren meldepflichtiges Ereignis ab dem 1. Juli 2020 verwirklicht wird, sind innerhalb von 30 Tagen zu melden.

 

Aufgrund der vielfältigen Herausforderungen, die die Covid-19-Pandemie mit sich brachte und bringt, kam die EU-Kommission – mit deutlicher Unterstützung von deutscher Seite – zu dem Entschluss, eine EU-weite Verlängerung der Meldefristen vorzuschlagen. Der Richtlinienvorschlag wurde am 24. Juni 2020 vom Rat der Europäischen Union verabschiedet (Richtlinie (EU) 2020/876). Die Richtlinie enthält eine fakultative Ver­längerung der Fristen um 6 Monate, d.h. die Mitgliedstaaten können sich für die folgenden neuen Fristen entscheiden:

  • Sog. Altfälle, deren erster Schritt zur Umsetzung zwischen dem 25. Juni 2018 und dem 30. Juni 2020 erfolgt ist, sind bis zum 28. Februar 2021 zu melden.
  • Bei Gestaltungen, deren meldepflichtiges Ereignis zwischen dem 1. Juli 2020 und 31. Dezember 2020 eintritt, beginnt die 30-Tages-Frist am 1. Januar 2021.

 

Darüber hinaus sieht die Richtlinie die Möglichkeit vor, dass der Rat auf Vorschlag der Kommission die Meldefristen um weitere drei Monaten verschiebt. Diese Verlängerung müsste bis zum 30. November 2020 erlassen werden.

 

Die überwältigende Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten hat die sechsmonatige Verschiebung der Meldefristen bereits verabschiedet oder zumindest angekündigt. Nur Deutschland, Finnland und Österreich lehnen eine Verzögerung explizit ab. Allerdings gewährt Österreich aufgrund technischer Verzögerungen immerhin einen Aufschub: Sog. Altfälle sind erst bis zum 31. Oktober 2020 zu melden. Gestaltungen, deren meldepflichtiges Ereignis zwischen dem 1. Juli 2020 und 1. Oktober 2020 eintritt, sind ebenfalls bis zum 31. Oktober 2020 zu melden. Spanien, das DAC 6 erst Ende 2020 umgesetzt hat, hat sich noch nicht zu einer Verschiebung geäußert.

Die deutsche Absage an eine Verlängerung hat allgemein überrascht. Zum einen, da lange Zeit nicht klar war, welche Anforderungen das BZSt an Meldungen in technischer und inhaltlicher Hinsicht stellen würde und ob das BZSt rechtzeitig aufnahmebereit wäre. Schon in einem ersten Diskussionsentwurf eines BMF-Schreibens zu DAC 6 vom März 2020 war daher auch in Deutschland eine Nichtbeanstandungsregelung für Meldungen bis zum 30. September 2020 vorgesehen, die aber, da die technischen Meldevoraussetzungen beim BZSt wider Erwarten doch fristgerecht geschaffen wurden, nicht umgesetzt wurde. Zum anderen wurde aber auch mit einer Verschiebung gerechnet, da im Corona-Steuerhilfegesetz vom 19. Juni 2020 eine Ermächtigungsregelung des BMF zur Umsetzung unionsrechtlicher Bestimmungen in Bezug auf die Fristen zur Mitteilung grenz­über­schreitender Steuergestaltungen enthalten war. Dem Vernehmen nach wurde die Regelung aber nur aufge­nommen, da zwischenzeitlich auf EU-Ebene eine Pflicht zur Verschiebung im Raum stand. Der deutsche Einsatz für einen Aufschub der Fristen sei lediglich im Sinne anderer Staaten erfolgt, die große Schwierigkeiten mit der fristgerechten „Aufnahmebereitschaft” für Meldungen gehabt hätten. Auch wenn sich verschiedene mittelstandsfreundliche Politiker und Wirtschaftsverbände noch immer für eine Verschiebung einsetzen: die reguläre Meldepflicht ist angelaufen, die Welle der Nachmeldungen steht kurz vor dem Höhepunkt zum 31. August 2020 und niemand sollte darauf spekulieren, dass Verstöße gegen die Meldepflicht für aktuelle Meldefälle noch ohne Folgen bleiben könnten.

 

Die uneinheitliche Umsetzung kann unerwartete Folgen nach sich ziehen, wenn eine Gestaltung sowohl einen Staat betrifft, der den Aufschub nutzt, als auch einen Staat, der keinen Aufschub gewährt. Zur Illustration sei das folgende Beispiel herangezogen. Ein portugiesischer Intermediär konzipiert für einen deutschen Nutzer und stellt ihm die Gestaltung am 26. August 2020 zur Umsetzung bereit. Grundsätzlich wäre der portugiesische Intermediär meldepflichtig. Da allerdings in Portugal erst ab dem 1. Januar 2021 zu melden ist, mangelt es aus deutscher Sicht an einem Intermediär, weswegen der Nutzer selbst innerhalb von 30 Tagen melden muss (§ 138g Abs. 1 Satz 1 AO).


Fazit

Leider hat das deutsche BMF – anders als die große Mehrheit der anderen EU-Staaten – die Möglichkeit nicht genutzt, einen Aufschub bei den Meldefristen zu DAC 6 umzusetzen. Das Interesse des Bundesfinanzministers, als Musterknabe in Sachen DAC 6 vor seiner politischen Klientel und in Europa während der deutschen Ratspräsidentschaft dazustehen, hat sich gegen die Vernunft durchgesetzt, gerade mittelständische Unter­nehmen in Zeiten der Covid-19-Pandemie von nicht zwingend notwendigem Bürokratieaufwand zu entlasten.

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