BGH: Kein Verbot für Luftbildaufnahmen von Michael Schumachers Ferienvilla

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 12. Dezember 2024 | Lesedauer ca. 3 Minuten
Immer wieder wehren sich Promis gegen die Veröffentlichung von Bildern ihrer Privat­anwesen. So hatte der Bundesgerichtshof (BGH) kürzlich darüber zu entscheiden, ob die in einer Zeitschrift veröffentlichte Luftbildaufnahme von der Ferienvilla der Schumacher-Familie deren allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzte (BGH, Urt. v. 5. November 2024 – VI ZR 110/23).​
Helle Villen am Meer

Die Zeitschrift „FREIZEIT SPASS“ veröffentlichte im Juli 2020 einen Artikel mit dem Titel „Endlich Urlaub! Neues Familien-Glück auf Mallorca“, der sich mit einem Aufenthalt von Michael und Corinna Schumacher und ihren beiden Kindern auf Mallorca befasste. Darin wurde u. a. berichtet, dass die Schumacher-Kinder in einer Bucht bei Port d’Andratx Jetski gefahren seien. Außerdem war eine Luftbildaufnahme von der Familienvilla auf Mallorca zu sehen. Diese befindet sich in einer sog. „Gated Community“ (geschlossenen Wohnanlage mit Zugangsbeschränkungen).
 
Die Schumacher-Familie ging gegen einige der Aussagen des Artikels sowie die Veröffentlichung der Luftbild­aufnahme vor. Über letztere hat nun der BGH entschieden.
 

BGH: Kein rechtswidriger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht

Der BGH hat zunächst einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Schumachers bejaht.
 
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht wird aus Art. 1 und 2 Grundgesetz (GG) abgeleitet. Dieses umfasst auch das Recht auf Achtung der Privatsphäre. Auch die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) schützt das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens in Art. 8.
 
Der Schutz der Privatsphäre umfasse einen häuslichen, aber auch außerhäuslichen Bereich, in dem der Einzelne die Möglichkeit habe, frei von öffentlicher Beobachtung zu sein und in der er zu sich kommen, sich entspannen oder auch gehen lassen könne. Ob die Veröffentlichung von Fotos umfriedeter Grundstücke gegen den Willen des Besitzers in die Privatsphäre eingreife, lasse sich nur unter Berücksichtigung der konkreten Einzelfallumstände beantworten. Dabei könnten folgende Umstände eine Rolle spielen:​
  • Eignung des Grundstücks als Rückzugsort wird gefährdet
  • Berichterstattung gewährt weite Einblicke in die Lebensbereiche des Betroffenen
  • Schutzmaßnahmen des Betroffenen zur Sicherung der Privatsphäre werden umgangen​
 
Nach diesen Grundsätzen liege vorliegend ein Eingriff in die Privatsphäre vor. Mit der Veröffentlichung des Bildes werde einem breiten Publikum Einblick in einen privaten Lebensbereich der Schumachers gewährt, den diese erkennbar vor den Augen der Öffentlichkeit verschließen wollten: Das in einer „Gated Community“ liegende Anwesen sei von außen nicht einsehbar und diene den Schumachers zu Urlaubs- und Erholungs­zwecken.
 
Dieser Eingriff sei jedoch nicht rechtswidrig. Bei der Abwägung des Persönlichkeitsrechts mit dem Recht auf Presse- und Meinungsfreiheit sei von entscheidender Bedeutung, ob sich die Berichterstattung durch ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit rechtfertigen lasse. Zum Kern der Presse- und Meinungs­freiheit gehöre es, dass die Medien im Grundsatz selbst entscheiden könnten, was im öffentlichen Interesse liege. Zu berücksichtigen sei, dass eine Person des öffentlichen Lebens keinen besonderen Schutz ihres Privatlebens beanspruchen könne. Außerdem sei die Intensität des Eingriffs in das Persönlichkeitsrechts als gering zu werten, wenn sie keinen tieferen Einblick in die persönlichen Lebensumstände des Betroffenen vermittele.
 
Mit den Fotos der Schumacher-Villa werde ein nicht unerhebliches Informationsinteresse der Öffentlichkeit befriedigt. Corinna und Michael Schumacher seien Personen des öffentlichen Lebens, aufgrund deren Leitbild- und Kontrastfunktion Berichte über ihr Alltags- und Privatleben zur öffentlichen Meinungsbildung beitragen könnten.
 
Die Privatsphäre der Schumachers sei indes nur in ihrem Randbereich betroffen. Zu sehen seien auf dem relativ kleinen Bild lediglich mehrere Gebäude samt umgebender Gartenanlage, wobei unklar bleibe, wo die Grund­stücksgrenze verlaufe. Private Gegenstände seien nicht erkennbar. Die Aussage, die Schumacher-Kinder betrieben Wassersport in einer Bucht bei Port d’Andratx, enthalte nicht die Information, dass auch die Fami­lien­villa sich in Nähe dieser Bucht befände. Die Möglichkeit, dass das Grundstück bei intensiver Recher­che gegebenenfalls lokalisiert werden könne, führe zu keiner anderen Wertung. Schließlich berücksichtigte der BGH auch, dass das Bild aus einem Exposé für Immobilien stammte und nicht etwa unter „Ausspähung“ der persönlichen Lebensumstände der Schumacher-Familie entstand.
 
Insgesamt liege deshalb nur ein geringer Eingriff in die Privatsphäre vor, sodass das Recht auf Presse- und Meinungsfreiheit überwiege.
 

Abwägung von Privatsphäre und Pressefreiheit

Der BGH verdeutlicht in seiner Entscheidung, dass bei der Abwägung von Privatsphäre und Pressefreiheit stets die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind. Dabei falle zugunsten der Pressefreiheit beispielsweise ins Gewicht, wenn nicht eine Privatperson, sondern eine Person des öffentlichen Lebens betroffen sei. Das ​gelte insbesondere, wenn über Tatsachen berichtet werde, die einen Beitrag zu einer Diskussion in einer demokratischen Gesellschaft leisten könne, die z.B. Politiker bei Wahrnehmung ihrer Amtsgeschäfte betreffe. Aber auch unterhaltende Beiträge, etwa über das Privat- und Alltagsleben prominenter Personen, nähmen grundsätzlich am Schutz der Pressefreiheit teil, ohne dass die Berichterstattung von der Eigenart oder dem Niveau der Berichterstattung abhinge. Die Abbildung umfriedeter oder anderweitig geschützter Bereiche des privaten Anwesens oder die Abbildung privater Einrichtungsgegenstände würden eher zu einem Überwiegen des Rechts auf Privatsphäre führen als dies bei einer Gewährung von Einblicken in das Privatleben durch den Betroffenen selbst der Fall sei. Auch die Umstände der Gewinnung der Abbildung sowie die Ermöglichung der Auffindbarkeit des Anwesend seien bei der Interessenabwägung zugunsten der Privatsphäre zu berücksich­tigen.
 
Nicht zu verwechseln ist diese Abwägung mit dem Fall der Abbildung von Personen. In diesem Fall richtet sich die Zulässigkeit der Bildveröffentlichung nach dem Recht am eigenen Bild, welches ebenfalls durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht sowie die §§ 22, 23 Kunst-Urheberrechtsgesetz (KUG) geschützt ist. Die vom BGH vorgenommene Abwägung im Fall der Abbildung der Schumacher-Villa richtete sich hingegen nach denselben Maßstäben wie die einer Wortberichterstattung.

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