Bekämpfung von Steuervermeidung – „Paradise Papers“ entfachen neue Diskussion über die Verschärfung des Country-by-Country-Reportings

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Schnell gelesen:

  • Multinationale Unternehmensgruppen (MNU-Gruppen) werden durch Verrechnungspreisberichterstattung reguliert. 2017 wurde eine neue Berichterstattung für diese multinationalen Unternehmensgruppen eingeführt, die als Country-by-Country-Reporting (CbC-Reporting) bezeichnet wird.
  • Diese Vorschriften können sich von Land zu Land unterscheiden.
  • Der aktuelle „Paradise Papers“-Skandal könnte dazu führen, dass das Reporting der jeweiligen Transaktionen genauer unter die Lupe genommen wird. Darüber hinaus könnten in Zukunft neue, strengere Vorschriften für internationale Steueraktivitäten eingeführt werden.

​Von Inga Baranauskaitė, Hans Lauschke, Jānis Šneiders

 

Im November 2017 erschütterte ein weltweiter Skandal die internationale Geschäftswelt. Die „Süddeutsche Zeitung“ publizierte einen Leak von mehr als 13 Millionen Dokumenten, der tiefe Einblicke in Praktiken internationaler Steuervermeidung gewährte. Damit wurde aufgezeigt, wie Einzelpersonen – darunter auch bekannte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens – und große multinationale Unternehmen mit Offshore-Konten oder kreativer Buchführung gezielt Schlupflöcher nutzen, um legal Steuern zu vermeiden. Diese sogenannten „Paradise Papers” entfachten heftige Diskussionen um die aktuell geltenden Steuervorschriften für internationale Transaktionen und erhöhten den öffentlichen Druck auf die Steuerbehörden, Tätigkeiten im Zusammenhang mit „Steuerparadiesen“ genauer zu prüfen.

 

Aktuelle Rechtslage

Gegenwärtig werden multinationale Unternehmensgruppen (MNU-Gruppen) in der Regel durch Verrechnungspreisberichterstattung reguliert. 2017 wurde für diese Gruppen in vielen Ländern eine neue Berichterstattung eingeführt, die als „Country-by-Country-Reporting“ (CbC-Reporting) bezeichnet wird. Gemäß den Vorschriften des CbC-Reportings müssen MNU-Gruppen den Steuerbehörden einen Jahresbericht vorlegen, der Informationen wie Umsatz, Gewinn, materielle Vermögenswerte usw. enthält, aufgeteilt nach den jeweiligen Ländern des Geschäftsbetriebs. Da diese Art der Berichterstattung viele sensible Daten enthält, hegen einige Unternehmen Bedenken gegen das Anfertigen solcher Berichte.

Obwohl das CbC-Reporting grundsätzlich in der Verantwortung der Holdinggesellschaft der Gruppe liegt, muss auch jede Tochtergesellschaft ihren Teil zur Berichterstattung beitragen. Hat die Holdinggesellschaft mit Sitz in einem Staat, in dem keine Pflicht zur länderbezogenen Berichterstattung besteht, eine Tochtergesellschaft in einem Land, in dem ein CbC-Reporting erfolgen muss, ist letztere für die Mitteilung verantwortlich. Aus diesem Grund sollte auch jede Tochtergesellschaft eines multinationalen Unternehmens die Anforderungen und Vorschriften des CbC-Reportings kennen.

 

CbC-Reporting in Estland, Lettland und Litauen

Die Vorschriften weichen in verschiedenen Ländern erheblich voneinander ab. Auch in den drei baltischen Staaten unterscheidet sich die Regulierung der Verrechnungspreise, einschließlich der CbC-Berichterstattung. In der nachfolgenden Tabelle finden Sie eine vergleichende Analyse der Vorschriften des CbC-Reportings in Estland, Lettland und Litauen.


Wie aus der Tabelle ersichtlich, ist die Umsatzschwelle für die CbC-Berichterstattung in den drei baltischen Staaten dieselbe. Estland, Lettland und Litauen haben das CbC Multilateral Competent Authority Agreement (CbC-MCAA) unterzeichnet, wodurch der Austausch der Daten, die den lokalen Steuerbehörden übermittelt werden, automatisch zwischen den baltischen Staaten und den anderen Unterzeichnern erfolgt. Gegenwärtig haben 65 Staaten das CbC-MCAA unterzeichnet, in dem Bedingungen und operative Aspekte für den Austausch von CbC-Berichten über gegenseitige Amtshilfe in Steuerangelegenheiten festgelegt sind. Darüber hinaus werden CbC-Berichte automatisch zwischen EU-Mitgliedstaaten gemäß der EU-Richtlinie 2016/881/EU ausgetauscht.

 

Die in den drei Baltenstaaten geltende Meldepflicht gilt auch, wenn die Holding-Gesellschaft berichtspflichtig ist. Jede Tochtergesellschaft muss den lokalen Steuerbehörden das für die CbC-Berichterstattung verantwortliche Mitglied der MNU-Gruppe mitteilen:
  • In Estland innerhalb von 6 Monaten nach dem Ende des Geschäftsjahres, welches das Berichtsjahr der Gruppe ist.
  • In Lettland gilt die gleiche Frist; für den ersten Berichtszeitraum musste die Mitteilung jedoch bis zum 31. August 2017 erfolgen.
  • In Litauen müssen diese Informationen den Steuerbehörden bis zum Ende des laufenden Geschäftsjahres der MNU-Gruppe mitgeteilt werden.

 

Verfahren in Estland

In Estland ist das berichtende Unternehmen in der Regel die Muttergesellschaft des Konzerns. Kann das Mutterunternehmen dieser Verpflichtung nicht nachkommen, ist eine andere in Estland ansässige Gesellschaft verpflichtet, alle für die Erfüllung der Meldepflicht erforderlichen Informationen zu übermitteln und den CbC-Bericht einzureichen.

Der CbC-Bericht enthält aggregierte Informationen zur MNU-Gruppe bezüglich Höhe der Einnahmen, des Gewinns oder Verlusts vor Ertragsteuern, gezahlte und angefallene Ertragssteuern, Stammkapital, kumuliertes Ergebnis, Mitarbeiteranzahl und materielle Vermögenswerte, Zahlungsmittel und Zahlungsmitteläquivalente in Bezug auf jeden Staat und jede Rechtsordnung, in der die Unternehmensgruppe tätig ist. Die Berichtspflicht umfasst Daten zur Identifizierung der Unternehmensmitglieder, einschließlich Informationen über den Staat oder die zuständige Behörde am steuerlichen Sitz des Mitglieds oder zu den anwendbaren Rechtsvorschriften, falls sich diese von der Steueransässigkeit unterscheiden. Des Weiteren gibt der Bericht Auskunft über die Hauptgeschäftsaktivitäten der Gruppen-Mitglieder (gemäß dem estnischen Steuerinformationsaustauschgesetz).

Das in Estland steuerpflichtige berichtende Unternehmen muss den CbC-Bericht bis zum 31. Dezember des dem Berichtsgeschäftsjahr folgenden Kalenderjahres bei der Steuerbehörde einreichen.

Gehören zur Gruppe mehrere der Definition des berichtenden Unternehmens entsprechende Mitglieder, muss der Steuerbehörde das Gruppenmitglied bekannt gegeben werden, das den Bericht für jedes einzelne Land im Namen der MNU-Gruppe erstellt. Der Zugang zu allen für die CbC-Bericht-Erstellung notwendigen Informationen muss gewährt werden.

 

Verfahren in Lettland

Gemäß den Vorschriften über die Erstellung und Einreichung von CbC-Berichten muss jede lettische Muttergesellschaft einer MNU-Gruppe mit einem Jahresumsatz von über 750 Mio. Euro innerhalb von 12 Monaten nach dem letzten Tag des Geschäftsjahres einen länderbezogenen Bericht erstellen.

Lettische Tochterunternehmen, die zu einer MNU-Gruppe gehören, müssen einen CbC-Bericht erstellen und beim lettischen Finanzamt in folgenden Fällen einreichen:
  • wenn die Muttergesellschaft der MNU-Gruppe nicht verpflichtet ist, einen CbC-Bericht im Staat ihrer steuerlichen Ansässigkeit vorzulegen
  • wenn Lettland über keine Vereinbarung über den Austausch länderbezogener Berichte mit einem Staat der steuerlichen Ansässigkeit der Muttergesellschaft verfügt
  • wenn zwischen dem Staat der steuerlichen Ansässigkeit der Muttergesellschaft und Lettland eine Vereinbarung über den Austausch länderbezogener Berichte besteht, Lettland diese Informationen jedoch nicht erhalten kann

 

Der Bericht muss die wichtigsten Geschäftstätigkeiten sowie detaillierte Informationen zu jeder Geschäftseinheit der Unternehmensgruppe enthalten, wie Erträge aller Unternehmen der Gruppe, die durch Transaktionen mit verbundenen und mit fremden Dritten erzielt wurden, Vorsteuergewinne oder -verluste, Ertragsteuer (bezahlt und noch zu zahlende), Stammkapital, Gewinn sowie Mitarbeiterzahl.

Der Bericht ist innerhalb von 12 Monaten nach dem letzten Tag des Geschäftsjahres der Steuerbehörde vorzulegen.

Sind mehrere Geschäftseinheiten einer MNU-Gruppe zur Erstellung eines CbC-Berichtes berechtigt, so kann das Unternehmen eine Einheit benennen, die für die Erstellung und Einreichung des CbC-Berichts verantwortlich ist. Die in Lettland steuerlich ansässigen Mitglieder einer multinationalen Unternehmensgruppe haben ebenfalls die lettische Steuerbehörde über diejenige Geschäftseinheit der MNU-Gruppe zu informieren, die für die Einreichung des Berichts verantwortlich ist.

Im elektronischen Meldesystem der lettischen Steuerbehörde gibt es ein besonderes Musterformblatt für den länderbezogenen Bericht, der auch elektronisch als XML-Datei in das System importiert werden kann.

 

Verfahren in Litauen

Die litauische Muttergesellschaft einer MNU-Gruppe ist verpflichtet, der Steueraufsichtsbehörde einen CbC-Bericht vorzulegen. In bestimmten Fällen kann die Muttergesellschaft diese Verpflichtung an ein anderes Unternehmen der Gruppe (Ersatzmuttergesellschaft) abtreten. Die CbC-Berichtsregeln sind auch für Betriebsstätten von multinationalen Unternehmen relevant. Die Berichterstattung bzgl. Betriebsstätten erfolgt gemäß den Vorschriften des Landes, in dem sich die Betriebsstätte befindet.

Ein CbC-Bericht, der den Steuerbehörden vorgelegt wird, muss länderspezifische Informationen zu den finanziellen sowie weiteren betrieblichen Ergebnissen der MNU-Gruppe enthalten. Die Informationen müssen in zwei separate Tabellen unterteilt werden:
  • eine Tabelle mit Einnahmen, gezahlten Steuern und einem Überblick über andere Finanzindikatoren der MNU-Gruppe, getrennt nach Ländern
  • eine Tabelle mit einer Liste aller Unternehmen der MNU-Gruppe und den wichtigsten Geschäftsaktivitäten verschiedener Gesellschaften der Gruppe in den einzelnen Ländern

 

Der CbC-Bericht muss in der Regel innerhalb von 12 Monaten nach dem letzten Tag des Geschäftsjahres des Steuerpflichtigen eingereicht werden. Eine Ausnahme gilt für den ersten CbC-Bericht für das am 1. Januar 2016 begonnene Geschäftsjahr, der spätestens am 31. März 2018 eingereicht werden muss.

In Litauen ansässige Konzerngesellschaften müssen der Steuerbehörde bis zum Ende des Geschäftsjahres mitteilen, welche Gesellschaft die Muttergesellschaft, die Ersatzmuttergesellschaft oder auf sonstige Weise eine Gesellschaft ist, welche den CbC-Bericht einreicht. Bekanntgegeben werden müssen Firma und Sitz der CbC-Berichtseinheit.

CbC-Berichte werden elektronisch über die von der litauischen Steuerverwaltung bereitgestellten Systeme eingereicht. Ist eine Muttergesellschaft nicht zur Berichteinreichung verpflichtet, muss die litauische Tochtergesellschaft diese Aufgabe übernehmen. Darüber hinaus kann eine Gesellschaft bei der Steuerbehörde die Einreichung eines vereinfachten Berichtes beantragen (wenn sie nicht alle erforderlichen Informationen erhalten kann). Die Einreichung des CbC-Berichts kann in Teilen erfolgen: Der CbC-Bericht gilt dann als vollständig eingereicht, wenn der Steuerpflichtige den letzten Teil des CbC-Berichts vorlegt.

 

Verstöße können Sanktionen auslösen

Die Nichterfüllung der CbC-Berichterstattungspflichten kann unterschiedliche Sanktionen in Estland, Lettland und Litauen auslösen:
  • in Estland ist die Geldbuße höher als in den beiden anderen Baltenstaaten und kann bis zu 3.200 Euro betragen
  • in Lettland beläuft sich die Strafe auf bis zu 700 Euro
  • in Litauen muss die Gesellschaft mit einer Geldstrafe von bis zu 600 Euro rechnen 

 

Fazit

Wie aus den zahlreichen Vorschriften zur CbC-Berichterstattung hervorgeht, ist die Vorbereitung einer solchen Berichterstattung eine schwierige und zeitraubende Aufgabe. Erschwerend kommt hinzu, dass die Regelungen in den einzelnen Ländern unterschiedlich sind. In den meisten Fällen ist es schwierig, Unterstützung der zuständigen Steuerbehörden zu erhalten, da diese Regeln in einigen Ländern, wie den Baltenstaaten, erst kürzlich eingeführt wurden. So haben die Steuerbehörden in Estland, Lettland und Litauen noch keine Erfahrung im Umgang mit CbC-Berichten. Aus den oben genannten Gründen ist es für MNU-Gruppen empfehlenswert, externe Unterstützung für die CbC-Berichterstattung einzuholen.

Darüber hinaus könnten die öffentlichen Bedenken hinsichtlich der derzeitigen Steuervorschriften über internationale Transaktionen zu einer Überprüfung des Rechtsrahmens führen. Neue, strengere Vorschriften für internationale Steueraktivitäten könnten die Folge sein.

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