Ausländische Unternehmen haften unter gewissen Bedingungen für ihre Tochtergesellschaften in den Vereinigten Arabischen Emiraten

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veröffentlicht am 3. März 2021 | Lesedauer ca. 2 Minuten

  

Der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Arabischen Emirate hat erstmals entschieden, dass eine ausländische Muttergesellschaft und deren weitere ausländische Tochtergesellschaften unter gewissen Voraussetzungen auch für die Verbindlichkeiten ihrer in den VAE ansässigen Tochtergesellschaft herangezogen werden kann.

 

  

  
  
Das Urteil erweitert damit zwar einerseits die Möglichkeiten der Inanspruchnahme durch Gläubiger und minimiert gleichzeitig die Risiken einer effektiven Rechtsverfolgung, anderseits bringt es zunehmende Gefahren für nicht in den VAE ansässige Muttergesellschaften mit sich, die nun unter Umständen zur Haftung herangezogen werden können. Es bedarf daher seitens ausländischer Gesellschaften bereits vor Vertragsschluss einer umfassenden Prüfung der Haftungsrisiken.
 
Im konkreten Fall handelte es sich um eine Streitigkeit aus einem Gaslieferungsvertrag aus dem Jahr 2006 zwischen einem Hersteller, der Fertigungskapazitäten entwickeln sollte und einer in den VAE ansässigen Tochtergesellschaft eines ausländischen Unternehmens, die als Lieferant von Gas agieren sollte. Im Jahr 2012 verklagte der Hersteller neben der Tochtergesellschaft in den VAE auch das ausländische Unternehmen, sowie dessen sechs weitere ausländische Tochtergesellschaften auf Schadensersatz. Grundlage dafür war die Behauptung, die Beklagte hätte ihre Pflicht zur Gaslieferung nicht rechtzeitig erfüllt. Das ausländische Unternehmen, als auch dessen sechs weitere ausländische Tochtergesellschaften waren dabei nicht als Unternehmen in den VAE registriert und hatten dementsprechend auch keine Lizenz.
 
Im Zuge des Verfahrens erhob die in den VAE ansässige Tochtergesellschaft Widerklage auf Schadensersatz mit der Behauptung der Unwirksamkeit des Vertrags. Sowohl das erstinstanzliche Urteil, als auch das – nach Einlegung der Berufung seitens des Herstellers – ergangene Urteil in zweiter Instanz nahmen dabei eine Schadensersatzanspruch des Herstellers zulasten der Tochtergesellschaft in den VAE an, verneinten jedoch eine gesamtschuldnerische Haftung des ausländischen Unternehmen und dessen sechs weitere ausländische Tochtergesellschaften. Sie seien demnach nicht Parteien des abgeschlossenen Vertrags und könnten daher auch nicht als Gesamtschuldner zur Haftung herangezogen werden. Zudem wurde die Widerklage der Tochtergesellschaft jeweils abgewiesen.
 
Der Oberste Gerichtshof hat jedoch die zuvor ergangenen Urteile aufgehoben und eine Gesamtschuld von Tochtergesellschaft, ausländischen Unternehmen und den weiteren ausländischen Tochtergesellschaften angenommen, wobei er das Commercial Companies Law of 1984 als maßgebliche Rechtsgrundlage zum Zeitpunkt des Vertragsschluss angesehen hat. Art. 316 ff dieses Gesetzes sind demnach so auszulegen, dass eine Haftung der ausländischen Muttergesellschaft oder weiteren ausländischen Tochtergesellschaften unter bestimmten Bedingungen durchaus möglich ist.
 
Demzufolge scheidet eine Haftung nur dann aus, wenn die ausländische Gesellschaft als rechtlich selbstständig gilt. Um in den VAE tätig zu werden, bedarf es seitens der Unternehmen jedoch einer Genehmigung und Lizenz der zuständigen Behörden. Werden diese Anforderungen dagegen nicht erfüllt, so ist das ausländische Unternehmen oder eben dessen weiteren ausländischen Tochtergesellschaften im Vergleich zur Tochtergesellschaft innerhalb der VAE nicht als rechtlich selbstständig anzusehen, wobei die Tochtergesellschaft auf Rechnung des ausländischen Unternehmen handelt. Daher besteht im konkreten Fall mangels rechtlicher Selbstständigkeit eine gesamtschuldnerische Haftung, die einen Rückgriff auf das ausländische Unternehmen zulässt, selbst wenn es nicht unmittelbar Partei des Vertrags ist. Zudem ist die Anwendung der maßgeblichen Vorschriften der Art. 316 ff. aufgrund des Art. 3 des Commercial Companies Law of 1984 nicht ausgeschlossen. Er erklärt das CCL für Erdölunternehmen als nicht anwendbar.
 
Die vorherigen Gerichte stützten ihre Entscheidungen unter anderem auch auf die Nichtanwendbarkeit des zum Vertragsschluss geltenden CCL, also auch Art. 316 ff.. Dabei hat der Oberste Gerichtshof jedoch ausdrücklich klargestellt, dass es nur bei inländischen Erdölunternehmen mit der entsprechenden Lizensierung der Fall ist. Ist ein ausländisches Unternehmen – so wie auch im konkreten Fall – eben nicht in den VAE registriert, ist das Gesetz dennoch anzuwenden, sodass die ausländische Gesellschaft zur Haftung herangezogen werden kann.

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