Sachzuwendungen und die Pauschalierung der Steuer – Neues BMF-Schreiben zu § 37b EStG

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  • Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) hat sich mit Schreiben vom 19. Mai 2015 ausführlich zur Pauschalierung der Einkommensteuer bei Sachzuwendungen nach §37b EStG geäußert.
  • Dabei wurden u.a. die Grundsätze der zwischenzeitlich ergangenen BFH-Urteile berücksichtigt, die den Anwendungsbereich der Regelung eingrenzen.

​Der 6. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat sich in 4 Urteilen vom 16. Oktober 2013 und 12. Dezember 2013 mit der Pauschalierungsvorschrift des § 37b EStG beschäftigt.

 
Der oberste Gerichtshof stellt u.a. klar, dass die ab 2007 geschaffene Möglichkeit der Pauschalierung der Einkommensteuer nach § 37b EStG nicht auf alle Zuwendungen und Geschenke anzuwenden ist, sondern lediglich auf solche, die beim Empfänger (Geschäftspartner oder Arbeitnehmer) dem Grunde nach einkommensteuerbare und auch einkommensteuerpflichtige Einkünfte generieren. 
 
Des Weiteren konstatieren die BFH-Richter, dass es keine Rechtsgrundlage gebe, die Pauschalierungsregelung für Zuwendungen an Kunden und Geschäftsfreunde lediglich auf solche Zuwendungen anzuwenden, die den Wert von 35 Euro (Grenze für die steuerliche Abziehbarkeit von Betriebsausgaben) oder 10 Euro (sog. Streuwerbeartikel) übersteigen.
 
Die Aussagen der BFH-Urteile standen teilweise im Widerspruch zu den im BMF-Schreiben vom 29. April 2008 dargelegten Grundsätzen der Anwendung der Pauschalierungsvorschrift.
 
Nun hat das BMF sein Anwendungsschreiben zu § 37b EStG vom 29. April 2008 u.a. unter Berücksichtigung der Grundsätze der zwischenzeitlich ergangenen BFH-Urteile neu gefasst. 
 
Das überarbeitete Schreiben vom 19. Mai 2015 grenzt den Anwendungsbereich des § 37b EStG ein und nimmt ausführlich Stellung zur Pauschalierung der Einkommensteuer bei Sachzuwendungen. U.a. führt das BMF aus:
  • Von § 37b EStG werden nur solche Sachzuwendungen an Geschäftspartner und Arbeitnehmer erfasst, die betrieblich veranlasst sind und beim Empfänger dem Grunde nach zu steuerbaren und steuerpflichtigen Einkünften führen (BFH vom 16. Oktober 2013 - VI R 57/11). 
  • § 37b EStG begründet keine eigenständige Einkunftsart und erweitert nicht den einkommensteuerlichen Lohnbegriff. Die Regelung stellt lediglich eine besondere pauschalierende Erhebungsform der Einkommensteuer zur Wahl (BFH vom 16. Oktober 2013 – VI R 57/11 und 78/12).

 

Geschenke an Kunden und Geschäftsfreunde

Geschenke sind üblich – aber nur unter bestimmten Bedingungen mindern sie die Steuerlast. 
 
Betrieblich veranlasste Geschenke sind als Betriebsausgaben abzugsfähig und berechtigen zum Vorsteuerabzug, wenn sie pro Empfänger und Wirtschaftsjahr die Freigrenze von 35 Euro (netto) nicht übersteigen, § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG.
 
Betrieblich veranlasst ist ein Geschenk, wenn durch die Zuwendung Geschäftsbeziehungen zum Beschenkten angebahnt, gesichert oder verbessert werden. Das gilt für Geschenke an z.B.
  • Geschäftsfreunde,
  • (potenzielle) Kunden,
  • Lieferanten,
  • Vertreter oder
  • andere für das Unternehmen wichtige Personen (nicht aber eigene Arbeitnehmer!).

 
Geschenke sind Sachzuwendungen oder Dienstleistungen durch Dritte, außerdem jede „unentgeltliche vermögenswerte Zuwendung, die nicht als Gegenleistung für eine bestimmte Leistung des Empfängers gedacht ist und auch nicht in einem zeitlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer solchen Leistung steht”.

Erhält der Empfänger das „betriebliche” Geschenk im Rahmen seines Unternehmens, so zählt es zu den Einkünften und muss der Steuer unterworfen werden. Damit hat jedes (gewollte oder ungewollte) Geschenk beim Empfänger einen fahlen Beigeschmack. 
 
Dem Schenker wurde so mit § 37b EStG ein Wahlrecht eingeräumt, die pauschale Einkommensteuer auf Zuwendungen und Geschenke i.H.v. 30 Prozent (zzgl. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) zu übernehmen. Der Empfänger muss dann keine Betriebseinnahmen versteuern. 
 
Das neue BMF-Schreiben stellt klar, dass nur solche Sachzuwendungen zur Bemessungsgrundlage des § 37b EStG zählen, die zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung erbracht werden. Sie müssen also in sachlichem oder zeitlichem Zusammenhang mit einem zwischen den Vertragsparteien abgeschlossenen Vertragsverhältnis stehen und als zusätzliche Leistung hinzukommen. Zuwendungen zur Anbahnung eines Vertragsverhältnisses fallen damit bspw. nicht in den Anwendungsbereich der Regelung. 
 
Auch fallen Gewinne aus Verlosungen, Preisausschreiben und sonstigen Gewinnspielen sowie Prämien aus (Neu)Kundenwerbungsprogrammen und Vertragsneuabschlüssen nicht in die Bemessungsgrundlage der Pauschalierungsvorschrift.
 
Die Finanzverwaltung stellt im neuen BMF-Schreiben auch klar, dass Streuwerbeartikel, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten 10 Euro nicht übersteigen, auch weiterhin nicht in den Anwendungsbereich des § 37b EStG einbezogen werden müssen. Gleiches gilt für die Teilnahme an einer geschäftlich veranlassten Bewirtung, die nur im Ausnahmefall (z.B. Bewirtung im Rahmen einer Incentive-Reise) in die Bemessungsgrundlage des § 37b EStG einbezogen werden soll. 
 
Dieser Auffassung hatte der BFH im Urteil vom 16. Oktober 2013 (Az. VI R 52/11) widersprochen und entschieden, dass es keine Rechtsgrundlage für die Auffassung der Finanzverwaltung gebe, Streuwerbeartikel oder die Teilnahme an einer geschäftlich veranlassten Bewirtung von der Regelung auszunehmen.
 

Geschenke an Arbeitnehmer

Zuwendungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses sind abzugsfähige Betriebsausgaben.
Ob die Sachzuwendung beim Arbeitnehmer zu steuerpflichtigem Arbeitslohn führt, hängt von mehreren Faktoren ab:
 
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Beim Arbeitnehmer liegt nicht steuerbarer Arbeitslohn vor, wenn die (Sach-)Zuwendung im überwiegend betrieblichen Interesse des Arbeitgebers erfolgt ist. Der Vorteil für den Arbeitnehmer und der damit einhergehende Entlohnungscharakter der Zuwendung sind lediglich notwendige Begleiterscheinung der betriebsfunktionalen Zielsetzung des Arbeitgebers.
 
Liegt tatsächlich steuerbarer Arbeitslohn vor, so werden hierfür Steuer- und Sozialabgaben fällig – soweit keine Vorschrift zur Steuerbefreiung greift. 
 
Nach § 37b EStG kann der Arbeitgeber die Einkommensteuer auf Zuwendungen für eigene Arbeitnehmer mit einem pauschalen Steuersatz von 30 Prozent (zzgl. Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer und Sozialabgaben!) übernehmen. 
 
Auch in Bezug auf Zuwendungen an Arbeitnehmer erweitert § 37b EStG aber nicht den steuerrechtlichen Lohnbegriff. Die Regelung setzt das Entstehen der Steuer dem Grunde nach (also steuerbaren und steuerpflichtigen Arbeitslohns) voraus und stellt eine besondere pauschalierende Erhebungsform der Einkommensteuer dar. 
 
Die Pauschalierung der Einkommensteuer ist dabei nur möglich, sofern die steuerbare Zuwendung
  • nicht in Geld besteht,
  • zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn erbracht wird,
  • keine andere Bewertungsvorschrift als die Einzelbewertung zulässt und keine Pauschalierungsmöglichkeit nach § 40 Abs. 2 EStG besteht und
  • nicht durch Anwendung einer anderen Pauschalierungsvorschrift besteuert wird.
 
Wird die Freigrenze für steuerfreie Sachbezüge i.H.v. 44 Euro monatlich also nicht überschritten, liegt kein steuerpflichtiger Sachbezug vor; § 37b EStG ist damit anwendbar. Bei der Prüfung der Freigrenze bleiben die Vorteile außer Ansatz, die nach §§ 37b EStG und 40 EStG pauschal versteuert werden.
 
Aufmerksamkeiten bis 60 Euro, die dem Arbeitnehmer aus Anlass eines besonderen persönlichen Ereignisses zugewendet werden, gehören nicht zum Arbeitslohn. Bei Überschreitung des Betrags ist die Pauschalierung der Sachzuwendung nach § 37b EStG möglich. 
 
Das gleiche gilt für Mahlzeiten aus besonderem Anlass, die vom oder auf Verlassung des Arbeitgebers anlässlich von Auswärtstätigkeiten an seine Arbeitnehmer abgegeben werden. Nur bei Überschreiten der 60 Euro-Grenze liegt hier steuerpflichtiger Arbeitslohn vor, der der Pauschalierung gem. § 37b EStG unterworfen werden darf.
 

Steuerliche Behandlung beim Zuwendenden

Die Aufwendungen für die Zuwendung selbst sind nach den allgemeinen steuerlichen Grundsätzen zu beurteilen. Entweder darf sie in voller Höhe als Betriebsausgabe berücksichtigt werden (z.B. Geschenke an Arbeitnehmer oder Zuwendungen, die nicht als Geschenk gelten), oder sie ist nach den steuerlichen Regelungen des § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG beschränkt abziehbar. 
 
Für die Prüfung der Freigrenze des § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG ist nur auf den Betrag der Zuwendung abzustellen. Die übernommene Pauschalsteuer ist nicht mit einzubeziehen. 
 
Die Abziehbarkeit der Pauschalsteuer als Betriebsausgabe richtet sich nach der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Zuwendungen selbst.
 

Praxistipp

In den Urteilen vom 16. Oktober 2013 und 12. Dezember 2013 hat das oberste Finanzgericht die Auffassung der Finanzverwaltung zur Pauschalbesteuerung nach § 37b EStG teilweise gekippt. 
 
Die Unsicherheiten bei der Anwendung der Vorschrift in der Praxis verstärkten sich dadurch noch weiter.
 
Mit dem neuen 12-seitigen BMF-Schreiben zu § 37b EStG wurden nun die Grundsätze der BFH-Entscheidungen berücksichtigt und weitere Zweifelsfragen geklärt. Die Grundsätze des Schreibens sind auf alle noch offenen Fälle anzuwenden.
 
In der Praxis rücken Zuwendungen und deren steuerliche Behandlung bei Zuwendendem und Zuwendungsempfänger verstärkt in den Fokus des Betriebsprüfers.
 
Hat der Zuwendende auf die Pauschalversteuerung nach § 37 b EStG verzichtet, drohen Kontrollmitteilungen an die Finanzämter der Zuwendungsempfänger. Auf diese Weise kann festgestellt werden, ob die Zuwendung beim Empfänger korrekt als Einnahme versteuert wurde.
 
Jedoch fallen nicht alle Zuwendungen an Dritte und eigene Arbeitnehmer in den Anwendungsbereich des § 37b EStG. Es ist ratsam, Zuwendungen bereits unmittelbar bei der Verbuchung in die Fälle „Geschenke abzugsfähig/nicht abzugsfähig mit/ohne Pauschalierung nach § 37b EStG” aufzuteilen. Auf diese Weise erleben Sie keine bösen Überraschungen.
 
Haben Sie noch Fragen? Melden Sie sich gerne bei uns!
Melanie Erhard
 
zuletzt aktualisiert am 01.06.2015
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