Unterschwellenvergaben: Die wichtigsten Neuerungen der VOB/A 2019

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veröffentlicht am 25. April 2019

   

Neues Bauvergaberecht unterhalb der EU-Schwellenwerte

Am 31. Januar 2019 hat der Vorstand des Deutschen Vergabe- und Vertragsausschusses für Bauleistungen wichtige Änderungen für die Vergabe von öffentlichen Bauaufträgen unterhalb der EU-Schwellenwerte nach der VOB/A (1. Abschnitt) beschlossen. In dem Ausschuss sind Repräsen­tanten aller wichtigen öffentlichen Auftraggeber, der kommunalen Spitzenverbände und von Organisationen der Wirtschaft und Technik vertreten. Die Aktualisierung und Anpassung der VOB/A zählt zu einer der wichtigsten Aufgaben des Ausschusses.


  

Die geänderte VOB/A wurde am 19. Februar 2019 im Bundesanzeiger veröffentlicht. Der Bund plant für seinen Zuständigkeitsbereich die neue VOB/A zum 1. März 2019 in Kraft zu setzen. Für den kommunalen Beschaffungsbereich richtet sich das Inkrafttreten nach dem jeweiligen Landesrecht.


Mehr Wahlmöglichkeiten bei Ausschreibungen

Öffentliche Auftraggeber sollen künftig frei wählen können, ob sie Bauleistungen im Rahmen einer Öffentlichen Ausschreibung oder Beschränkten Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb vergeben (§ 3a Abs. 1 Satz 1 VOB/A). Der bislang geltende Vorrang der öffentlichen Ausschreibung entfällt also. Damit wird endlich auch im Unterschwellenbereich geregelt, was bei EU-Vergaben schon länger möglich ist.

 
Ein Novum stellt die Möglichkeit dar, Bauleistungen zu Wohnzwecken beschränkt und immerhin ohne Teilnahmewettbewerb für jedes Gewerk bis zu einem geschätzten Netto-Auftragswert von 1 Mio. Euro ausschreiben zu können, ohne dass besondere Gründe vorliegen müssen (§ 3a Abs. 2 Nr. 1 VOB/A). Bis zu einem Netto-Auftragswert von 100.000 Euro darf sogar freihändig vergeben werden (§ 3a Abs. 3 Satz 2 VOB/A). Die beiden Regelungen gehen auf den im September vergangenen Jahres im Bundeskanzleramt veranstalteten Wohngipfel zurück (vgl. BT-Drs. 19/5289), sind jedoch bis zum 31. Dezember 2021 zeitlich limitiert.


Bauaufträge direkt vergeben, nicht ausschreiben

Neu ist ferner, dass bis zu einem voraussichtlichen Auftragswert von 3.000 Euro netto öffentliche Bauaufträge ohne Ausschreibung direkt vergeben werden können. Im Gegensatz zur Beschaffung von Liefer- und Dienst­leistungen ist damit ein dreifach höheres Direktvergabevolumen möglich. Öffentliche Auftraggeber müssen aber auch beim Direktauftrag die haushaltsrechtlichen Grundsätze der Wirtschaft­lichkeit und Sparsamkeit beachten. Einem möglichen „Hoflieferantentum” wird entgegengewirkt, indem der öffentliche Auftraggeber zwischen den beauftragten Bauunternehmen wechseln soll (§ 3a Abs. 4 VOB/A).


Teilnahmewettbewerb wird konkretisiert

Bislang war der genaue Verfahrensablauf eines Teilnahmewettbewerbs allenfalls rudimentär geregelt. Die geänderten Vorschriften stellen nun klar, dass bei beschränkter Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb die Auswahl der Unternehmen, die zur Angebotsabgabe aufgefordert werden, durch die Auswertung des Teil­nahme­wett­bewerbs erfolgt. Dazu fordert der öffentliche Auftraggeber eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmen öffentlich zur Abgabe von Teilnahmeanträgen auf. Die Auswahl der Bewerber erfolgt dann anhand der vom öffentlichen Auftraggeber festgelegten Eignungskriterien. Diese transparenten, objektiven und nicht­diskrimi­nierenden Eignungskriterien für die Begrenzung der Zahl der Bewerber, die Mindestzahl und ggf. die Höchstzahl der einzuladenden Bewerber gibt der öffentliche Auftraggeber in der Auftragsbekannt­machung des Teil­nahme­wett­bewerbs an. Es sind mind. fünf Bewerber zur Angebotsabgabe aufzufordern. Liegt die Zahl geeigneter Bewerber unter der Mindestzahl von fünf, darf die beschränkte Ausschreibung auch mit dem(n) Bewerber(n) fortgeführt werden (§ 3b Abs. 2 VOB/A).


Entbürokratisierung der Eignungsprüfung

Ein öffentlicher Bauauftrag darf nur einem geeigneten Bieter erteilt werden. Zum Nachweis der Eignung muss der öffentliche Auftraggeber regelmäßig auch das Umsatzvolumen, die Referenzen und Arbeits­kräfteanzahl sowie die mögliche Insolvenz und Liquidation des Unternehmens prüfen. Auf die Prüfung der vorgenannten Eignungsmerkmale kann der öffentliche Auftraggeber künftig verzichten, wenn der geschätzte Netto-Auftragswert weniger als 10.000 Euro beträgt. Voraussetzung ist zudem, dass der Verzicht durch Art und Umfang des öffentlichen Bauauftrages gerechtfertigt ist (§ 6a Abs. 5 VOB/A).

Vereinfacht wird auch die Nachweisführung der Eignung im Teilnahmewettbewerb. Sind Eigenerklärungen der Unternehmen für einzelne Eignungsangaben ausreichend, muss der öffentliche Auftraggeber nur noch von den in Frage kommenden – also nicht von allen Bewerbern – die entsprechenden Bescheinigungen der zuständigen Stellen zur Bestätigung der Eignung fordern (§ 6b Abs. 2 VOB/A). Außerdem hat der öffen­tliche Auftraggeber auf die Vorlage von Nachweisen gänzlich zu verzichten, wenn er diese bereits im Besitz hat (§ 6b Abs. 3 VOB/A). Dadurch wird der Akquisitionsaufwand der Unternehmen im Vergabewettbe­werb minimiert, weil schon einmal vorgelegte Nachweise nicht nochmal bzw. doppelt beim öffentlichen Auftraggeber einzureichen sind.

Schließlich soll es der Vergabestelle bei öffentlichen Ausschreibungen auch erlaubt sein, die abgegebenen Angebote zunächst rechnerisch, technisch und wirtschaftlich zu prüfen, bevor die Eignung der Bieter anhand der vorgelegten Nachweise bewertet wird. Die Änderung kann in solchen Fällen sinnvoll sein, wenn ohne größeren Prüfungsaufwand feststellbar ist, dass Bieter keine Zuschlagschance haben, etwa wegen eines zu hohen Angebotspreises. Dann kann sich der öffentliche Auftraggeber die oftmals zeitaufwendige Eignungs­prüfung ohnehin aussichtsloser Bieter ersparen. Von der Option darf aber nur Gebrauch gemacht werden, wenn die anschließende Eignungsprüfung der übrigen Bieter unparteiisch und transparent erfolgt (§ 16b Abs. 2 VOB/A).


Checkliste für Bauunternehmen

Häufig scheitern Unternehmen in öffentlichen Vergabeverfahren schon deshalb, weil sie nicht alle mit dem Angebot geforderten Unterlagen eingereicht haben. Wenn der öffentliche Auftraggeber zugleich festgelegt hat, dass er keine Unterlagen nachfordern wird, muss ein solches unvollständiges Angebot zwingend ausgeschlossen werden. Um das Risiko eines solchen Angebotsausschlusses für die Unternehmen zu minimieren, muss der öffentliche Auftraggeber künftig an zentraler Stelle in den Vergabeunterlagen abschließend alle Unterlagen mit Ausnahme von Produktangaben nennen, die mit dem Angebot abzugeben sind.


Hat der öffentliche Auftraggeber hingegen die Nachforderung nicht ausgeschlossen, so kommt den Bau­unter­nehmern künftig die umfangreiche Neufassung der Vorschrift über die Nachforderung von Unterlagen zugute. Danach ist der öffentliche Auftraggeber verpflichtet, Bauunternehmen aufzufordern, u.a. fehlende oder unvollständige leistungsbezogene Unterlagen – insbesondere Erklärungen, Produkt- und sonstige Angaben oder Nachweise – nachzureichen oder zu vervollständigen (§ 16a Abs. 1 Satz 1 VOB/A).


Zuschlagskriterien müssen künftig klar benannt werden

Klarer als bislang wird die Zuschlagsentscheidung normiert. Grundlage für die Auswahl des wirtschaft­lichsten Angebotes ist die Bewertung des öffentlichen Auftraggebers, ob und inwieweit das Angebot die vorgegebenen Zuschlagskriterien erfüllt. Das wirtschaftlichste Angebot bestimmt sich nach dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis. Hierzu können neben dem Preis oder den Kosten der Bauleistung auch qualitative, umweltbezogene oder soziale Aspekte berücksichtigt werden (§ 16d Abs. 1 Nr. 4 VOB/A). Allerdings dürfen nur Zuschlags­kriterien und ggf. deren Gewichtung Berücksichtigung finden, die schon in der Auftrags­bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen genannt sind (§ 16d Abs. 1 Nr. 5 VOB/A). Sie müssen außerdem so festgelegt und bestimmt sein, dass

  1. die Möglichkeit eines wirksamen Wettbewerbs gewährleistet wird,
  2. der Zuschlag nicht willkürlich erteilt werden kann und
  3. eine wirksame Überprüfung möglich ist, ob und inwieweit die Angebote die Zuschlagskriterien erfüllen (§ 16d Abs. 1 Nr. 6 VOB/A).

Kurzzusammenfassung

Die neue VOB/A beinhaltet eine Reihe von Neuerungen. Öffentliche Auftraggeber können Bauaufträge künftig nicht nur ausschreiben, sondern auch direkt vergeben. Die Anforderungen an die Durchführung von Teil­nahme­wett­bewerben wurden spezifiziert und die Eignungsprüfung entbürokratisiert. Die Checkliste für die ein­zu­reichenden Angebotsunterlagen und die klare Benennung der Zuschlagskriterien verringert Verfahrensfehler und ermöglicht Bauunternehmen eine passgenauere Angebotserstellung.


Auswirkung auf die Praxis

Das Bauvergaberecht im Unterschwellenbereich gewinnt an Klarheit und birgt sowohl für öffentliche Auftrag­geber als auch für Bauunternehmen sinnvolle Erleichterungen. Die Beschaffungspraxis wird zeigen, ob und in welchem Umfang die Änderungen in der VOB/A tatsächlich zu stringenteren und einfacheren Vergaben führen werden.

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