Reform der Blauen Karte EU im Migrationsrecht – kommt nun die Trendwende im Fachkräftemangel?

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veröffentlicht am 26. Oktober 2023 | Lesedauer ca. 2 Minuten


Derzeit durchschreitet das Migrationsrecht einen Wandel, wie kaum ein anderes Rechtsgebiet. Nun wird auch eine der Schlüsselnormen der Fachkräfteeinwanderung ausgebaut. Die gesetzlichen Anforderungen für akademische Fachkräfte werden durch die neue Blaue Karte (bisher § 18b Abs. 2 AufenthG nun § 18g AufenthG) zum 18. November 2023 herabgesetzt. Gelingt nun die Wende im Fachkräftemangel? Was Arbeitgeber mit einem international aufgestellten Team nun wissen müssen, erfahren Sie in diesem Artikel.



  


Warum ist die Blaue Karte so wichtig?

Die Blaue Karte EU ist besonders erstrebenswert, weil mit ihr einige Privilegierungen einher gehen, die nur der blauen Karte vorbehalten sind. Diese Privilegierungen erstrecken sich über den gesamten Prozess der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis wie ein Roter Faden. So muss derzeit die Bundesagentur für Arbeit bei einem Gehalt von 2/3 der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung nicht zustimmen – anders als bei allen anderen Aufenthaltstiteln, die eine Erwerbstätigkeit zulassen.
  
Beträgt das Gehalt mindestens 52 Prozent Beitragsbemessungsgrenze kann die Blaue Karte auch mit Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit erteilt werden, sofern ein Mangelberuf (Naturwissenschaftler, Mathematiker, Ingenieure, Ärzte sowie akademisch vergleichbare Fachkräfte im Bereich IT) gegeben ist. 
  
Ferner muss nach zwei Jahren ein Arbeitsplatzwechsel durch die Ausländerbehörde nicht mehr genehmigt werden (§ 18b Abs. 2 S. 4 AufenthG) und die Niederlassungserlaubnis – zum zeitlich unbegrenzten Aufenthalt in Deutschland – kann bereits nach 4 Jahren, und nicht wie sonst erst nach frühestens 5 Jahren, beantragt werden. 

Wo lag bisher das Problem mit der Blauen Karte EU?

Bisher lag die Schwierigkeit darin, dass die Hürden für die akademischen Ausbildung des potenziellen Arbeitnehmers sehr hoch waren. Die Anerkennung erfolgt in der Praxis mit Hilfe der Online-Datenbank Anabin, die von der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB) von der Kultusministerkonferenz betrieben wird. Ziel der Abfrage ist es, herauszufinden, ob der ausländische Hochschulabschluss mit einem deutschen Hochschulabschluss gleichgesetzt werden kann. Die Abfrage ist kompliziert – insbesondere, wenn der Hochschulabschluss nicht im englischsprachigen Ausland erworben worden ist – und wird selbst von Seiten der Behörden, nicht immer sicher beherrscht. Viele ausländische Universitäten sind jedoch in Anabin nicht hinterlegt oder werden nicht anerkannt, sodass nur die Alternative über die langwierige Zeugnisbewertung verbleibt. 

Was ändert sich nun?

Grundsätzlich ändert sich am System der Anerkennung der Hochschulabschlüsse nichts, es entsteht bloß eine Hintertür. Fachkräfte im Bereich IT, die keinen Hochschulabschluss besitzen, aber mindestens drei Jahre vergleichbare Berufserfahrung nachweisen können, erhalten ebenso die Möglichkeit eine Blaue Karte zu erhalten. Bislang erschöpften sich die aufenthaltsrechtlichen Möglichkeiten dieser Personengruppe in § 19c Abs. 1 AufenthG in Verbindung mit § 6 BeschV.

Ferner werden die Gehaltsgrenzen im Verhältnis zur Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung gesenkt. Diese wird künftig nicht mehr 66 Prozent, sondern 50 Prozent betragen und bei Mangelberufen statt 52 Prozent werden nur noch 45,3 Prozent verlangt. Hierdurch wird es insbesondere Berufseinsteigern – die am Anfang Ihrer Karriere ein nicht so hohes Gehalt abrufen können – erleichtert, eine Blaue Karte zu beantragen.

Darüber hinaus erfolgt eine Erweiterung der Mangelberufe um:
  • Führungskräfte und Fachkräfte in der Erbringung von Dienstleistungen im Bereich IT;
  • Führungskräfte in der Erbringung von speziellen Dienstleistungen, wie zum Beispiel in der Kinderbetreuung oder im Gesundheitswesen;
  • Tier- und Zahnärzte;
  • Apotheker;
  • Akademische und vergleichbare Krankenpflege- und Geburtshilfefachkräfte
  • U.v.m.
Daneben stehen noch viele weitere Änderungen, wie der Familiennachzug und die kurz- und langfristige Mobilität innerhalb der Europäischen Union von Inhabern einer Blauen Karte.

Welche Gesetzesänderungen erwarten uns im neuen Jahr?

Insbesondere die im Rahmen des Beschlusses des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes diskutierte Chancenkarte erwartet uns im Juni 2024. Hierbei wird ein punktebasierter Aufenthaltstitel begrenzt auf ein Jahr zur Jobsuche geschaffen, der eine Erwerbstätigkeit auf Teilzeitbasis erlaubt. Was dieser Aufenthaltstitel für die Rechtspraxis bereithält, ist einen gesonderten Artikel wert.
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