Neuauflage des IDW S1 – Mehr Klarheit im Rahmen von M&A-Prozessen

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 28. Januar 2025 | Lesedauer ca. 3 Minuten

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Die Überarbeitung des IDW S1 setzt neue Maßstäbe für  Unternehmensbewertungen in M&A-Prozessen. Mit klarer Differenzierung der Bewertungsrollen und erhöhter Transparenz schafft der Standard eine solide Grundlage für bessere Verhandlungspositionen und mehr Rechtssicherheit.


Der Fachausschuss für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft (FAUB) hat am 7. November 2024 den Entwurf einer Neufassung des IDW Standards: Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen (IDW ES 1 n.F.) verabschiedet, und adressiert damit zentrale fachliche Vorgaben für Unternehmensbewertungen im Anwendungsbereich. Die Überarbeitung des Standards IDW S1 des Instituts der Wirtschaftsprüfer e.V. (IDW) zur Bewertung von Unternehmen markiert einen wichtigen Meilenstein für die Unternehmensbewertung in Deutschland. Der neue Standard legt verstärkt Wert auf die Differenzierung zwischen verschiedenen Rollen des Bewertenden und die Transparenz in der Darstellung von Ergebnissen. Insbesondere für M&A Prozesse bildet die dadurch geschaffene erhöhte Transparenz einen Mehrwert bei der Qualität und Rechtssicherheit der Unternehmensbewertungen.


Hintergrund und Ziel der Überarbeitung​

Der IDW S1 ist seit Jahren der zentrale Standard für die Unternehmensbewertung in Deutschland. Er wird von Wirtschaftsprüfern, Gutachtern und Beratern angewandt, um eine einheitliche Methodik und qualitative Standards sicherzustellen. Die Überarbeitung wurde notwendig, um den Standard an aktuelle Entwicklungen in der Bewertungslehre und den rechtlichen Rahmen anzupassen. Ziel ist es, eine klarere Abgrenzung der Rollen des Bewertenden zu schaffen und die Transparenz sowie Nachvollziehbarkeit der Bewertungsberichte zu erhöhen.

Neue Differenzierung der Rollen​

Ein zentrales Merkmal der Neuauflage ist die explizite Differenzierung der Rolle des Bewertenden. Der IDW S1 unterscheidet nun klar zwischen:


Gutachten in der Rolle als neutraler Gutachter​

Ein Gutachten im klassischen Sinne wird erstellt, wenn der Bewertende als neutraler Gutachter auftritt. Hier liegt der Fokus auf der objektiven und unabhängigen Ermittlung eines Unternehmenswertes, der für verschiedene Stakeholder relevant sein kann, wie etwa Gerichte, Steuerbehörden oder Konfliktparteien. Diese Rolle erfordert höchste Unparteilichkeit und Transparenz in der Methodik. Im Rahmen eines M&A Prozesses kann ein IDW S1 Gutachten unter anderem für Governance Zwecke herangezogen werden (Vorlage vor diversen Gremien innerhalb von Freigabeprozessen für etwaige Investments, Dokumentationspflichten im Rahmen von Akquisitionsprozessen etc.)


Stellungnahme in der Rolle als neutraler Sachverständiger​

In dieser Rolle gibt der Bewertende eine Einschätzung zu einem bereits vorliegenden Bewertungsbericht oder bestimmten Bewertungsfragen ab. Dies kann beispielsweise im Rahmen von M&A-Transaktionen der Fall sein, wenn eine Partei die Plausibilität eines vorliegenden Gutachtens prüfen lässt. Die Stellungnahme basiert auf einer neutralen und kritischen Überprüfung und setzt ebenfalls Unparteilichkeit voraus.


Wertberechnung in der Rolle als Berater​

Bei der Wertberechnung tritt der Bewertende in der Rolle eines Beraters auf, der einen Wert für eine bestimmte Transaktion oder Verhandlung ermittelt. Diese Rolle ist stärker durch die Interessen des Auftraggebers geprägt. Die Transparenz der angewandten Methodik bleibt jedoch ein zentraler Bestandteil, um die Glaubwürdigkeit des Ergebnisses zu wahren.


Auswirkungen auf M&A-Prozesse

Klare Abgrenzung der Bewertungsziele​

Die neue Differenzierung der Rollen erfordert eine frühzeitige Festlegung der Bewertungsziele im M&A-Prozess. Parteien müssen klären, ob sie eine objektive Bewertung, eine kritische Stellungnahme oder eine interessengeleitete Wertberechnung benötigen. Diese Klarheit trägt dazu bei, potenzielle Konflikte und Missverständnisse zu vermeiden und erhöht die Rechtssicherheit für alle Stakeholder.


Bessere Verhandlungsgrundlage​

Durch die klare Rollenabgrenzung und die verbesserte Transparenz der Bewertungen erhalten die Parteien in einem M&A-Prozess eine solidere Grundlage für Verhandlungen. Die Trennung von objektiven Gutachten und interessengeleiteten Wertberechnungen erleichtert es, unterschiedliche Bewertungen besser einzuordnen und zu vergleichen.


​Berücksichtigung von Unsicherheiten​

Die Neuauflage des IDW S1 legt größeren Wert auf die Berücksichtigung von Unsicherheiten und Szenarioanalysen. Dies ist besonders relevant für M&A-Transaktionen, da diese oft mit hohen Risiken und Prognoseunsicherheiten verbunden sind. Bewertende sind angehalten, verschiedene Szenarien zu entwickeln und deren Auswirkungen auf den Unternehmenswert klar darzustellen.​


Herausforderungen und Chancen​

Die Neuerungen des IDW S1 bringen sowohl Herausforderungen als auch Chancen mit sich.
Herausforderungen:

Komplexere Planung: Die klare Rollenabgrenzung erfordert eine frühzeitige Abstimmung zwischen den Parteien und eine detaillierte Klärung der Bewertungsziele.
Erhöhte Anforderungen: Die Transparenz- und Dokumentationspflichten erhöhen den Arbeitsaufwand für Bewertende.


Chancen:


  • Höhere Qualität: Die verbesserte Transparenz und die klare Methodik tragen zu qualitativ hochwertigeren Bewertungen bei.
  • Stärkere Rechtssicherheit: Die neue Differenzierung der Rollen minimiert rechtliche Risiken und potenzielle Anfechtungen von Bewertungsberichten.
  • Effizientere Prozesse: Die klarere Abgrenzung der Bewertungsarten erleichtert den Transaktionsprozess und reduziert potenzielle Konflikte.


Fazit

Die Neuauflage des IDW S1 stellt einen wichtigen Fortschritt für die Unternehmensbewertung in Bezug auf Transparenz und Qualität der Arbeitsprodukte dar. Insbesondere im Rahmen von M&A-Prozessen bietet die klare Differenzierung der Bewertungsrollen und die verstärkte Fokussierung auf Transparenz erhebliche Vorteile, da in der Dokumentation bspw. klar zwischen objektivierter Wertberechnung in der Rolle als Gutachter und einer Wertberechnung in der Rolle als Berater differenziert wird. Insgesamt fördert der neue Standard eine höhere Qualität und Nachvollziehbarkeit in der Unternehmensbewertung und trägt somit zu erfolgreicheren Transaktionen und Rechtsicherheiten bei.​​

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