Kodifizierung des Unternehmenskaufs – Vorschläge und Entwicklungen

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​​​​​​​veröffentlicht am 28. Januar 2025 | Lesedauer ca. 4 Minuten

 

Die mögliche Kodifizierung des Rechts des Unternehmenskaufs ist ein Thema, das die Rahmenbedingungen bei Unternehmensübernahmen in Deutschland verändern könnte. In diesem Beitrag geben wir einen Überblick über die wichtigsten Vorschläge der Arbeitsgruppe Kodifizierung des Unternehmenskaufs“​ der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister der Länder und ordnen diese in aller Kürze ein. 


​​Definition des Unternehmenskaufs

Vorschlag: Eine gesetzliche Definition des Unternehmenskaufs, die sowohl den Erwerb von Vermögensgegenständen (Asset Deal) als auch den Erwerb von Geschäftsanteilen (Share Deal) umfasst, soll Klarheit schaffen und den Anwendungsbereich weiterer Vorschriften festlegen.

Derzeit fehlt eine einheitliche Definition des Unternehmenskaufs im deutschen Recht. Eine klare Definition würde helfen, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu präzisieren und Unsicherheiten zu vermeiden. Eine einheitliche Definition könnte auch dazu beitragen, Wertungswidersprüche zwischen Asset und Share Deal zu vermeiden und die Anwendung der Gewährleistungsrechte zu vereinheitlichen.


Form des Unternehmenskaufvertrags​

Vorschlag: Wo nicht bereits die Pflicht zur notariellen Beurkundung aus anderen gesetzlichen Regelungen (so z.B. beim Kauf und der Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen) hervorgeht, soll der Unternehmenskauf aus dem Anwendungsbereich des § 311b Abs. 3 BGB ausgenommen werden.

Der Schutz des § 311b Abs. 3 BGB ist bei einem Unternehmenskauf nicht notwendig, da die Parteien in der Regel über ausreichende kaufmännische Erfahrung verfügen. Zudem verursacht die Beurkundungspflicht in der Regel erhebliche Transaktionskosten.

Pflichten vor Abschluss des Unternehmenskaufvertrags​

Vorschlag: Die vorvertraglichen Pflichten, wie Geheimhaltung und Aufklärung, sollen konkretisiert werden, um die Transparenz und Fairness in den Verhandlungen zu erhöhen.


Dies kann dazu beitragen, Missverständnisse und Streitigkeiten zu vermeiden und eine faire Verhandlungsbasis zu schaffen. Eine gesetzliche Konkretisierung könnte festlegen, unter welchen Umständen der Verkäufer seine Pflichten durch Offenlegung der betreffenden Informationen im Datenraum erfüllt bzw. ob und inwieweit er sich durch entsprechende Vertragsklauseln von einer Haftung befreien kann.


Kaufpreisbestimmung​

Vorschlag: Einführung von gesetzlichen Regelungen zur Kaufpreisbestimmung und zur Fälligkeit und Verzinsung des Kaufpreises bei Einholung von Schiedsgutachten, um Streitigkeiten zu minimieren.


Die Bestimmung des Kaufpreises ist in der Regel einer der großen Verhandlungspunkte bei Unternehmenskäufen. Eine gesetzliche Regelung könnte eine grundsätzliche Kaufpreismechanik festlegen. In komplexen Transaktionen müssen die Parteien aber nach wie vor Spielraum haben, individuelle Regelungen treffen zu können.


Pflichten zwischen Vertragsschluss und Vollzug​

Vorschlag: Die Aufnahme von Pflichten zur ordnungsgemäßen Fortführung des Unternehmens und zur Mitwirkung bei der Erfüllung von closing conditions soll den Vollzug des Unternehmenskaufvertrags erleichtern.


Zwischen dem Abschluss des Vertrags und dessen Vollzug kann eine erhebliche Zeitspanne liegen. Klare Regelungen zu den Pflichten in dieser Phase können dazu beitragen, den Übergang reibungsloser zu gestalten. Der Verkäufer könnte gesetzlich verpflichtet werden, das Unternehmen nach den Grundsätzen des ordnungsgemäßen Geschäftsgangs fortzuführen, und die Parteien könnten zur Vornahme vereinbarter Mitwirkungshandlungen verpflichtet werden.


Zudem könnte ein außerordentliches Rücktrittsrecht bei wesentlicher Veränderung des Unternehmens aufgenommen werden. Freilich müsste der Versuch unternommen werden, zu umreißen, was wesentlich in diesem Sinne ist.


Mängelrechte

Vorschlag: Die Anpassung der gesetzlichen Mängelrechte an die Besonderheiten des Unternehmenskaufs, einschließlich der Beschränkung des Rücktrittsrechts nach Vollzug der Transaktion, könnte die Interessen der Parteien besser berücksichtigen.


Bisher ist es einhellige Meinung, dass die gesetzlichen Regelungen zur Mängelhaftung nicht zu den Gegebenheiten eines Unternehmenskaufs passen. In der Regel wird deshalb – unter Ausschluss der gesetzlichen Regelungen – ein umfassendes vertragliches Haftungsregime vereinbart.


Jeder Unternehmenskauf weist ein so hohes Maß an Individualität auf, dass eine gesetzliche Kodifizierung sich auf die Schaffung lediglich eines Rahmens konzentrieren sollte. Dieser Rahmen kann dann durch Parteivereinbarung ausgefüllt werden.


Wissenszurechnung

Vorschlag: Eine gesetzliche Regelung zur Wissenszurechnung, die die Pflichten zur Wissensorganisation im Unternehmen berücksichtigt, soll die Rechtssicherheit erhöhen.


Die Wissenszurechnung ist ein komplexes Thema, das oft zu Streitigkeiten führt. Klare gesetzliche Regelungen können hier für mehr Transparenz und Sicherheit sorgen. Insbesondere könnte die Frage der Wissenszurechnung von der alleinigen Anknüpfung an die handelnden Personen und deren Funktion gelöst und in komplexen Unternehmensorganisationen ergänzend anhand von Pflichten zur Wissensorganisation bestimmt werden.


Verjährung

Vorschlag: Die Festlegung einer einheitlichen Verjährungsfrist für Sachmängelansprüche und die Klarstellung der Verjährung bei Kaufpreisanpassungen sollen die Rechtslage vereinfachen.


Unterschiedliche Verjährungsfristen können zu Unsicherheiten führen. Eine einheitliche Regelung kann hier Abhilfe schaffen.


Übergang von Rechtsverhältnissen auf den Erwerber (Asset Deal)​

Vorschlag: Die Erleichterung des Übergangs von Rechtsverhältnissen beim Asset Deal ohne Zustimmung des Vertragspartners soll die Transaktionssicherheit erhöhen.


Der Übergang von Rechtsverhältnissen ist oft ein Hindernis bei Unternehmenskäufen. Beispielsweise könnte gesetzlich festgelegt werden, dass unternehmensbezogene Vertragsverhältnisse sowie alle sonstigen schuldrechtlich begründeten unternehmensbezogenen Forderungen und Verbindlichkeiten auf den Erwerber ohne Zustimmung des Dritten übergehen. Da dies zu Lasten des Vertragspartners geht, könnte ein Widerspruchsrecht oder ein außerordentliches Kündigungsrecht des Vertragspartners vorgesehen werden.


Übergang öffentlich-rechtlicher Rechtspositionen​

Vorschlag: Die Möglichkeiten zur Überleitung von personenbezogenen Berechtigungen sollen erweitert werden, um Hemmnisse für die Unternehmensnachfolge abzubauen.


Öffentlich-rechtliche Berechtigungen sind oft schwer zu übertragen. Eine Erleichterung in diesem Bereich könnte die Unternehmensnachfolge insgesamt erleichtern. Beispielsweise könnte gesetzlich festgelegt werden, dass unternehmensbezogene Erlaubnisse und andere Berechtigungen für einen gewissen Zeitraum (z.B. sechs Monate) nach dem Unternehmensübergang fortgelten, soweit keine zwingenden öffentlich-rechtlichen Belange entgegenstehen. 


Unternehmenskauf und Recht der AGB​

Vorschlag: Eine Bereichsausnahme für Unternehmen im AGB-Recht soll die Vertragsfreiheit im Unternehmenskauf stärken.


Die strittige und nicht eindeutig geklärte Frage der Anwendung des AGB-Rechts auf Unternehmenskäufe führt zu Unsicherheiten. Eine (pauschale) Bereichsausnahme für (große) Unternehmenskäufe könnte hier Abhilfe schaffen. Alternativ könnte gesetzlich festgelegt werden, dass Vertragsbedingungen als ausgehandelt gelten, wenn die Vertragsparteien über sie im Einzelnen oder im Zusammenhang mit anderen Bestimmungen des Unternehmenskaufvertrags in einer dem Gegenstand des Vertrags und den Umständen des Vertragsschlusses angemessenen Weise verhandelt haben. Dies würde den bei Unternehmenskaufverträgen üblichen Verhandlungscharakter anerkennen und auch sog. Paketlösungen ermöglichen.


Ausblick

Die vorgeschlagene Kodifizierung zielt darauf ab, Unternehmenskäufe in Deutschland effizienter und rechtssicherer zu gestalten und insbesondere für kleinere Transaktionen einen einheitlicheren Rahmen vorzugeben. Klare gesetzlichen Rahmenregelungen könnten die Verhandlungsposition stärken und die Transaktionskosten senken. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen könnten von den vereinfachten und standardisierten Prozessen profitieren, was die Unternehmensnachfolge vielfach erleichtern könnte.


Die Vorschläge zur Vereinfachung der Formvorschriften, zur Lockerung der Zustimmungspflichten beim Asset-Deal und zum Ausschluss des AGB-Rechts sind vielversprechend. Es wäre wünschenswert, wenn diese auch nach einem Regierungswechsel auf Bundesebene weiterverfolgt würden.


Allerdings bleibt der Entwurf an entscheidenden Stellen auch unkonkret und nimmt die Praxis zu wenig in den Blick. Auch in Deutschland folgt diese bereits einem international etablierten Standard, der auch ohne Normierung für viele Transaktionen einen passenden Rahmen bietet. Darüber hinaus weisen viele Unternehmenskäufe schlichtweg zu viele Besonderheiten auf, um diesen mit einer allgemeinen gesetzlichen Regelung gerecht zu werden. Vor diesem Hintergrund wird es auch nach einer Kodifizierung für die meisten Unternehmenstransaktionen erheblichen individuellen Regelungs- und Verhandlungsbedarf geben.​​

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