M&A Vocabulary – Experten verstehen: „Liability for pre-contractual statements”

PrintMailRate-it

​​veröffentlicht am 16. Mai 2024 | Lesedauer ca. 2 Minuten

 

In dieser Fortsetzungsreihe stellen Ihnen wechselnde M&A-Experten der weltweiten Niederlassungen von Rödl & Partner jeweils einen wichtigen Begriff aus der englischen Fachsprache des Transaktionsgeschäfts vor, verbunden mit Anmerkungen zur Verwendung. Hierbei geht es nicht um wissenschaftlich-juristische Exaktheit, linguistische Feinheiten oder erschöpfende Darstellung, sondern darum, das Grundverständnis eines Terminus zu vermitteln bzw. aufzufrischen und einige nützliche Hinweise aus der Beratungspraxis zu geben.


Kann ein Käufer einen Verkäufer wegen Aussagen in Anspruch nehmen, die der Verkäufer außervertraglich im Rahmen der Verhandlungen abgegeben hat?

Nachdem ein Käufer und ein Verkäufer z. B. einen Kaufvertrag unterzeichnet haben, kann Streit darüber bestehen, wofür ein Verkäufer haftet, wenn er vor der Vertragsunterzeichnung bestimmte Angaben, ggf. sogar Zusicherungen gemacht hat, die aber in keiner Form Eingang in den Kaufvertrag gefunden haben.  
Schwierigkeiten können sich zudem daraus ergeben, dass die Parteien gleichzeitig mit dem Kaufvertrag andere, ergänzende Dokumente unterzeichnen, und dabei kein eindeutiger Bezug zum Hauptvertrag hergestellt ist. Im negativen Fall für den Verkäufer können diese Angaben oder Zusicherungen als wirksame Nebenabreden ausgelegt werden, sodass der Verkäufer für das Bestehen oder den Wahrheitsgehalt einstehen muss.

Daher sollten die Vertragsparteien möglichst Gewissheit darüber herstellen, was sie vereinbart haben und welche Verpflichtungen sich aus dem Vertrag für sie ergeben. In diesem Zusammenhang werden in dem meisten Kaufverträgen (und auch anderen Verträgen) sogenannte Vollständigkeitsklauseln (Eng: entire agreement clause) aufgenommen. Mit diesen Klauseln soll klar- und sichergestellt werden, dass sämtliche Bedingungen und Konditionen des Geschäfts oder der Vereinbarung zwischen den Parteien ausschließlich im Kaufvertrag enthalten sind und dass keine Nebenabreden, schriftlich oder mündlich, getroffen wurden. Eine gerichtliche Prüfung soll so weit wie möglich auf den Wortlaut im Vertrag beschränkt werden.

Zudem muss ein eindeutiger Bezug und eine Hierarchie zwischen verschiedenen Dokumenten hergestellt werden, sodass die Regelung sich auch auf die weiteren Dokumente bezieht oder nach der im Zweifel der Vertrag, der die Ausschließlichkeit enthält, Vorrang hat.  

Darüber hinaus verhindern die Klauseln, dass sich eine Partei darauf beruft, dass Aussagen der anderen Partei, auch wenn sie nicht schriftlich im Kaufvertrag enthalten sind, zusätzliche Bedingungen darstellen oder den Geltungsbereich einer Bestimmung des Kaufvertrags erweitern. In vielen Rechtsordnungen werden Vollständigkeitsklauseln auch verwendet, um die Haftung einer Partei für falsche vorvertragliche Angaben ausdrücklich auszuschließen. 

Parteien müssen aber auch auf stillschweigende Klauseln achten, d. h. auf Klauseln, die nicht ausdrücklich in der schriftlichen Vereinbarung enthalten sind, die aber durch Gesetz oder Gewohnheitsrecht möglicherweise Teil des schriftlichen Vertrags sind oder sein könnten, wenn sie nicht ausdrücklich anders geregelt werden. Damit dies nicht der Fall ist, schließen Vollständigkeitsklauseln meistens implizite Bedingungen ausdrücklich aus.  

Eine vollständige Beschränkung einer gerichtlichen Prüfung auf den Wortlaut des Vertrages können Vollständigkeitsklauseln nicht garantieren, denn auch schriftliche Verbote von mündlichen Nebenabreden können mündlich zwischen den Vertragsparteien aufgehoben werden. Ebenso können bestimmte Pflichten oft nicht von der Einbeziehung in einen schriftlichen Vertrag ausgeschlossen werden, z. B. treuhänderische Pflichten oder sogar, in einigen Rechtsordnungen, eine übergreifende Pflicht zu Treu und Glauben.

Die Klauseln können aber die klare Intention der Parteien spiegeln und die Schwelle für einen möglichen Nachweis einer anderweitigen Abrede extrem hoch setzen, sodass sie zur maximalen Sicherheit immer verwendet werden sollten.

Aus dem Newsletter

Kontakt

Contact Person Picture

Philip Walton

Solicitor (England und Wales)

Associate Partner

+44 (0) 730 1238 176

Anfrage senden

Experten erklären

 

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu