Compliance-DD als Beitrag zur ESG-Prüfung

PrintMailRate-it

​​​​​veröffentlicht am 16. Mai 2024 | Lesedauer ca. 4​​​​​ Minuten

 

Das Thema ESG (Environmental, Social and Governance) ist längst in der unternehmerischen Praxis angekommen und bei wirtschaftlichen Entscheidungen gegenwärtig. Grund hierfür ist nicht allein das an Nachhaltigkeitsthemen steigende Allgemeininteresse, sondern ebenfalls die stark zunehmende nationale und europäische Regulatorik der vergangenen sowie kommenden Jahre.  


Von besonderer Relevanz ist in diesem Kontext sicherlich der Erlass der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) zu nennen. Denn die CSRD sorgt dafür, dass bestehende Regulatorik zur (vormals) nicht-finanziellen Berichterstattung erheblich um den Baustein Nachhaltigkeit erweitert und die Berichterstattung vergleichbarer gemacht wird. Dies sorgt für eine stetig steigende Transparenz unternehmerischer Aktivitäten und der dadurch geschaffenen Möglichkeit für Share- und Stakeholdern unternehmensvergleichenden Einsicht nehmen zu können. Dies stellt wiederum – insbesondere für Investoren –​ einen Mehrwert dar, da Nachhaltigkeit nach neueren Studien ca. 30 % des Unternehmenswertes ausmachen dürfte.

Dies vorausgeschickt gewinnt das Thema ESG bei Due Diligence-Prüfungen (DDs) immer mehr an Bedeutung. Auch wenn sich noch keine Einheitlichkeit oder „ein Standard” im Rahmen von DDs hinsichtlich von ESG-Aspekten herauskristallisiert hat, so ist eine zunehmende Relevanz in der Rechts- und Unternehmenspraxis klar zu erkennen. 
Insbesondere gilt dies für Compliance-DDs: denn ESG ist auch hier ein prägender Faktor, was in Zukunft – nicht zuletzt aufgrund immer weiter werdender Anwendungsbereiche entsprechender Gesetze – nochmals zunehmen dürfte. 

Doch worauf kommt es im Rahmen einer „ESG-Compliance-DD” an? 
Und was sind die Unterschiede in Bezug auf eine „gewöhnliche” Compliance-Due Diligence? 

Gewöhnliche Compliance-Due Diligence

Nicht zuletzt die Gefahr von Sanktionen und möglicher Organhaftung aufgrund von Compliance-Verstößen veranlasst mögliche Käufer dazu, vorbeugende Maßnahmen im Rahmen von Unternehmenskäufen durch umfassende DDs vorzunehmen.
Sollten Compliance-Verstöße erst nach dem Closing entdeckt werden – da sie im Rahmen einer Due Diligence nicht aufgefallen oder gar nicht erst geprüft worden sind – kann dies erhebliche negative Folgen für die Käuferseite nach sich ziehen. So drohen hier neben Reputationsschäden auch Bußgelder und Strafen.
So werden bei der Durchführung einer DD für gewöhnlich zunächst einzelfallspezifischen Risiken im Sinne einer Red Flag-Prüfung identifiziert, anschließend die identifizierten kritischen Bereiche analysiert und in der Folge – sofern es erforderlich und angebracht ist – passgenaue Maßnahmen getroffen (bspw. werden Haftungs- und Freistellungsklauseln vereinbart), um das Closing zu ermöglichen.


ESG-Aspekte einer Compliance-Due Diligence

Dieses „klassische“ Vorgehen gilt ebenso im Rahmen der „ESG-Compliance-DD“. Während auf struktureller Ebene keine Neuheiten bestehen, erfolgt eine inhaltliche Erweiterung zur klassischen Compliance-DD. So dürfte es inhaltlich vor allem drei Aspekte geben, die zu beachten sind: 
  • Überprüfung in Hinblick auf Berichtspflichten
  • Überprüfung relevanter ESG-Zertifizierungen
  • Überprüfung in Hinblick auf die Einhaltung ESG-relevanter Rechtsgebiete

Folglich liegt im Wesentlichen eine Erweiterung der Compliance DD vor.

Im ersten Schritt wird es hinsichtlich der ESG-Compliance-DD also darauf ankommen, dass geprüft wird, ob das avisierte Unternehmen ihre (teilweise neuen) Berichtspflichten aus CSRD, European Sustainability Reporting Standards (ESRS) und Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) im Zusammenspiel mit dem Handelsgesetzbuch (§§ 289b ff. HGB) erfüllt. Schließlich können bei Nichteinhalten dieser Pflichten vorbezeichnete Sanktionen, wie z.B. Bußgelder, drohen. Lediglich einen Überblick geben wollend handelt es sich bei den berichterstattungspflichtigen Themen um Aspekte der drei ESG-Säulen; das heißt es geht um die Berichterstattung hinsichtlich der Themen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Dabei kann es auch auf Arbeitnehmerbelange, Bekämpfung von Korruption und die Achtung von Menschen-rechten ankommen. Diese Themen werden um die Berichterstattung im Sinne des LkSG erweitert, sofern das LkSG im Einzelfall Anwendung findet; d.h., dass ebenfalls über die Erfüllung Lieferketten-spezifischer Sorgfaltspflichten zu berichten ist. 

Wie bereits zuvor platziert hat Nachhaltigkeit einen immer größer werdenden Einfluss auf die Werthaltigkeit eines Unternehmens, was die Frage nach der Nachweisbarkeit von Nachhaltig-keit immer entscheidender in den Fokus unternehmerischer Maßnahmen rückt. Neben wenigen, noch nicht final vereinheitlichter bzw. allgemein akzeptierte Key Performance Indicators (KPI), dürfte sich in der Praxis verstärkt der Nachweis von Nachhaltigkeit durch das Vorhalten von ISO-Zertifizierungen durchsetzen. Diese Zertifizierungen dürften aufgrund von (teilweise) thematischer Identität besonders gut dafür geeignet sein, konkrete ESRS-Standards und Nachhaltigkeitsaspekte nachzuweisen. Zugleich haben sie den Vorteil, dass sie bekannt all-gemein sind und ihre Aussagekraft in der Wirtschaft wertgeschätzt wird. Dies dürfte wiederum zu dem positiven Nebeneffekt führen, dass das Vorzeigen entsprechender Zertifizierungen im DD-Prozess zu einem schnellen und in der Regel positiven Ergebnis hinsichtlich der Aspekte führt, welche durch die Zertifizierung nachgewiesen werden sollen. 

Neben den beiden vorbezeichneten Punkten ist im Rahmen der ESG-Compliance-DD selbstverständlich auf besonders ESG-relevante Gesetze und Compliance-Maßnahmen einzugehen. Als konkrete Gesetze sind hier – sofern im Einzelfall anwendbar – das LkSG, das Hinweisge-berschutzgesetz und das Datenschutzrecht (sicherlich mit dem Schwerpunkt im Beschäftigtendatenschutz) zu nennen. Daneben ist u.a. darauf zu achten, dass die Compliance-erforderlichen Maßnahmen korrekt im Unternehmen umgesetzt wurden und notwendige und sinnvolle Dokumente vorhanden sind. Aus ESG-Compliance-Sicht ist dabei sicherlich von besonderer Relevanz, dass Richtlinien (bspw. Anti-Korruptions- und Digital Ethik-Richtlinien) sowie implementierte Kodizes (bspw. für die Lieferkette und ggü. Arbeitnehmern „grüngefärbt” sind. Ist dies der Fall, dürfte auch das diesbezügliche Prüfergebnis positiv ausfallen. 

Fazit 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich recht schnell erkennen lässt, dass eine ESG-Compliance-DD nicht wesentlich von der „gewöhnlichen Compliance-DD”​ abweicht; vielmehr sind bereits bestehende Praktiken lediglich aus anderer Perspektive zu betrachten und um die neue Regulatorik zu erweitern. 

Mit Blick in die Zukunft bleibt festzuhalten, dass das Thema ESG (auch) ein Compliance-Thema ist, welches verstärkt in den Blick zu nehmen ist. Dieser Blick dürfte noch strenger werden, da auch die unternehmerischen ESG-Pflichten weiter zunehmen dürften und das Thema „Nachhaltigkeit” für Share- und Stakeholder weiter an Relevanz gewinnen wird. Im Rahmen von DDs bedeutet dies nicht zuletzt, dass diese Bereiche verstärkt geprüft werden sollten und auch hier – bei gesehenen Risiken – entsprechende Maßnahmen (bspw. Freistellungsklauseln) zu wählen sind.  

Um als künftig selbst geprüftes Unternehmen vorbereitet zu sein und mit positivem (werthaltigen) Ergebnis aus potenziellen DDs herauszugehen, ist anzuraten, bereits jetzt das Compliance-Management um den Baustein „ESG” zu erweitern und an geeigneten Stellen überobligatorisch aufzutreten (bspw. durch ESG-relevante Zertifizierung). Schließlich dürfte dies, neben der Einhaltung gesetzlicher Pflichten und der Vermeidung von Sanktionen, zu einer höheren Wertigkeit des Unternehmens führen.

Aus dem Newsletter

Kontakt

Contact Person Picture

Thomas Lang, LL.M.

Rechtsanwalt, Notar, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Partner

Anfrage senden

Profil

Contact Person Picture

Daniel Roßbach, LL.M.

Zertifizierter Compliance Officer (TÜV Süd), Rechtsanwalt

Senior Associate

+49 521 2607 4842

Anfrage senden

Profil

Experten erklären

 

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu