Der Unternehmenskauf – Besonderheiten bei Small Cap Transaktionen

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veröffentlicht am 19. Mai 2022 | Lesedauer ca. 3 Minuten

 
Publikationen zu M&A Transaktionen beschäftigen sich zumeist mit Themen, die üblicherweise in Transaktionen im sogenannten Mid- und Large Cap Segment relevant werden. Typische Herausforderungen, die in diesem Umfeld immer wieder auftreten und kommentiert werden, sind der Umgang mit komplexen, internationalen Unternehmensstrukturen oder die Umsetzung von Carve-Outs beim Kauf einzelner Geschäftseinheiten. Eine nicht zu unterschätzende Anzahl von Unternehmen und Transaktionen bewegen sich jedoch im sogenannten Small Cap Segment. Die Definitionen von Small Cap variieren, zumeist werden hierunter jedoch Unternehmen verstanden, die einen Umsatz zwischen mEUR 1 und mEUR 50 aufweisen. Bei Zielunternehmen dieser Größenordnung treten im Transaktionsumfeld regelmäßig Herausforderungen auf, die den beteiligten Parteien im Vorfeld oftmals nicht bewusst sind. Nachfolgend werden einige dieser besonderen Herausforderungen thematisiert.


Gesellschafter-Geschäftsführer - Implikationen

Häufig befinden sich Unternehmen im Small Cap Segment seit Generationen im Familienbesitz und werden von einem Gesellschafter-Geschäftsführer geleitet. Die Leitung des Unternehmens wird von Generation zu Generation innerhalb der Familie weitergegeben.


Wird ein solches Unternehmen Gegenstand einer Unternehmenstransaktion, ist dessen Verkauf eine nicht nur rationale Angelegenheit, sondern ist von einer starken emotionalen Komponente geprägt. Art und Weise der Ansprache und späteren Verhandlungsführung sollten diesem Umstand entsprechend von Kaufinteressenten angepasst werden. Wichtig ist für den Verkäufer häufig, dass „sein” Unternehmen nach der Transaktionen in „gute Hände” übergeht, die Angestellten einen sicheren Arbeitsplatz behalten und die Werte des Unternehmens aufrecht erhalten werden. Diese Faktoren haben einen erheblichen Einfluss bei der Suche und Wahl eines Käufers und können regelmäßig nicht durch einen rein monetären Anreiz ausgeglichen werden.


Bei einer Gesellschafter-Geschäftsführer-Konstellation kommt es erfahrungsgemäß immer wieder zu einer Vermischung von Geschäftlichem und Privatem. Häufig sind nahestehende Personen der Gesellschafter-Geschäftsführer, wie bspw. der Ehegatte, Kinder oder Eltern, im Zielunternehmen beschäftigt, obgleich sie tatsächlich dort keine Arbeit verrichten. Hierbei kann z.B. eine verdeckte Gewinnausschüttung zum Thema werden. Auch der spätere Umgang mit beschäftigten nahestehenden Personen im Nachgang an die avisierte Transaktion ist häufig ein sensibles Thema und führt mitunter zum Abbruch von Verhandlungen. Immer wieder zu beobachten ist, dass eigentümergeführte Unternehmen auch für die Finanzierung von privaten Ausgaben genutzt werden, wie etwa für private Reisen oder die Anschaffung von Kunstwerken, Aktien oder Luxusfahrzeugen. Die Identifikation eines solchen nicht betriebsnotwendigen Vermögens sollte idealerweise im Vorfeld der Transkation erfolgen und der Umgang damit vor dem rechtlichen Übergang des Eigentums geregelt werden.


Während ein Finanzinvestor seine Portfoliounternehmen ertragsoptimierend steuert und bewertet, geschieht dies im Small Cap Segment – gerade bei eigentümergeführten Unternehmen – häufig liquiditäts- und steueroptimiert. Das führt dazu, dass – ein profitabler und guter Geschäftsverlauf unterstellt -  Wahlrechte so ausgelegt werden, dass möglichst viele Kosten auch als Aufwand in die Gewinn- und Verlustrechnung einfließen. Dies kann aus Verkäufersicht häufig zu einer Unterbewertung des Unternehmens führen. Aus Käufersicht besteht dann durchaus die Gefahr, dass es zu Steuernachzahlungen in den Folgejahren kommt.

 

Qualität der Zahlenwelt

Viele Unternehmen im Small Cap Segment sind nicht prüfungspflichtig. Als Konsequenz erfolgen die Buchführung und die Erstellung der Jahresabschlüsse nicht immer HGB- oder IFRS-konform. Ein genauer Blick auf Themen wie Bestandsveränderung, Aktivierung von Kosten oder Bildung von Rückstellungen ist hierbei sehr wichtig, damit der Käufer später keine bösen Überraschungen zur tatsächlichen Ertragslage des Unternehmens erlebt.


Unternehmen im Small Cap Segment verfügen regelmäßig nur über ein rudimentäres Controlling. Das Unternehmen wird über die BWA und die Kasse gesteuert. Der Geschäftsführer kennt seine Kunden und hat ein gutes Gefühl für die Entwicklung des jeweiligen Geschäfts, festgehalten und mittels KPIs systematisch ausgewertet wird dies jedoch häufig nicht. Das macht die Beurteilung für eine externe Partei schwierig und verlangt nach einem Kompromiss im Spannungsfeld zwischen einer exakten Zahlenwelt und einem pragmatisch und zielorientiert geführtem Prozess. Überladene Datenanforderungen können beim Verkäufer zu Frust und Unverständnis führen, gleichzeitig kann mangelnde Transparenz beim Käufer zu einem Misstrauen gegenüber der Zahlenwelt und letztendlich auch gegenüber dem gebotenen Kaufpreis führen.


Kaufpreisherleitung

Die Kaufpreisherleitung selbst kann dabei schon zu vielfachen Diskussionen führen. Die bei größeren Transaktionen anerkannten Mechanismen zur Kaufpreisherleitung sind im Small Cap Transaktionsbereich der Verkäuferseite nicht immer geläufig. Kenntnisse der Begriffe Enterprise Value, Net Debt, Equity Value oder Working Capital Mechanismus können nicht uneingeschränkt vorausgesetzt werden. Wichtig ist dementsprechend, dass die Kommunikation zwischen den Parteien bei der Kaufpreisherleitung äußerst transparent erfolgt und beide Parteien frühzeitig dasselbe Verständnis hierüber haben. Anderenfalls kann es im späteren Verlauf des Kaufprozesses – trotz weitestgehender Einigkeit beider Parteien, dass ein Zusammenschluss sinnvoll sei – zu erheblichen Komplikationen bis hin zum Verhandlungsabbruch kommen.


Fazit

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Small Cap Transaktionen spezifische Herausforderungen und Eigenheiten mit sich bringen, die sich schnell zu Deal-Breakern entwickeln können, wenn sie von den potentiellen Vertragsparteien nicht frühzeitig erkannt und thematisiert werden.

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