Transformation des Wärmemarktes mithilfe der Kommunalen Wärmeplanung und der Bundesförderung für effiziente Wärmenetze

PrintMailRate-it

​​​​​


​veröffentlicht am 1. September 2023




Deutschland hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2045 klimaneutral zu sein. Um dieses Ziel erreichen zu können, muss unter anderem der Wärmesektor, der heute noch stark abhängig ist von fossilen Brennstoffen, transformiert werden. Als strategisches Planungsinstrument zur Dekarbonisierung des Wärmesektors von fossilen Energieträgern hin zu einer regenerativen Wärmeversorgung dient die kommunale Wärmeplanung. Allerdings muss auch ein Fokus auf die Umsetzung von Maßnahmen gelegt werden. Ob im Anschluss an eine Wärmeplanung oder parallel, die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) bietet die Möglichkeit, den Neubau oder die Transformation von Wärmenetzen hin zu einer klimaneutralen und zukunftsweisenden Wärmeversorgung einzuleiten. Eine wichtige Rolle im Gesamtprozess nehmen dabei die lokalen Energieversorger ein!


Kommunale Wärmeplanung – Status Quo

In den letzten Jahren nimmt die Kommunale Wärmeplanung auch in Deutschland Fahrt auf - in Dänemark wurde sie hingegen bereits 1979 als verbindliche Vorgabe eingeführt. Hierzulande gilt Baden-Württemberg als Vorreiter in der kommunalen Wärmeplanung. Das Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz verpflichtet die großen Kreisstädte seit 2020, den Regierungspräsidien bis zum 31.12.2023 Wärmepläne vorzulegen. Inzwischen haben auch Schleswig-Holstein seit Dezember 2021 und Hamburg und Niedersachsen seit 2022 Pflichten zur Erstellung kommunaler Wärmepläne in ihre Klimaschutzgesetze aufgenommen. Das Hessische Energiegesetz legt für Kommunen mit mehr als 20.000 Einwohnern fest, dass diese ab 29.11.2023 zur Erstellung einer kommunalen Wärmeplanung verpflichtet sind. Das Hessische Wirtschaftsministerium wird inhaltliche, formelle und finanzielle Fragen noch in einer Rechtsverordnung konkretisieren. Auch die schwarz-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen hat sich in ihrem Koalitionsvertrag für die Jahre 2022 bis 2027 zur kommunalen Wärmeplanung bekannt und angekündigt, ab 2023 die rechtlichen Voraussetzungen für eine verpflichtende Erstellung von Wärmeplänen durch die Kommunen zu schaffen. Auf Bundesebene wurde am 2.6.2023 die Länder- und Verbändebeteiligung zum Entwurf eines Gesetzes für die Wärmeplanung und Dekarbonisierung der Wärmenetze (Wärmeplanungsgesetz - WPG) eingeleitet. Der Gesetzentwurf wurde vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) gemeinsam mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) erarbeitet und befindet sich derzeit (11.7.23) in der Abstimmung innerhalb der Bundesregierung. Über verschiedene Punkte wie die Ausgestaltung der Verbindlichkeit der Wärmeplanung wird noch beraten. Der Gesetzentwurf soll bis Ende des Jahres vom Bundestag beschlossen werden und anschließend in Kraft treten.

Der vorliegende Referentenentwurf der Bundesregierung lässt die Richtung der zukünftigen Entwicklung bereits erahnen. In § 5 sieht der Entwurf Umsetzungsfristen vor, wonach für Gebiete, in denen mehr als 100.000 Einwohner gemeldet sind, bis spätestens 31.12.2027 Wärmepläne vorzulegen sind. Für Gemeindegebiete mit mehr als 10.000 Einwohnern sollen Wärmepläne bis spätestens zum 31.12.2028 erstellt werden. Wie bereits in der Vorbereitung auf das Gesetz angenommen, werden zunächst die Bundesländer verpflichtet, die Regelungen und Maßgaben des Bundesgesetzes in Landesrecht zu überführen. In § 30 Abs. 1 des Referentenentwurfs werden die Landesregierungen ermächtigt, die ihnen durch § 4 übertragene Pflicht zur Wärmeplanung auf Gemeinden und Gemeindeverbände innerhalb des Hoheitsgebietes zu übertragen. Daneben können die Landesregierungen gemäß Abs. 2 Nr. 2 auch planungsverantwortliche Stellen bestimmen. In sogenannten Stadtstaaten und kleineren Flächenländern wird die Aufgabe der Wärmeplanung aller Voraussicht nach von einer Behörde der unmittelbaren Landesverwaltung übernommen werden können. In größeren Flächenstaaten hingegen wird die Wärmeplanung wohl auf die Kommunen übertragen werden. 

Die kommunale Wärmeplanung beinhaltet im Wesentlichen zwei Bearbeitungsebenen. Im ersten Schritt erfolgt die Datenerhebung und -analyse. Dabei erfolgt zunächst die Ermittlung des Status quo und der lokalen Gegebenheiten. Auf dieser Basis wird im nächsten Schritt eine Potenzialanalyse für Erneuerbare Energien und die Untersuchung von Energieeffizienzmaßnahmen im Gemeindegebiet durchgeführt. Die Ergebnisse der vorangegangenen Analysen werden sodann in einem Zielszenario zusammengefasst, das die klimaneutrale Wärmeversorgung bis 2045 sicherstellen soll. Erst dann kann im letzten Schritt ein flächendeckendes Vorgehen mit konkreten Maßnahmen zur Umsetzung des Wärmeplans erarbeitet werden.

Um alle betroffenen Belange zu berücksichtigen und die Akzeptanz vor Ort sichern zu können, sollen bei der Erarbeitung der konkreten Maßnahmen die örtlich betroffenen Stakeholder und relevanten Akteure einbezogen werden. Hierzu zählen bspw. Wärmeversorger, Energieversorger, Gewerbe- und Industriebetriebe oder Wohnungsgenossenschaften. Die frühzeitige Einbindung ermöglicht eine offene Kommunikation, Zusammenführung von Kompetenzen und Fachwissen sowie die gemeinsame Entwicklung von Lösungsvorschlägen.



Erfolg durch Einbindung der lokalen Energieversorger

Nach erfolgreicher Erstellung des kommunalen Wärmeplans verfügt die Kommune über einen strategischen Fahrplan. Die Ergebnisse sollen umgehend zur Einleitung der Umsetzungsphase verwendet werden. Dabei sind auch die Energieversorgungsunternehmen angehalten, sich an neue Vorgaben zu halten und die Wärmeplanung effektiv zu unterstützen. 

Die kommunale Wärmeplanung ist ein ”Multiakteursprozess”, der eine Vielzahl an lokalen Stakeholdern einbeziehen muss, um eine erfolgreiche Umsetzung zu erzielen. Dafür bedarf es eines geeigneten Stakeholdermanagements. Ein solches ist unerlässlich, um die Bedürfnisse, Erwartungen und Bedenken der verschiedenen Akteure zu erkennen, zu verstehen und angemessen darauf reagieren zu können. Durch eine proaktive Herangehensweise können potenzielle Konflikte und Missverständnisse frühzeitig erkannt und behoben werden. Offene Dialoge mit den Stakeholdern ermöglichen den Aufbau von Vertrauen, die Stärkung von Beziehungen und die Entwicklung langfristiger Partnerschaften, was die Zusammenarbeit während der Planung und Umsetzung der Wärmepläne erleichtert. 

Aber wer kann oder sollte die kommunale Wärmeplanung umsetzen? An erster Stelle werden oftmals bestehende Energieversorger bzw. Stadtwerke stehen, da diese bereits breit gestreutes Vorwissen und Kenntnisse der lokalen Gegebenheiten besitzen. Sie sind ein zentraler Bestandteil der kommunalen Wärmeplanung, vor allem mit Blick auf die zukünftige Umsetzung, da sie Daten sowie Wissen liefern können und die Umsetzung, Planung und Projektentwicklung maßgeblich unterstützen. Ein starker Verbund von Kommunen und Stadtwerken bereits bei der Kommunalen Wärmeplanung ist auch aus diesem Grund besonders wichtig. Aufgrund der Komplexität des gesamten Energiesystems und der Vernetzung von Wärme, Strom und Erdgas, hat die Kommunale Wärmeplanung daher eine Auswirkung auf die gesamte Energieinfrastruktur. So wird auch die systematische Entwicklung der Verteilnetze und die intersektorale Kopplung angestoßen. In Folge entstehen Gebiete, die in Zukunft über ein Wärmenetz, über Wärmepumpen, ein transformiertes Stromnetz oder weiterhin über ein bestehendes Erdgasnetz mit grünen Gasen bzw. Wasserstoff versorgt werden können. 

Energieversorgungsunternehmen können deshalb auch als Motor der Wärmewende angesehen werden.


  

Umsetzungsmöglichkeiten

Auch Städten und Gemeinden ohne eigene Stadtwerke bietet sich eine Reihe von Handlungsoptionen nach Fertigstellung der Wärmeplanung. Die Optionen reichen von der Gründung von Stadtwerken, über den kommunalen Eigenbetrieb oder die Auslagerung des Wärmegeschäftes an Contractoren. 

Dabei ist wichtig zu beachten, dass auch in Zukunft nicht jeder Haushalt über eine zentrale Infrastruktur versorgt werden kann, sondern auch weiterhin dezentrale erneuerbare Wärmebereitstellung bestehen wird. Auch dieses Geschäftsfeld kann von Kommunen und Versorgungsunternehmen verfolgt werden. Im Rahmen von Betriebsführung, Vermietung, Leasing oder Contracting können langfristige Kundenbeziehungen aufgebaut und strategische Pläne der gebietsweisen Versorgung erzielt werden.

Zusammenfassend zeigt sich, dass die Kommunale Wärmeplanung und ihre erfolgreiche Umsetzung einen entscheidenden Schritt auf dem Weg zur Wärmewende darstellt. Sie bildet einen zentralen Baustein, um langfristig eine nachhaltige und zukunftsfähige Wärmeversorgung sicherzustellen. Durch die engagierte Herangehensweise auf lokaler Ebene ist die kommunale Wärmeplanung wegweisend für eine übergreifende Entwicklung auf dem Stadtgebiet. Der Erfolg der Kommunalen Wärmeplanung muss dabei am Maß der Umsetzung und Ausführung der identifizierten Maßnahmen gemessen werden. 

Integration von Wärmenetzen mitHilfe der Bundesförderung effiziente Wärmenetze

Übersicht Bundesförderung effiziente Wärmenetze

Sollte auf dem Stadtgebiet eine zentrale Wärmeversorgung entstehen oder transformiert werden, bietet sich die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) an. Sie bietet Anreize, um bestehende Fernwärmenetze klimaneutral umzurüsten sowie neue Fernwärmewärmenetze mit einem Mindestanteil von 75 Prozent Erneuerbaren Energien und Abwärme zu errichten. 

Module der BEW

Die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze ist in vier Module unterteilt.

Im ersten Modul wird die Erstellung von Transformationsplänen und Machbarkeitsstudien für bestehende und neu zu errichtende Wärmenetze mit Zieljahr 2045 gefördert. Bei der Errichtung von neuen Wärmenetzen soll ein Anteil von mindestens 75 Prozent der Wärmenetze erneuerbar und/oder klimaneutral sein. Für bestehende Netze gilt das Zielbild von 100 Prozent Erneuerbare Energie im Jahr 2045. Im Modul 1 werden bis zu 50 Prozent der förderfähigen Kosten (max. 2 Mio. Euro Fördersumme pro Antrag) mit Hilfe eines Zuschusses unterstützt. 

Modul 2 bietet aufbauend eine systemische Förderung sowohl für die Dekarbonisierung von Bestandsinfrastrukturen als auch für den Neubau von Wärmenetzen mit mindestens 75 Prozent erneuerbarer Wärme und Abwärme. Die maximal zulässigen Einsatzanteile von Wasserstoff und Biomasse werden dabei je Netzgröße vorgegeben. Der Zuschuss beträgt 40 Prozent (max. 100 Mio. Euro Fördersumme pro Antrag) der förderfähigen Kosten, ist jedoch in absoluter Höhe auf die "Wirtschaftlichkeitslücke” begrenzt. 

Im Modul 3 werden kurzfristig umsetzbare Maßnahmen in Wärmenetzen als Einzelmaßnahmen gefördert. Förderfähig sind erneuerbare Energiequellen wie Solarthermie, Wärmepumpen oder Biomassekessel. Ebenfalls deckt die Förderung Wärmespeicher und Rohrleitungen zur Anbindung von erneuerbaren Wärmeerzeugern oder Abwärme ab.  Wärmenetzerweiterungen und zusätzliche Wärmeübergabestationen sind gleichermaßen förderfähig. Die Förderung erfolgt in Form eines Zuschusses.



Abbildung 1: Module der Bundesförderung effiziente Wärmenetze

Was können Sie nun tun, um die Fördermittel der BEW zu erhalten? 

Zunächst sollte geprüft werden, ob generell ein Anspruch auf die Förderung im Rahmen der BEW besteht. Dies ist beispielsweise abhängig von der Netzgröße und der Anzahl der versorgten Gebäude. Liegt der Förderanspruch vor, wird eine Projektskizze entworfen, die auf einer Ist-Analyse basiert und sowohl die Potenziale Erneuerbarer Energien als auch die Zeitplanung enthält. Der vollständige Antrag kann online (ggf. durch einen Bevollmächtigten) eingereicht werden. Im Anschluss können der Transformationsplan und die Planungsleistungen entwickelt werden.


Abbildung 2: Beispielhafte Vorgehensweise zur Beantragung und Bearbeitung des BEW Modul 1


Investitionen in die Dekarbonisierung der Wärmeerzeugung sollten so schnell wie möglich realisiert werden. Insbesondere im Wärmesektor ist die lokale Situation vor Ort ein entscheidender Faktor bei der Entwicklung von Maßnahmen zur Dekarbonisierung, da im Wärmesektor keine One-fits-all-Lösung existiert. Da die Umsetzung der Maßnahmen zur Dekarbonisierung hohe Investitionen mit sich bringt, ist eine dynamische Wirtschaftlichkeitsrechnung maßgebend, um die notwendigen Investitionsentscheidungen bei den entsprechenden Gremien einholen zu können. Die Erreichung des Zielbilds der BEW ist ein langwieriger Prozess. Umso wichtiger ist es, jetzt mit der Erarbeitung einer Wärmestrategie und der Umsetzung eines technischen Konzepts zu beginnen. 



 


 

 

Anrede
Titel
Vorname
Nachname
Branche
Firma
Straße/Hausnummer
PLZ
Ort
Land
Telefon
E-Mail *
Frage *
Datenschutzerklärung *

Einwilligung

Helfen Sie uns, Spam zu bekämpfen.


Captcha image
Show another codeAnderen Code generieren



AUS DEM NEWSLETTER

Kontakt

Contact Person Picture

Johannes Hirning

B.Sc. Energie- und Umwelttechnik, M.Sc. Wirtschaftsingenieurwesen

Manager

+49 89 928780 334

Anfrage senden

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu