Beschäftigung von Arbeitnehmern aus Drittstaaten in Ungarn

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veröffentlicht am 10. Mai 2023 | Lesedauer ca. 4 Minuten


In letzter Zeit hat die Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen in Ungarn, insbeson­dere von Kriegsflüchtlingen mit ukrainischer Staatsangehörigkeit, eine besondere Rolle erlangt. In dem vorliegenden Artikel fassen wir zusammen, wie Drittstaatsange­hörige in Ungarn beschäftigt werden können.



Rechtvorschriften

Bei der Erwägung, einen ausländischen Arbeitnehmer einzustellen, ist stets zu prüfen, welche gesetzlichen Vor­aus­setzungen für die Beschäftigung des betreffenden ausländischen Arbeitnehmers zu berücksichtigen sind. Um hier die richtigen Normen zu ermitteln, müssen wir zunächst wissen, ob der künftige Arbeitnehmer aus ei­nem EWR-Mitgliedstaat stammt oder als Drittstaatsangehöriger gilt.

Dazu ist zunächst der Begriff des Drittstaatsangehörigen zu klären: Drittstaatsangehörige sind Personen, die weder über eine ungarische Staatsangehörigkeit noch über das Recht auf Freizügigkeit und freien Aufenthalt verfügen (EWR-Bürger bzw. Familienangehörige, die einen EWR-Bürger bzw. einen ungarischen Staatsange­hö­rigen begleiten oder zu einer solchen Person kommen) und die nicht staatenlos sind. Da die Freizügigkeit der Arbeitnehmer das wichtigste Element der Europäischen Union ist, ist es dementsprechend für EU-Bürger nicht besonders schwierig, in einem anderen Mitgliedstaat zu arbeiten. Die Beschäftigung von Drittstaatsange­hö­ri­gen unterliegt jedoch strengen Vorschriften.

In Ungarn gibt es zwei wichtige Rechtsvorschriften im Zusammenhang mit der Beschäftigung von Drittstaats­angehörigen:

  • das Gesetz Nr. II/2007 über die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen und
  • die Regierungsverordnung Nr. 445/2013. (XI. 28.).


Darüber hinaus befinden sich in anderen branchenbezogenen Rechtsvorschriften detaillierte Bestimmungen zur Beschäftigung. Ferner wurden angesichts des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine sowohl auf EU, als auch auf nationaler Ebene mehrere Sondervorschiften eingeführt.


Allgemeine Regelungen

Ein Drittstaatsangehöriger darf grundsätzlich nur im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer lang­fris­tigen Beschäftigung in Ungarn in einem Arbeitsverhältnis angestellt werden. Die Behörde erteilt eine befristete Aufenthaltserlaubnis zu Arbeitszwecken (die sog. „Arbeitserlaubnis“), die verlängert werden kann.

Der Antrag auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis wird von der vorgehenden Behörde im Rahmen eines ein­heit­lichen Antragsverfahrens entschieden. Im einheitlichen Antragsverfahren wirken zwei Behörde mit:

  • die Einwanderungsbehörde und
  • als Fachbehörde das am Ort der Arbeitsverrichtung zuständige Regierungsamt.


Zur Beantragung einer Arbeitserlaubnis muss ein Antragsformular ausgefüllt werden, das von der Website der Einwanderungsbehörde heruntergeladen werden kann, und dem verschiedene obligatorische Anlagen beizu­fügen sind.

Eine wichtige Anlage, die beigefügt werden muss, ist die im Voraus zustande gekommene Vereinbarung zwi­schen dem Arbeitgeber und dem Drittstaatsangehörigen, die Einzelheiten über die Beschäftigung (z.B. Ver­gü­tung, Arbeitsbereich und Ort der Beschäftigung) beinhalten muss. Eine solche Vereinbarung wird als ver­bind­liches Stellenangebot angesehen.

Der Drittstaatsangehörige hat den Antrag grundsätzlich persönlich in dem an seinem Wohnort befindlichen Kon­sulat zu stellen. Wenn außergewöhnliche Umstände es rechtfertigen, kann ein Drittstaatsangehöriger, der sich in Ungarn aufhält, seinen Antrag auch in Ungarn bei der Einwanderungsbehörde stellen (z.B., wenn er sich zur medizinischen Behandlung oder aus Gründen der Familienzusammenführung in Ungarn aufhält). Wir mer­ken an, dass es auch Fälle gibt, in denen der Arbeitgeber im Namen des Arbeitnehmers die Ausgabe der Er­laub­nis beantragen kann.

Wenn die Erlaubnis ausgestellt wird, muss das Arbeitsverhältnis gemäß den Bestimmungen der im Voraus zu­stan­de gekommenen Vereinbarung und für den in der Erlaubnis festgelegten Zeitraum begründet werden. Eine davon abweichende Vereinbarung der Vertragsparteien ist ungültig.

Der Antrag wird seitens der Behörden innerhalb von 70 Tagen beurteilt.

Neben dem Arbeitnehmer hat auch der Arbeitgeber Aufgaben in dem Verfahren. Gemäß der Hauptregel besteht eine Aufgabe z.B. darin, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, den Arbeitskräftebedarf bei dem Regierungsamt anzumelden. Der Arbeitgeber kann den Arbeitskräftebedarf entweder im Voraus anmelden (hier ist zu be­ach­ten, dass der Arbeitskräftebedarf maximal 60 Tage gültig ist) oder nachträglich, spätestens jedoch innerhalb von zwei Tagen nach der Antragstellung. Es ist fallweise empfehlenswert, individuell zu prüfen, ob eine An­mel­dung des Arbeitskräftebedarfs unter Berücksichtigung des erhöhten Verwaltungsaufwands für den Arbeitgeber erforderlich ist.

Im Laufe der Beurteilung des Antrags gibt das Regierungsamt eine fachamtliche Stellungnahme dazu ab, ob es die Beschäftigung des Drittstaatsangehörigen in Ungarn erlaubt. Eine allgemeine Voraussetzung für die Er­tei­lung einer Arbeitserlaubnis ist, dass für den von dem Drittstaatsangehörigen zu besetzenden Arbeits­bereich keine geeigneten Arbeitskräfte – weder aus dem Inland noch aus dem EWR – zur Verfügung stehen bzw. dass der Drittstaatsangehörige für die Ausübung der Arbeit dieses Arbeitsbereichs geeignet ist. Sieht die Behörde diese Voraussetzungen als nicht gegeben, wird der Antrag auf Aufenthalt zu Beschäftigungszwecken abgelehnt.


Erleichterung für Personen aus Nachbarländern

Im Gegensatz zu den obigen gelten für Staatsangehörige der an Ungarn angrenzenden Drittstaaten (Serbien, Ukraine), die in Ungarn in einem der gesetzlich festgelegten Arbeitsbereiche (so genannte „Mangelberufe”) Arbeit verrichten möchten, spezielle, vereinfachte Regeln.

Die Mangelberufe werden in einer Verordnung des Ministeriums aufgelistet. Zu den Mangelberufen gehören z.B. die Bauindustrie, der Handel und das Gaststättengewerbe, und einige Arbeitsbereiche, die zu den Branchen Ingenieurwesen und Informationstechnologie eingestuft werden können. Eine wichtige Erleichterung ist, dass Drittstaatsangehörige in diesen Berufen ohne Arbeitserlaubnis arbeiten können. Das entlastet sowohl den Dritt­staatsangehörigen als auch den Arbeitgeber von einem erheblichen Verwaltungsaufwand, da der Arbeit­nehmer nur eine Aufenthaltserlaubnis einzuholen hat.

Da keine Arbeitserlaubnis erforderlich ist, ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, den Arbeitskräftebedarf anzu­melden, aber er ist verpflichtet, den zuständigen Behörden die Beschäftigung dieser Personen zu melden.


Sonderregelung für Ukrainer(innen)

Nach Ausbruch des russisch-ukrainischen Krieges im Februar 2022 kamen mehrere Tausende ukrainischer Staatsbürgerinnen und -bürger nach Ungarn, um Schutz vor dem Krieg zu suchen. Um die Beschäftigung dieser Personen zu erleichtern, wurden in Ungarn mehrere Vorschriften eingeführt.

Wenn ein ukrainischer Staatsbürger wegen des Krieges in der Ukraine einen vorübergehenden Schutz in Ungarn erhalten möchte, kann er Asyl beantragen. Der Asylstatus gewährt dem Antragsteller während der Dau­er des Krieges eine Berechtigung zum Aufenthalt. In Ungarn ist ein Asylsuchender ohne Erlaubnis berech­tigt, nicht nur in einem der unter dem vorigen Punkt genannten Mangelberufe, sondern in jedem Arbeitsbereich zu arbeiten.

Möchte der ukrainische Staatsangehörige in Ungarn keinen Asylstatus beantragen, aber Arbeit verrichten, dann gelten für ihn

  1. die allgemeinen Vorschriften,
  2. oder, im Falle eines Mangelberufes, die in Ziff. 2 erläuterten Erleichterungsvorschriften.


Abschließend möchten wir noch auf die Regeln für die Ausübung einer Beschäftigung von Personen mit ukrai­nisch-ungarischer (doppelter) Staatsbürgerschaft in Ungarn hinweisen, die sich in einer atypischen Situation befinden.
 
Nach ungarischem Recht ist es möglich, dass eine Person mehr als eine Staatsangehörigkeit besitzt, so dass die betreffende Person mit der Annahme der Staatsangehörigkeit eines anderen Landes die ungarische Staats­angehörigkeit nicht verliert. Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit sind in Ungarn grundsätzlich als ungarische Staatsbürger zu betrachten und sind daher berechtigt, ohne jegliche Verfahren oder Genehmigungen zu arbeiten.


Fazit

Insgesamt kann gesagt werden, dass sich in Ungarn zurzeit der Anspruch der Arbeitgeber, ausländische Arbeit­nehmer zu beschäftigen verstärkt hat. Die Erlangung einer Arbeitserlaubnis ist eine komplexe Aufgabe, bei der sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer die gesetzlich vorgeschriebenen Anmeldungen und Anträge vornehmen bzw. stellen müssen. Wir empfehlen den Arbeitgebern, bei der Beschäftigung von Dritt­staats­an­ge­hörigen besonders aufmerksam zu sein, da die Nichteinhaltung der Vorschriften zu Geldstrafen und anderen nachteiligen Folgen für den Arbeitgeber führen kann.

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