Neue Gestaltungsmöglichkeiten auf europäischer Ebene: Der europäische langfristige Investmentfonds (ELTIF)

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Die Verordnung über den europäischen langfristigen Investmentfonds (European Long-Term Investment Fund – „ELTIF”) vom 29. April 2015 (VO (EU) 2015/760) (siehe auch unseren Beitrag im Fonds-Brief Juli 2013) wurde am 19. Mai 2015 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und trat am 8. Juni 2015 in Kraft. Ab dem 9. Dezember dieses Jahres wird die Verordnung auch ohne weiteren nationalen Umsetzungsakt unmittelbar in allen Mitgliedstaaten gleichermaßen Geltung erlangen.
 
Bisher fehlte auf europäischer Ebene ein Instrument, mit dem von Anlegern Kapital für einen längeren Zeitraum, zum Beispiel für Infrastrukturprojekte, eingesammelt werden konnte. Diese Lücke soll nun der ELTIF schließen. Durch den ELTIF sowie die ELTIF-VO sollen langfristige europäische Investitionen in die Realwirtschaft gefördert, die Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung in der Europäischen Union ausgebaut und die Wirtschaft in einer Weise neu gestaltet werden, dass sie weniger anfällig für Systemrisiken und widerstandsfähiger in Krisenzeiten ist. Speziell die unmittelbare Anwendbarkeit der ELTIF-VO in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die daraus resultierende einheitliche Regelung sowie die einheitliche Bezeichnung sollen die Produkte für den Anleger vergleichbar machen und das Vertrauen der Anleger in den Kapitalmarkt stärken.
 
Gefördert werden sollen durch die ELTIF-VO insbesondere nicht-börsennotierte Unternehmen oder kleinere bzw. mittelgroße börsennotierte Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von maximal 500.000.000 Euro, die in einem Mitgliedstaat oder einem entsprechend kooperativen Drittland niedergelassen sind und selbst kein Organismus für gemeinsame Anlagen, das heißt selbst kein Kollektivvermögen, und in der Regel auch kein Finanzunternehmen sind (sogenannte „qualifizierte Portfoliounternehmen”).
 
Laut ELTIF-VO kann der ELTIF ausschließlich in sogenannte „zulässige Anlagevermögenswerte” und in Vermögenswerte investieren, in die auch ein Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapiere („OGAW”) nach der OGAW-RL (Richtlinie 2009/65/EG) investieren kann. Zu diesen zulässigen Anlagevermögenswerten gehören insbesondere Eigenkapital- oder eigenkapitalähnliche Instrumente und Schuldtitel, die von qualifizierten Portfoliounternehmen begeben oder Kredite, die qualifizierten Portfoliounternehmen gewährt werden. Des Weiteren stellen aber auch der Erwerb von Anteile an anderen europäischen Fonds, das heißt an anderen ELTIF, an Europäischen Risikokapitalfonds (European Venture-Capital-Funds – „EuVECA”) und an Europäischen Fonds für soziales Unternehmertum (European Social Entrepreneurship Fund – „EuSEF”) sowie die direkte oder indirekte Beteiligung an einzelnen Sachwerten im Wert von mindestens 10.000.000 Euro zulässige Anlagevermögenswerte dar.
 
Weiter eingeschränkt werden die Investitionsmöglichkeiten des ELTIF durch die nach der ELTIF-VO erforderliche Risikomischung. Mindestens 70 Prozent seines Anlagekapitals muss der ELTIF in zulässige Anlagevermögenswerte investieren. Innerhalb dieser 70 Prozent hat zudem noch eine Risikomischung nach festgesetzten Grundsätzen zu erfolgen.
 
Hinsichtlich der Aufnahme von Fremdkapital bestehen für den ELTIF ebenfalls Einschränkungen. So ist eine Aufnahme von Krediten bis maximal 30 Prozent des Anlagenkapitals möglich, allerdings nur, wenn auch die entsprechenden weiteren gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
 
Um mit dem Kapital auch langfristig planen zu können, wird für den ELTIF eine angemessene feste Laufzeit bestimmt, während der die Anleger ihre Anteile in der Regel nicht zurückgeben können. Es handelt sich bei dem ELTIF somit um eine Art geschlossenen Fonds, ohne allerdings die diesbezüglichen Anforderungen nach dem deutschen Kapitalanlagengesetzbuch (KAGB) erfüllen zu müssen.
 
Neue Chancen für Anbieter und Anleger bieten sich insbesondere durch die Möglichkeit des EU-weiten Vertriebs des ELTIF auch an Kleinanleger. Hierfür genügt eine entsprechende Anzeige bei der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaates. Einer weiteren Zulassung des ELTIF oder seines Verwalters durch die jeweils zuständige Behörde der anderen Mitgliedstaaten bedarf es nicht.
 
Für den Vertrieb an Kleinanleger stellt die ELTIF-VO jedoch erhöhte Anforderungen. So ist insbesondere eine spezielle Anlageberatung einschließlich der Durchführung eines entsprechenden Eignungstests der Anleger und des ELTIF selbst erforderlich. Dies gilt insbesondere für Kleinanleger, deren Finanzinstrumente-Portfolio 500.000 Euro nicht übersteigt. Besondere Haftungsvorgaben sind im Falle des Vertriebs an Kleinanleger auch bei der Wahl der Rechtsform des ELTIF sowie beim Abschluss des Vertrags mit der zu beauftragenden Verwahrstelle zu beachten.
 
Nach dem Europäischen Risikokapitalfonds (EuVECA) und dem Europäischen Fonds für soziales Unternehmertum (EuSEF), über die wir Sie bereits in unserem Fonds-Brief direkt 24. Juli 2013 und in unserem Fonds-Brief direkt 21. August 2013 informiert haben, ist der ELTIF nun das jüngste europäische Fondsvehikel. Bis zum 9. Juni 2019 wird die Europäische-Kommission die ELTIF-VO und die Entwicklungen auf europäischer Ebene noch einmal überprüfen. Wir halten Sie diesbezüglich gerne auf dem Laufenden.

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